Prozess
Doch Knast für den Rottaler Sex-Arzt?

12.12.2018 | Stand 03.08.2023, 22:20 Uhr
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Veränderte Sachlage“ aufgrund Gutachten: Wendung im Prozess am Landgericht.

LANDSHUT/GANGKOFEN Eigentlich hatten am zweiten Prozesstag so ziemlich alle Beteiligten mit einem Urteil gerechnet. Weit gefehlt. Ein kürzlich eingetroffenes Gutachten bezüglich der Medikamentenabgabe des Arztes von der Rechtsmedizin München habe die „Sachlage verändert“, wie die Vorsitzende Richterin Inken Bouabe mitteilte. Jetzt geht es zusätzlich um Verstöße im Betäubungsmittelgesetz, für die sich der 59-jährige Arzt jetzt womöglich noch zusätzlich verantworten muss.

Vermummt mit Kapuze und vorgehaltener Aktenmappe erschien der Angeklagte am Dienstagnachmittag vor der dritten Strafkammer des Landgerichts. Die Vorwürfe gegen ihn sind schockierend: Er soll medikamentenabhängige Patientinnen mit Rezepten versorgt und im Gegenzug dafür Geschlechtsverkehr von ihnen gefordert haben. Die von Staatsanwalt Gerald Siegl vertretene Anklage wirft dem Mediziner unter anderem zehn Fälle von sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses jeweils in Tateinheit mit Vergewaltigung sowie vorsätzliche unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln in drei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch, vor. Der Angeklagte legte ein Geständnis ab, um den mutmaßlichen Opfern eine Aussage vor Gericht zu ersparen.

Für Verwunderung sorgte die eher milde Strafaussicht für den Arzt: Nach Rechtsgesprächen erklärte die Vorsitzende Richterin Bouabe am ersten Verhandlungstag, dass für den Angeklagten im Falle einer Schadenersatzzahlung und eines Geständnisses eine zwei- bis dreijährige Strafe auf Bewährung denkbar sei. Doch aufgrund der neuen Ergebnisse des umfangreichen Gutachtens ergibt sich jetzt ein „zusätzliches Problem aus dem Betäubungsmittel-Recht“, wie ein Nebenklägervertreter erklärte.

Dabei geht es um alle vom Angeklagten verordneten Medikamente. Falls dem so ist, „rückt die Kammer von den zwei bis drei Jahren ab“, stellte Bouabe klar. Nach einem Rechtsgespräch erklärte der Verteidiger im Namen seines Mandanten, dass er einen „Schlussstrich unter die Sache ziehen möchte“ und er bei seinem Geständnis bleibe. Doch sowohl Staatsanwalt Siegl also auch die Kammer teilte mit, „dass nach derzeitigem Stand die zu erwartende Strafe nicht mehr im Bewährungsrahmen liegt, sondern im Bereich zwischen drei und vier Jahren Freiheitsstrafe“. Der Schwerpunkt des Unrechts würde man bei den Verstößen gegen das Betäubungsmittel-Gesetz sehen.

Anschließend wurden noch die Täter-Opfer-Ausgleiche für die drei mutmaßlichen Opfer fixiert. Für die Patientin aus Ergolding (Landkreis Landshut) erklärte sich der Angeklagte bereit, 4.000 Euro Schadensatz zu zahlen. Für die beiden anderen Geschädigten forderten die Nebenklägervertreter zusätzliches Geld zu den jeweils bereits bezahlten 4.000 Euro. Grund ist laut den Anwälten die „Vermögenslage“ des Arztes, da er Eigentümer einer Münchener „Immobilie mit Millionen-Wert“ sei. Auch dem stimmte der Arzt zu.

Der Prozess wird am 17. Dezember fortgesetzt.

Rottal-Inn