Kripo zieht Bilanz
Doppelmord, Drogenkriminalität und Betrug

03.05.2018 | Stand 20.07.2023, 21:57 Uhr
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Die Kriminalpolizei berichtet über die vielen Fälle, mit denen sie sich 2017 beschäftigen musste

TS/BGL/MÜ/AÖ. Am Rande der jährlichen Sicherheitsgespräche des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd mit den Landratsämtern im östlichen Präsidialbereich zog auch die Kriminalpolizeiinspektion Traunstein zusammen mit der Kriminalpolizeistation Mühldorf am Inn Bilanz und blickt auf ein ereignisreiches, aber auch erfolgreiches Jahr 2017 zurück.

2017 war für die Kriminalpolizeiinspektion Traunstein, die zusammen mit der Kriminalpolizeistation Mühldorf am Inn für die Ermittlungen bei Straftaten der mittleren und schweren Kriminalität in den vier Landkreisen Traunstein, Berchtesgadener Land, Mühldorf und Altötting zuständig ist, ein bewegtes, aber auch erfolgreiches Jahr.

So wurden in den zwölf Kommissariaten insgesamt 1.461 Fälle in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registriert, von denen ein beachtlicher Anteil von 81,5 % aufgeklärt werden konnte.

„Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Traunstein und Mühldorf haben mit Ihrem hohen Engagement und oft auch mit Hartnäckigkeit die Grundlage für die Klärung vieler Kriminalfälle geschaffen“, so Hans Peter Butz, der Leiter der Kripo. Das ist vor allem für die Opfer und Geschädigten von Straftaten von großer Bedeutung. „Viele der Fälle waren schwierig und fordernd. Ab und an kam uns ehrlich gesagt auch das Glück des Tüchtigen zugute.“

Sehr beansprucht wurden die Kriminalbeamten bei zwei aufsehenerregenden Mordfällen: Der Doppelmord in einem Traunreuter Lokal am 16.09.2017 und die Tötung einer 53-jährigen Frau aus Altenmarkt an der Alz, die am 22.11.2017 mehrere Wochen nach der Tat in einem Waldstück zwischen Schnaitsee und Kienberg vergraben aufgefunden worden war. In beiden Fällen waren äußerst umfangreiche Vernehmungen, Spurensicherungen, die Fertigung von Gutachten und das Erstellen von Ermittlungsberichten notwendig. Mittlerweile ist die kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung in beiden Fällen aber nahezu beendet.

Bei zahlreichen weiteren Delikten arbeiteten die derzeit 133 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Kriminalbeamte und Tarifbeschäftigte) der Kriminalpolizeidienststellen in Traunstein und Mühldorf am Inn akribisch an mitunter sehr komplexen Sachverhalten. Der Leiter der Kriminalpolizeistation Mühldorf, Erster Kriminalhauptkommissar Christian Schuster, berichtet über ein umfangreiches Ermittlungsverfahren im Landkreis Altötting, in dessen Verlauf 19 Wohnungen mit zahlreichen Polizeikräften durchsucht wurden. Hintergrund hierzu waren Hinweise auf die Ausübung verbotener Prostitution. Als mutmaßliche Schlüsselfigur steht ein 50-jähriger Mann in Verdacht, Wohnungen an 26 junge Frauen aus Osteuropa gegen hohe Mietzahlungen zur Verfügung gestellt zu haben. Diese hätten dort ihre Liebesdienste angeboten.

Die Bedeutung von internationaler polizeilicher und justizieller Zusammenarbeit zeigte sich bei einem Verfahren wegen schwerer räuberischer Erpressung. Die Ermittlungsgruppe „Iglau“, die in Bad Reichenhall beim dortigen Kommissariat Grenze angesiedelt war, ging dem Verdacht nach, dass eine im Bereich Traunstein ansässige Tätergruppierung eine in der Tschechischen Republik lebende Frau um einen sechsstelligen Geldbetrag erpresst haben soll. Nach mehrwöchigen intensiven Ermittlungen deutscher und tschechischer Dienststellen konnten im Dezember 2017 die Tatverdächtigen vorläufig festgenommen werden. Der Strafprozess gegen die Beteiligten steht hierzu noch aus.

Auch die Rauschgiftermittler beider Dienststellen waren im vergangenen Jahr mit einer Vielzahl von Fällen befasst. Durch die Mühldorfer Kriminalpolizei wurde ein Drogenhändlerring im Bereich Altötting aufgedeckt. Der verdächtige Haupttäter sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Aufsehenerregend war zudem die Sicherstellung von mehr als 60 kg Kokain aus Bananenkisten, die im September 2017 an Verbrauchermärkte auch in unserer Region ausgeliefert worden waren. Bayernweit waren es sogar über 180 kg des Rauschgifts, so dass die weiteren Ermittlungen durch das Bayerische Landeskriminalamt übernommen wurden. Dass auch im regionalen Bereich der Konsum illegaler Drogen eine traurige Rolle spielt, belegt die Anzahl von 16 Rauschgift-Todesfällen in den vier Landkreisen (Gesamtzahl für das Polizeipräsidium Oberbayern Süd: 30).

Die politisch motivierte Kriminalität (PMK) zeigt sich nach einem kurzzeitigen Anstieg im Jahr 2016 wieder rückläufig. Es wurden in den vier Landkreisen 108 Fälle bearbeitet (2016: 155), wobei der Schwerpunkt im rechten Spektrum, dem auch die sogenannte Reichsbürgerszene zugeordnet wird, liegt. Über 350 als „Reichsbürger bzw. Staatsleugner“ bekannte Personen haben ihren Wohnsitz im Dienstbereich. Das Kommissariat „Kriminalpolizeilicher Staatsschutz“ begleitete darüber hinaus im Jahr 2017 insgesamt 17 politische Versammlungen. Hinzu kamen über 2.500 waffenrechtliche Zuverlässigkeitsprüfungen.

Neben der Bearbeitung teilweise sehr aufwändiger Wirtschafts-, Vermögens- und Eigentumsstraftaten, zu denen auch zahlreiche Falschgeld- und Geldwäschedelikte gehören, ermittelten die Kriminalbeamten im Jahr 2017 auch wegen mehrerer Raubstraftaten.

So ereignete sich z. B. im März 2017 ein versuchter Raubüberfall auf ein Geldinstitut in Bayerisch Gmain, im Zuge dessen der in einem Rollstuhl sitzende Täter gedroht hatte, sich in die Luft zu sprengen, sollte seinen Geldforderungen nicht nachgekommen werden. Im Verlauf eines groß angelegten Polizeieinsatzes konnte der Mann festgenommen werden. Er wurde mittlerweile rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Das Fachkommissariat für Eigentumskriminalität in Mühldorf bearbeitete einen über die Region hinaus bemerkenswerten Fall:

Durch eine fingierte E-Mail wurde eine Buchhalterin einer in Altötting ansässigen Firma angewiesen, einen hohen sechsstelligen Eurobetrag auf ein polnisches Bankkonto zu überweisen. Nach erfolgter Gutschrift auf ein polnisches Konto versuchte der unbekannte Mailverfasser, der sich als Geschäftsführerin ausgab, eine weitere Geldüberweisung in Auftrag zu geben. Der Schwindel, der als sogenannter CEO-Fraud (Chief Executive Officer, englisch für Geschäftsführer, fraud für Betrug) bezeichnet wird, flog nun auf. In enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Traunstein, Finanzermittlern der Kriminalpolizeiinspektion mit Zentralaufgaben und einer privaten Anwaltskanzlei, welche seitens der geschädigten Firma beauftragt wurde, konnte der bereits von Polen in die Vereinigten Arabischen Emirate weitertransferierte Betrag gesichert und letztlich an die geschädigte Firma zurückgereicht werden.

Das seit 1. März 2017 bestehende Kommissariat „Cybercrime“ der Kriminalpolizeiinspektion Traunstein führte im abgelaufenen Jahr zahlreiche Ermittlungsverfahren. Mehrheitlich fahndeten die „Cybercops“ bei Betrugsfällen im Internet, die häufig unter falscher Identität begangen werden. Auch konnten beispielsweise in fünf Fällen sogenannte „Warenagenten“, die eine Vielzahl von betrügerisch erlangten hochwertigen Artikeln per Post in das Ausland versandt hatten, identifiziert werden. Der entstandene Schaden belief sich dabei auf 50.000 Euro. Darüber hinaus ist der sogenannte Support, also eine unterstützende Tätigkeit der Internetspezialisten für andere Dienststellen, in unserer zunehmend digitalen Welt von großer Bedeutung.

Neben der klassischen Fallbearbeitung und Ermittlungen waren die Beamtinnen und Beamten der Kriminalpolizei auch bei zahlreichen Durchsuchungsaktionen und größeren Veranstaltungen im Einsatz. In mehreren hundert Fällen unterstützten sie andere Dienststellen bei der Spurensicherung, Tatortarbeit sowie bei der Beweismittelauswertung.

Ein wichtiges Aufgabenfeld stellt zudem die Prävention dar: Die beiden kriminalpolizeilichen Fachberater aus Traunstein (mit Dienstsitz in Bad Reichenhall) und Mühldorf leisteten über 300 kostenfreie Beratungen und Vorträge zu den Schwerpunktthemen Einbruchskriminalität, städtebauliche Kriminalprävention, Senioren, Gewalt gegen Personen und Sachen im öffentlichen Raum, Waffen und Explosivstoffe sowie Betrug.

Der Kriminaldauerdienst (KDD) der Traunsteiner Kriminalpolizei, der im kommenden Herbst sein zehnjähriges Bestehen feiert, ist rund um die Uhr in allen vier Landkreisen im Einsatz. „Die Beamten des KDD wurden im vergangenen Jahr zu über 700 Einsätzen gerufen. Den Schwerpunkt mit rund 70 % bildeten sog. Todesermittlungen, also die Klärung, ob Fremdverschulden bis hin zum Mord eine Rolle gespielt haben könnte“, erläutert Kripo-Leiter Butz. „Eine daher sehr verantwortungsvolle Aufgabe der Männer und Frauen unseres KDD“.

Auch im Jahr 2018 ist die Arbeit nicht weniger geworden, so der Trend der ersten Monate. Erfreulich sind die Rückgänge im Bereich der Einbruchskriminalität, die sowohl auf starke Präventionsbemühungen, als auch auf mittlerweile rechtskräftige Verurteilungen von verschiedenen Bandenmitgliedern zurückgeführt werden kann.

Auch in diesem Jahr werden die Kripo-Beamten in Traunstein und Mühldorf ihren Teil dazu beitragen, dass die Menschen in unserer Region möglichst sicher leben können.

Altötting