Gigantische Rufmordkampagne in Landshut
Der Fall Weinmayr: "Man will mich fertig machen"

08.07.2017 | Stand 15.05.2024, 1:34 Uhr
Alexander Schmid

Seit Jahren setzt ein mysteriöser Briefeschreiber der Leiterin des Landshuter Skulpturenmuseums, Stefanje Weinmayr, schwer zu. Der Täter – oder die Täterin – hat offenbar nur ein Ziel: Den Ruf der Museumsleiterin regelrecht zu zerstören. Über 400 Schreiben sind zum Teil an offizielle Stellen verschickt worden, um sie in Misskredit zu bringen.

LANDSHUT Die Empfängerliste ist illuster: Der Regierungspräsident war laut Auskunft von Weinmayr dabei, ebenso etliche Stadträte, und eigentlich jeder, der in der Region an offizieller Stelle und in der Kunstszene „irgendeine Funktion“ hat, wie sie erzählt. Sogar der Oberbürgermeister soll jetzt ein Schreiben bekommen haben. Immer mehr Briefe tauchen auf.

Am 20. Juni flatterte auch der Universität Regensburg ein seltsames Schreiben ins Haus. Absender war laut Briefkopf angeblich Weinmayr, die zurzeit an ihrer Dissertation arbeitet. Gerichtet war er an den Rektor der Uni, Prof. Dr. Udo Hebel und an Weinmayrs Doktorvater am Lehrstuhl für Kunstgeschichte, Prof. Dr. Hans-Christoph Dittscheid.

Das Schreiben war dergestalt, dass sich die Uni bei Weinmayr meldete, um nachzufragen, was denn eigentlich los sei. Dabei erfuhr die Landshuterin: Das war nicht der erste Brief in ihrem Namen, der an die Uni geschickt wurde. Gleich mehrere obskure Schreiben sollen in der Vergangenheit eingegangen sein, die aber wegen ihres fragwürdigen Inhalts immer gleich in den Papierkorb gewandert sind. Beim letzten Brief war das anders.

Auch Äbtissin von Seligenthal wurde angeschrieben

„Das Schreiben ist total blöd und komisch formuliert“, so Weinmayr. „Darin äußere ich mich extrem abfällig über meinen Doktorvater“, erzählt sie. Der Brief, den die Landshuterin natürlich nicht verfasst hat, liegt dem Wochenblatt vor und sein Inhalt hat ganz klar nur ein Ziel: Die Kunsthistorikerin an der Uni und in Fachkreisen lächerlich zu machen. In dem Schreiben beschwert sich der Schreiber der Zeilen im Namen Weinmayrs darüber, dass sie ihren Doktortitel noch nicht hat. „Meinen Sie nicht auch, dass es nun höchste Zeit wird?“, schreibt der oder die Unbekannte. Die folgenden Zeilen sind so formuliert, dass die Professoren an der Uni den Eindruck gewinnen müssen, es mit einer – milde gesagt – einfältigen Person zu tun zu haben. Der Täter hat dabei sogar versucht, Weinmayrs Unterschrift zu fälschen. Der letzte Streich des mysteriösen Briefeschreibers: Offenbar wurde auch die Äbtissin des Klosters Seligenthal angeschrieben. Von der hat Weinmayr am Montag einen seltsamen Brief, formuliert wie ein Antwortschreiben, bekommen. Tenor: Die Äbtissin wolle sich nicht in „Rivalitäten“ einmischen und könne auch gar nichts zum Thema „Wissenschaft“ beitragen. „Ich muss nun wohl damit rechnen, dass auch noch andere, mit denen ich Verbindung habe, solche Briefe bekommen. Sehr unangenehm“, so Weinmayr.

Zu diesen Vorgängen passt auch ein Leserbrief in der Tageszeitung vor eineinhalb Wochen. Ein gewisser Konrad Wolf hatte Weinmayr darin so scharf angegriffen, dass die wieder einmal Anzeige erstattete. Es ging um die von ihr initiierte Skulpturenausstellung des Künstlers Robert Schad in der Innenstadt.

Die tatsächlich in Kunstkreisen kontrovers diskutierte Ausstellung diente in dem Brief als Anlass, Weinmayr ein weiteres Mal an den Pranger zu stellen und an ihrem Ruf zu sägen. Fast überflüssig zu erwähnen, dass es auch diesen Konrad Wolf in Landshut nicht gibt (das Wochenblatt berichtete exklusiv). Ebenso wenig wie übrigens die meisten Kommentarschreiber auf der Seite eines Landshuter Nachrichtenportals im Internet, wo Weinmayr ebenfalls viel Unschmeichelhaftes über sich lesen kann.

Täter verfeinert seine Methode

Wie die Museumsleiterin sagt, gebe es fast alle diese Kommentarschreiber nicht wirklich. Einige Formulierungen würden sich zudem seit Jahren wiederholen. Bei einem Eintrag wurde zum Beispiel der Name einer Ärztin aus Tauberbischofsheim, „die mit Landshut nichts zu tun hat“, wie Weinmayr erklärt, benutzt. Andere Kommentare an gleicher Stelle, nur unter anderem Autorennamen, handeln ebenfalls von „Widerwärtigkeiten“ und viel „schmutziger Wäsche“ (Zitate aus den Kommentaren) im Zusammenhang mit dem Skulpturenmuseum. Auch diese Kommentare wird sich die Polizei jetzt ansehen.

„Da will mich jemand fertigmachen“, sagt Stefanje Weinmayr und übertreibt damit wohl nicht. „Der oder die Täter verfeinern mittlerweile sogar ihre Methode“, sagt Weinmayr. Die Briefe würden jetzt auf den jeweiligen Empfänger thematisch abgestimmt. „Früher haben alle einfach nur Briefe mit gleichem Inhalt bekommen“, sagt sie. In einem dieser Briefe wurde sie als „Todesengel vom Skulpturenmuseum“ bezeichnet.

Psychisch massiv gestört?

Seit mehr als drei Jahren befasst sich auch die Staatsanwaltschaft mit dem Fall. Einen Täter ausfindig machen konnten die Ermittler bislang aber noch nicht. Eindeutige Spuren konnten bis jetzt nicht sichergestellt werden. Stefanje Weinmayr versucht indes, die Schmutzkampagne gegen ihre Person fast schon mit stoischer Ruhe zu ertragen. Angesichts des krankhaften Eifers des Täters scheint das allerdings nur schwer möglich. „Praktisch überall, wo ich einen Vortrag gehalten habe, bei jedem, mit dem ich beruflich Kontakt hatte, tauchte wenig später ein Brief auf“, erzählt sie. Kann die Polizei den Täter, bei dem eine massive psychische Störung offenbar nicht auszuschließen ist, nicht ausfindig machen, geht der Nervenkrieg wohl weiter.

Polizei: Briefe nicht öffnen

Wer in Zukunft Post vom Skulpturenmuseum oder Stefanje Weinmayr bekommt, sollte darauf achten, dass sich auf dem Brief das graue Logo des Museums befindet. „Wenn das Logo fehlt, sollte man den Brief nicht öffnen, sondern gleich zur Polizei bringen“, so Weinmayr. Die Ermittler wollen dann das Schreiben sofort auf Spuren untersuchen.

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