Abgründe
Einkauf aktuell und der Saustall bei der Deutschen Post

08.07.2017 | Stand 13.09.2023, 1:14 Uhr
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Die Deutsche Post schickt sich an, mit Einkauf aktuell Prospekte zu verteilen. Postboten sind mit den Nerven am Ende, denn sie müssen einen Job machen, den sonst Zeitungsausträger übernehmen. In Regensburg indes hat man jetzt offenbar auch die Immobilie am Bahnhof gekündigt.

REGENSBURG Ein Postbote (namentlich bekannt, aus Schutz vor seinem Arbeitgeber anonymisiert) schildert dem Wochenblatt detailliert, was derzeit bei der Post abgeht: „Ich muss jetzt zwischen 30 und 40 Pakete jede Woche mit dem Fahrrad transportieren, zusätzlich zur normalen Post“, so der Mann. Überstunden sind durch die Verteilung von „Einkauf aktuell“ an der Tagesordnung. „Die kann man aber nicht abfeiern, weil sie keine Postboten finden – ist doch kein Wunder, die Arbeitsbedingungen werden immer schwieriger!“

Den Gewerkschaften macht der Mann, der kein Beamter ist und auf den Job angewiesen, schwere Vorwürfe: „Keiner tut etwas dagegen. Das ist eine riesige Sauerei – bedanken können wir uns bei der Politik, die staatliche Konzerne, die Gewinn abwarfen, wie die Telekom oder die Post privatisiert haben.“ Jetzt muss der Mann unter schwierigen Bedingungen arbeiten. Er fängt morgens in aller Herrgottsfrüh an, „am Samstag schaffe ich es wegen diesem ,Einkauf aktuell‘ kein einziges Mal vor drei Uhr in den Feierabend. Ich wollte schon die Infopost auf Montag verlegen – das haben sie mir aber auch nicht erlaubt“, so der Postbote.

In Regensburg herrschen zudem Chaos-Zustände. Wie dem Wochenblatt bekannt wurde, kündigte ein zuständiger Manager aus Bonn, wo die Post bis heute ihren Sitz hat, wegen Streit mit dem Vermieter die Räume am Regensburger Bahnhof. „Auch die Postschalter wollen sie wohl noch aus der Postbank rausnehmen“ – die Postbank gehört schon lange nicht mehr zur Deutschen Post. In Regensburg musste man für ein Jahr in aller Eile Räume anmieten. Die Kapazitäten, die „Einkauf aktuell“ schluckte, führte dazu, dass man sich heimlich, still und leise im ehemaligen Gebäude der Selgro einmietete. Ein Mitarbeiter kam zum Wochenblatt, schilderte, dass man dort sogar den Umbau von der Stadt aus einstellte, weil es sich um einen Schwarzbau handelte. Post und Vermieter schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu: „Alle Fragen zu baulichen Gegebenheiten müssten Sie bitte mit dem Vermieter klären“, antwortete ein Post-Sprecher.

Ein Manager in Bonn hat einfach mal gekündigt Der Vermieter wiederum teilte uns mit, man solle sich an die Post wenden. Der Post-Mitarbeiter sprach unserer Zeitung gegenüber von „menschenunwürdigen Bedingungen“ in dem Zusteller-Stützpunkt. Die Post nutzt dort 1.800 Quadratmeter.

Die Deutsche Post ist übrigens längst kein deutsches Unternehmen mehr. Mehrheitlich gehört sie britischen Heuschrecken. Und wie erst kürzlich bekannt wurde, verpackt man Teile der Auflage von „Einkauf aktuell“ keineswegs in der Region – die Prospekte werden (auch) in Tschechien eingeschweißt.

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