Schule
Die Kluft zwischen Realschule, Gymnasium und dem Rest

06.07.2017 | Stand 13.09.2023, 4:05 Uhr
−Foto: Foto: Christian Eckl

Während man in die weiterführenden Schulen viel investiert hat, klagt man bei den Mittelschulen über zunehmende Probleme. Zwar haben sich die Schulverbünde im Landkreis Regensburg stabilisiert. Doch eines ist klar: Leicht haben es weder Lehrer noch Schüler an den Mittelschulen, während man an den Realschulen und Gymnasien noch alles ganz wunderbar findet.

REGENSBURG Er wirkt zwar nicht gerade wie die Ausgeburt des Enthusiasmus, aber in seiner etwas behäbigen Art hielt Landrat Herbert Mirbeth am Dienstag dennoch ein flammendes Plädoyer: „Ich betone das, wir brauchen nicht nur Gymnasiasten und Realschüler, sondern auch tüchtige Handwerker.“ Für ihn stehe der Begriff „begabungsgerecht“ im Mittelpunkt dieses Schulsystems, das wohl selten so im Umbruch war wie im Moment. Auch wenn die drei „Ministerialen“ Maria Kinzinger (Realschulen), Paul Lippert (Gymnasien) und Herbert Stautner (zuständig für den Rest – Grund- und Mittel- sowie Förderschulen) vor den Pressevertretern einen harmonischen Eindruck machten: Die Kluft zwischen den „einfachen“ Schulen und den weiterführenden wird immer größer. Dabei spielt der demographische Faktor (siehe nebenstehender Artikel) im Moment noch nicht die große Rolle, denn an den Gymnasien und Realschulen wird der erst später ankommen.

Maria Kinzinger bezeichnete dann auch enthusiastisch die Realschulen „als das Herzstück unseres Schulsystems“. Dass viele Realschullehrer ihre Schulart nur noch als Durchlauferhitzer sowohl nach oben, als auch nach unten betrachten, lächelte sie aus eigener Erfahrung weg: „Ich spreche aus Erfahrung, ich bin selbst auf einer katholischen Schule erzogen worden und komme vom Land, dennoch bin ich damals weiter aufs Gymnasium gegangen“, schilderte sie ihre eigene Bildungskarriere. Viele Lehrer sehen das mittlerweile anders: Realschulen sind bessere Mittelschulen und bessere Gymnasien.

Dennoch ist die Realschule so erfolgreich wie nie: Allein die vor vier Jahren gebaute Realschule in Obertraubling ist berstend voll. Viele Eltern fürchten die Mittelschulen, weil sie ihre Kinder mit den Problemen sozial Schwächerer konfrontiert sehen.

Wenig zu klagen hat auch der für Gymnasien zuständige Ministerialbeauftragte Paul Lippert. „Es gibt Regionen, da wird einem bei Übertrittszahlen von 70 Prozent Angst und Bange um die Qualität des Gymnasiums“, so Lippert am Dienstag. „Wir haben eine gute Quote von 48 Prozent, der bayernweite Durchschnitt liegt bei 40 Prozent.“ Das neue Gymnasium in Lappersdorf habe die Enge gelindert und es hätten keine Gymnasiasten mehr an andere Standorte verteilt werden müssen.

Die Probleme des G8 sieht Lippert in Modellversuchen gelöst: „Derzeit werden in elf von 25 Fächern die Lehrpläne abgespeckt, es gibt dazu Modellversuche“, sagt Lippert. „Ich selbst bin gespannt, was dabei heraus kommt“.

Gespannt, was dabei herauskommt, dürfte auch Herbert Stautner sein. Er hat mit insgesamt 79 Schulen mit fast 15.000 Schülern in Stadt und Landkreis wohl die meisten Bildungseinrichtungen der drei Schul-Verantwortlichen im Blick.

„Die Zahl der Rückkehrer von Gymnasien und Realschulen steigt“, klagte Stautner, „das trifft die Mittelschulen in den achten und neunten Klassen und in der M10“, so der Schulamtsdirektor. Verfehlte Schullaufbahn-Entscheidungen stellten die Mittelschulen vor schwierige Aufgaben. Die jetzt geknüpften Verbünde im Landkreis seien nun stabil, nachdem man mit Aufhausen-Sünching eine Schule aufgelöst hatte. Nur noch Donaustauf wird es als Mittelschule bald nicht mehr geben, „der Rest ist stabil.“.Immer mehr Schulverweigerer sorgen Stautner zudem. Er hat nun eine Schulverweigerer-Klasse gegründet, die in Zusammenarbeit mit Jugendamt und Jobcenter jene erreichen soll, „die von der Schule her nicht mehr erreichbar sind und damit verloren wären.“ Insgesamt ist spürbar, dass die Kluft zwischen Mittel- und weiterführenden Schulen immer größer wird. Fraglich, wie lange das so bleibt …

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