Fahrlässige Tötung im Drogenrausch:
"Er kann ihr Kind leider nicht mehr lebendig machen!"

06.07.2017 | Stand 27.07.2023, 4:20 Uhr

Weil er „mit Drogen zugedröhnt” war, wie es Vorsitzender Richter Eugen Larasser von der 5. Strafkammer des Landshuter Landgerichts formulierte, löschte der 39-jährige Innenausbauer Andreas G. aus Adlkofen ein junges, hoffnungsvolles Menschenleben bei einem Unfall auf der A 92 bei Freising aus.

FREISING/LANDSHUT Wegen fahrlässiger Tötung verhängte das Gericht eine zweieinhalbjährige Freiheitsstrafe und ordnete zugleich seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an, so dass er den Großteil der Strafe auf Therapie verbringen wird.

 Am 8. Oktober 2010 befand sich der 17-jährige Gymnasiast Baltint S. aus Mainburg auf der Heimfahrt von München  auf der A 92 mit seinem Kleinkraftrad, auf dem auch seine Freundin, eine 17-jährige Freisingerin, saß. Gegen 21.15 Uhr auf Höhe Freising passierte es: Der führerscheinlose Andreas G. rauschte mit einem Kleintransporter mit 120 km/h ungebremst von hinten auf das Motorrad. 

Der Gymnasiast und seine Freundin rutschten über den Standstreifen, wobei der 17-Jährige schließlich gegen eine Leitplanke prallte. Dabei zog er sich so schwere Verletzungen zu, dass er eine Stunde später im Krankenhaus verstarb. Seine Freundin kam zwar mit Prellungen, Schürfwunden und Hämatomen davon, befindet sich aber seit dem Unfall aufgrund posttraumatischer Belastungsstörungen in psychotherapeutischer Behandlung.

Wie eine später entnommene Blutprobe bei Andreas G. ergab,  stand er zum Zeitpunkt des Unfalls unter erheblichem Drogeneinfluss. Er hatte vor allem Amphetamin, Methamphetamin und Cannabis intus, als er sich auf die Heimfahrt vom Ammersee, wo er beruflich unterwegs war,  gemacht hatte. Einen Führerschein besaß er bereits seit einer Verurteilung im Jahr 1996 wegen Drogendelikten nicht mehr. Außerdem wurde an seinem Fahrzeug ein Defekt am rechten Scheinwerfer festgestellt.

 Beim  Amtsgericht Freising handelte sich der Innenausbauer wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung, fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren ein. Dagegen legte er Berufung ein, die auf das Strafmaß beschränkt war.

Landgerichtsarzt Dr. Hubert Näger hielt in seinem psychiatrischen Gutachten die Unterbringung des 39-Jährigen in einer Entziehungsanstalt für unerlässlich. Dennoch blieb Verteidiger Seidl bei seinem Antrag, eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu verhängen und von der Anordnung einer Unterbringung abzusehen: „Mein Mandant will in einer freiwilligen Therapie an seiner Persönlichkeit arbeiten.” An die als Nebenkläger auftretenden Eltern des getöteten Gymnasiasten gewandt, erklärte der Anwalt, er verstehe, dass sie von Hass und Rachegedanken erfüllt seien: „Aber er will für seine Schuld gerade stehen, seine Strafe verbüßen. doch ihr Kind kann er nicht mehr lebendig machen.”

 Die Kammer verwarf, wie von Staatsanwältin Anneliese Spierer und Nebenkläger-Anwalt Christian Bärnreuther beantragt, die Berufung des Innenausbauers und ordnete zusätzlich seine Unterbringung sowie eine Führerscheinsperre von dreieinhalb Jahren an. Der 39-jährige Andreas G. hatte in seinem letzten Wort bekundet, er würde „gerne mit dem Getöteten  tauschen, mein Leben ist auch kaputt.” Er habe die Kontrolle über sich verloren und wieder zu Drogen gegriffen, weil ihn seine 

Lebensgefährtin verlassen habe.

Wie schon ihr Anwalt, der dem Innenausbauer fehlende Schuldeinsicht und Reue vorwarf, so beteuerte auch die Mutter des Getöteten in einem Statement, dass es den Eltern nicht um Rache gehe, sondern dass sich der 39-Jährige auch noch als Opfer seiner Drogenabhängigkeit sehe. „Er hat ein hoffnungsvolles Leben auf dem Gewissen. 

,Wir sind erschüttert und empört, dass unser Leid mit der Berufung noch verlängert wurde, unsere Familie ist zerstört, wir sind die Opfer.” 

Freising