Nur Einzelfall-Klagen möglich
CSU-Zoff: Rieger und Vanino blitzen vor Gericht ab

06.07.2017 | Stand 27.07.2023, 2:46 Uhr

Das Verwaltungsgericht Regensburg wies am Mittwoch die Klage der CSU-Stadträte Franz Rieger (li.) und Hermann Vanino (re.) gegen ihre eigene Fraktion ab, ohne sich juristisch mit den einzelnen Streitpunkten der angegriffenen Geschäftsordnung auseinander zu setzen.

REGENSBURG Wie berichtet, war das Duo gegen die Geschäftsordnung der CSU-Fraktion vorgegangen; diese sieht vor, widerspenstige Fraktionsmitglieder, die mit eigenen, von der Fraktionsmehrheit abweichenden  Meinungen an die Öffentlichkeit gehen, mit Sanktionen zu belegen, die von der Rüge bis hin zum Ausschluss reichen.

Gleich zu Beginn der mündlichen Verhandlung verdeutlichte Präsident Dr. Hans Korber, dass die Kammer die vorliegende Klage als derzeit unzulässig erachte. Dies wäre erst beim Vorliegen eines konkreten Anlasses – also einer ausgesprochenen Sanktion bei einem Verstoß gegen die Geschäftsordnung – der Fall.

In seinen fast einstündigen Ausführungen vertrat er die vorläufige Meinung des Richterkollegiums, dass das betroffene Fraktionsmitglied warten müsse „bis das Kind in den Brunnen gefallen ist“, um dann bei Gericht eine Überprüfung der Geschäftsordnung in Verbindung mit der ausgesprochenen Sanktion zu erreichen. 

Dabei rang er den beiden Fraktionsvertretern Peter Welnhofer und Konrad Brenniger  die Zusicherung ab, dass im Falle eines Antrags auf einstweiligen Rechtschutz eine ausgesprochene Sanktion nicht vor Ablauf von vier bis sechs Wochen vollzogen wird. Zeit genug für ein Verwaltungsgericht, um über einen solchen Antrag auch zu entscheiden.

Breiten Raum nahmen schließlich die Ausführungen der Kläger Rieger und Vanino und deren Prozessbevollmächtigten Thomas Troidl ein, indem sie die praktischen Auswirkungen dieses „Maulkorberlasses“ darlegten. Die Geschäftsordnung schaffe – so Rieger – eine Zwangslage „wie eine elektronische Fußfessel“, bei der er sich nicht mehr frei entscheiden könne.

Bei jedem Gegenstandpunkt zur Meinung der Fraktion müsse er um Erlaubnis fragen, ob er damit an die Öffentlichkeit gehen kann – oder er dürfe sich nicht äußern. 

Vanino sieht sich und seinen Mitstreiter Rieger einem ständigen Sanktionsrisiko und damit verbundenem Kostenrisiko ausgesetzt, sollten sie tatsächlich auf Einzelverfahren verwiesen werden. Dabei zitierte er eine Entscheidung des Landgerichts Regensburg in einer einstweiligen Verfügung mit „Das Verhalten der Fraktion ist greifbar rechtswidrig und stellt einen massiven Eingriff in die freie Meinungsäußerung dar“.

Er selbst würde dadurch zur „Marionette, die den Arm zu haben hat wenn der Vorsitzende am Bandl zieht“. Beide seien beileibe keine Streithansl (die Fraktion bezeichnete sie als Arbeitsverweigerer und Querulanten), sondern würden hier sitzen, um die Hilfe des Gerichts einzuholen. 

Die Vertreter der CSU-Fraktion (der Vorsitzende Christian schlegl war der Verhandlung fern geblieben) konnten sich bei den einleitenden Worten des Gerichtsvorsitzenden bequem zurück lehnen. Damit beschränkten sie sich auf Hinweise, wonach die Fraktion „ein freiwilliger Zusammenschluss zur gemeinsamen Willensbildung“ sei und es wohl ein Missverständnis sei, dass man machen könne, was man wolle.

Die Geschäftsordnung sei nichts anderes als ein Werkzeug, um an einem Strang zu ziehen. Immerhin habe die Partei Jahrzehnte lang kein Problem damit gehabt, dies sei erst in den letzten Jahren so.

Ein Vergleichsvorschlag der Kläger – die Fiktionen des schweren Verstoßes und der Missachtung ersatzlos fallen zu lassen – wie auch die Aufnahme des Rechts zur freien Meinungsäußerung bei rechtzeitiger Ankündigung wurde auf Seiten der Beklagten abgelehnt. Man wäre allenfalls bereit gewesen, die sensiblen Stellen in der Geschäftsordnung zu überdenken. Änderungen wurden jedoch nicht versprochen.

In seiner mündlichen Urteilsbegründung bezeichnete der Gerichtsvorsitzende die Geschäftsordnung als „Auslaufmodell mit begrenzter Haltbarkeit“. Bleibt abzuwarten, wie oft nun die Gerichte in jedem Einzelfall angerufen werden oder ob man sich auf einer Ebene bewegt, wo Justitia nicht jedes Mal Recht sprechen muss.

Grund genug hätten aufgrund der heutigen Entscheidung beide Seiten: Die Fraktion muss fürchten, dass ihre Geschäftsordnung am Ende doch gekippt wird – die Kläger sind jedes Mal mit einem Kostenrisiko behaftet.

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