Elektrosmog durch WLAN:
Die größten Strahlenschleudern haben wir im Haus

09.07.2017 | Stand 30.07.2023, 0:41 Uhr
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Das Wochenblatt machte sich mit dem Baubiologen Herbert Kölli auf die Suche nach Stress machenden Hochfrequenzen.

BAYERN Von einem Baubiologen erwartet man wohl eher, dass er grundsätzlich gegen alles Technische ist, was so rundherum um uns passiert. Das sieht Herbert Kölli, seines Zeichens Elektro- und Geobiologe, anders: „Man muss immer sachlich bleiben und sich nach den Messwerten richten“, so seine Meinung.

20 Jahre ist er schon auf dem Gebiet tätig, jetzt, im Ruhestand, macht er nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für Heilpraktiker und Ärzte Messungen, um festzustellen, wo evtl. Belastungen für die Gesundheit vorhanden sind. Das Wochenblatt begleitete ihn beim Ortstermin. Gesundheitliche Einschränkungen haben Sonja M. dazu bewogen, den Baubiologen zurate zu ziehen. Sie möchte wissen, wie es um die Belastung durch Elektrosmog in ihrer Wohnumgebung steht. Mit einem Hochfrequenzmessgerät, das ein bisschen aussieht wie ein futuristischer Tennisschläger, überprüft Kölli als Erstes, wie es mit der WLAN-Belastung von außen rund ums und im Haus aussieht.

Plötzlich piepst das Gerät laut und ununterbrochen los und die rote Anzeige geht auf Vollausschlag. Der Übeltäter ist offensichtlich eine kleine Überwachungskamera, die in der Küche die uneinsehbare Hofeinfahrt abbildet. Vollausschlag bei kleiner Überwachungskamera Statt des baubiologischen Idealwerts von 0,14 Mikrowatt zeigt das Gerät hier das 20.000-fache an. Da ist selbst der Experte überrascht: „Das ist schon ein extrem hoher Wert. Das bestätigt meine Erfahrung, dass die größte Strahlenbelastung oft auch von Geräten im Haus kommt, nicht von Handymasten oder Ähnlichem von draußen.“

Noch einmal wird das Messgerät laut, und zwar in der Nähe eines Modems. Sonja M. will kein WLAN im Haus und hat für ihr Internet ein Kabel daran angeschlossen. „Das allein genügt aber nicht“, weiß sie mittlerweile, „denn nicht nur Modems, sondern auch moderne Drucker oder andere Computer-Peripheriegeräte haben von Haus aus einen aktivierten WLAN-Sender integriert, den man zuerst selber deaktivieren muss, damit es zu keiner ungewollten Strahlung kommt. Hingewiesen hat mich darauf aber keiner“, ärgert sie sich.

Herbert Kölli macht sich derweil daran, auch die anderen, baubiologisch relevanten Messungen vorzunehmen. Dazu gehören elektrische und MagnetFelder, statische Aufladungen, die relevant für die Luftqualität und das Raumklima sind, sowie Erdstrahlen und Wasseradern. Ganz wichtig für Kölli ist der Schlafbereich im Haus: „Hier verbringen wir acht Stunden und es ist die einzige Zeit, in der sich der Körper regeneriert. Wenn es hier zu Elektrosmog oder anderen Belastungen kommt, steht der Körper selbst im Schlaf unter Dauerstress.“

Vor Ort wird also als erstes das Bett auf Magnetfelder und Wasseradern hin getestet. Statt wie vorher hoch entwickelte, technische Geräte zu verwenden, nimmt der Experte nun die Wünschelrute zur Hand. Warum? Kölli schmunzelt: „Sie ist viel präziser und viel schneller als jedes technische Gerät.“ Heftig schlägt die Rute aus, Kölli markiert mit farbigen Bändern die verschiedenen Zonen, die sich am Bett kreuzen. „Es ist ein sehr belasteter Schlafplatz, für mich der Knackpunkt im Haus“, so resümiert Kölli und gibt danach für eine andere Ecke im Schlafzimmer Entwarnung.

Der Baubiologe klärt auf: „Nicht jeder reagiert gleich auf Elektrosmog und es spielt immer die Summe der auf einen einwirkenden Felder, die eigene Empfindlichkeit sowie zum Beispiel der Stress, den wir im Alltag haben, eine Rolle. Auch das Alter kann da mitspielen, ein junger Körper kann viel mehr wegstecken als ein älterer.“ Gewitterstimmung im Kinderzimmer Vor allem sei es wichtig, Kinder vor zu hoher Belastung zu schützen: „Viele Kuscheltiere und Spielzeug aus Kunststoff sowie Synthetikböden führen zu einer wahren Gewitterstimmung im Kinderzimmer, das ist ungesund.“

Am Schlimmsten sei es aber, ein Babyphon mit Bildübertragung direkt neben dem Bett stehen zu haben: „Diese Babyphone strahlen bis zu einem halben Kilometer weit, haben also einen sehr starken Sender. So etwas neben ein Baby zu stellen, ist unvernünftig.“

Mehr Infos gibt es übrigens unter www.diagnose-funk.org. Hier sind auch die möglichen gesundheitlichen Belastungen zu finden, wie zum Beispiel: Kreislaufprobleme, Übelkeit, Schlafstörungen, innere Unruhe, Migräne, Depressionen, Herzrhythmusstörungen und Herzanfälle, erhöhter Blutdruck, Allergien oder Krebs. Herbert Kölli hält auch Vorträge bei der VHS Berchtesgaden.

Grenzwert-Dilemma

Mediziner mahnen, dass besonders die niedrige Pulsfrequenz von WLAN gefährlich für den Körper ist, weil sie der menschlichen Frequenz sehr ähnelt. Die Gehirnströme funktionieren mit der gleichen Frequenz und der WLAN-Takt liegt zudem im Bereich der körpereigenen Alphawellen, die u.a. für Wohlempfinden, Entspannung, Heilung und die erste wichtige Schlafphase relevant sind. Das Dilemma ist, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte massiv von den Grenzwerten abweichen, die Mediziner und Baubiologen als für den Menschen erträglich bewerten. Bei Hochfrequenzbelastung sind in Deutschland z.B. im D-Netz 9.000.000 Mikrowatt erlaubt, die baubiologischen Richtwerte liegen aber unter 0,1 Mikrowatt. Länder wie die Schweiz, Russland, China und Österreich haben die Grenzwerte mittlerweile bis auf weit unter 95.000 Mikrowatt gesenkt. Deutschland ist also negativer Spitzenreiter, was die Strahlenbelastung betrifft.

Selbsthilfe bei Belastung

Eine Reduzierung oder Vermeidung von Elektrosmog führt zu einer verbesserten Lebensqualität. Folgende Tipps können dabei helfen:

- kein Kabelsalat im Schlafund Wohnzimmer

- Schlafzimmer durch Netzfreischalter stromfrei machen

- alle nicht benötigten Geräte vom Stromnetz trennen

- Kopfseite des Bettes von Leitungen frei halten

- Telefon nicht in die Nähe des Kopfes legen

- keine TV-Geräte, Nachtspeicheröfen, Heizdecken oder Radio- und Elektro- oder Funkwecker im Kopfbereich

- Abstand zu Dimmern, Sparlampen, Leuchtstofflampen und Niedervoltlampen halten

- Wasserbetten und elektrisch verstellbare Betten überprüfen

- große, reflektierende Flächen im Schlafzimmer vermeiden (Spiegel)

- bei sichtbaren Sendeanlagen Belastung messen lassen

- mit Headset telefonieren

- mIt dem Handy im Internet surfen nur bei gutem Empfang

- Handy selten am Körper tragen

- überprüfen, welche Apps ständig online sind

- WLAN-Router zum Beispiel so programmieren, dass er über Nacht nicht sendet oder per Kabel verbinden

- Laptops nicht auf dem Schoß benutzen

- Navigationsgeräte im Auto mit Live-Modus haben auch eine sehr hohe Funkleistung

- schnurlose Telefone im DECT-Standard vermeiden - Babyphones am besten ohne DECT oder WLAN verwenden

Berchtesgadener Land