Servicekraft zockte beim Jobcenter ab
Drei Kinder sind kein Freibrief für Sozialbetrügereien

08.07.2017 | Stand 30.07.2023, 8:59 Uhr
−Foto: n/a

Die wiederholte Abzocke beim Erdinger Jobcenter ARUSO hat für eine 32-jährige Wartenberger Servicekraft fatale Folgen: Vier Monaten Knast handelte sie sich wegen Betrugs jetzt bei der 2. Strafkammer des Landgerichts ein, dazu droht der Widerruf der Bewährung für eine zehnmonatige Freiheitsstrafe aus einer früheren Verurteilung.

WARTENBERG/LANDSHUT Ihre Ausbildung zur Hotelfachfrau brach die 32-Jährige ab, als sie 1999 heiratete. Im Jahr 2000 wurde sie dann erstmals Mutter und brachte in der Folgezeit zwei weitere Kinder zur Welt. Nach ihrer Scheidung widmete sie sich ganz dem Nachwuchs und lebte hauptsächlich von „Stütze“. Nebenbei nahm sie aber immer wieder Jobs an, verschwieg das aber beim Jobcenter, sodass es zu Überzahlungen von Arbeitslosengeld II kam.

Allerdings flog sie auf und handelte sich Verurteilungen wegen Betrugs eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten ein, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. 2008 hatte sie 4.600 Euro und 2009 noch einmal rund 3.300 Euro abgezockt. Zusätzlich war sie noch wegen Urkundenfälschung verurteilt worden, weil sie bei ARUSO gefälschte Quittungen für angebliche Mietzahlungen vorgelegt hatte.

Trotz dieser Verurteilungen zockte sie im Jahr 2012 wieder ab: Jobs, die sie bei der Therme Erding und bei einer Bäckerei als Verkäuferin hatte, meldete sie nicht, obwohl sie monatlich rund 1.000 Euro verdiente.

Deshalb kam es erneut zu Überzahlungen von insgesamt über 6.000 Euro und die 32-Jährige handelte sich beim Amtsgericht wegen Betrugs eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten ein, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wurde. „Einfach durch den Wind gewesen“

Für Aufregung sorgte sie noch im Anschluss an die Verhandlung, als sie ankündigte, sich und ihren Kindern das Leben zu nehmen. Sie landete danach im Isar-Amper-Klinikum, sodass sich die 2. Strafkammer des Landgerichts erst jetzt mit ihrer Berufung, die sie über ihren Anwalt eingelegt hatte, beschäftigen konnte. Die 32-Jährige räumte die Abzocke ein, machte geltend, dass sie im Jahr 2012 nach dem Tod einer Tante und ihres Vaters einfach „durch den Wind“ gewesen sei.

Dazu seien erhebliche finanzielle Probleme gekommen, die sie durch Teilnahme an Internet-Pokerrunden auszugleichen versuchte. „Bis zu 150 Euro täglich habe ich verloren“, räumte sie ein. Derzeit lebe sie noch von Hartz IV und Kindergeld, habe aber einen Teilzeitjob in der Hotelbranche in Aussicht. Aktuell drücke sie ein Schuldenberg von 38.000 Euro. Die fälligen ARUSO-Rückzahlungen habe sie geleistet, allerdings habe sie sich das Geld dafür mit Krediten im Bekannten- und Verwandtenkreis geborgt.

Die 2. Strafkammer verwarf die Berufung der Servicekraft, milderte allerdings das Strafmaß auf vier Monate. Eine neuerliche Strafaussetzung zur Bewährung, wie sie Verteidiger Wolfgang Kistler beantragt hatte, sei in Anbetracht vor allem der einschlägigen Vorstrafen nicht zur Debatte gestanden, so Vorsitzender Richter Robert Mader. Die 32-Jährige habe ganz gezielt das Jobcenter abgezockt und nicht ganz unerhebliche Beträge erlangt. Inzwischen seien zwar diese Schulden getilgt, allerdings über private Kredite, die sie wahrscheinlich nie zurückzahlen könne. Letztlich, so der Vorsitzende Richter, könne jemand, der drei kleine Kinder habe, nicht besser behandelt werden als ein anderer Straftäter in gleich gelagerten Fällen: „Unmündige Kinder sind kein Freibrief, um die muss sich und wird sich jetzt halt der Staat kümmern.“ Möglicherweise über einen längeren Zeitraum hinweg.

Erding