Täter legen Geständnisse ab
Burgkirchner Räuber vor Gericht

10.07.2017 | Stand 13.09.2023, 0:23 Uhr
Monika Kretzmer-Diepold
−Foto: n/a

In Traunstein wird weiter der Raubüberfall auf eine Burgkirchner Geldbotin verhandelt. Freitag soll es das Urteil geben

BURGKIRCHEN/TRAUNSTEIN Im Traunsteiner Landgerichtsprozess zu dem brutalen Überfall am 17. Januar 2016 in Burgkirchen auf eine 54-jährige Tankstellenmitarbeiterin, die in der Sparkassen-Filiale von zwei Maskierten mittels einer Waffe um 6 500 Euro Tageseinnahmen beraubt und erheblich verletzt wurde, legten beide Angeklagte am Montag Geständnisse ab. Vor der Zweiten Strafkammer mit Vorsitzendem Richter Erich Fuchs räumte ein 34-jähriger Kasache ein, sich mit einem Mittäter kurzfristig verabredet zu haben – weil er Geld für Alkohol und Drogen brauchte. Sein 33 Jahre alter Landsmann rang sich mit der gleichen Begründung letztlich ebenfalls zu einem Geständnis über den Verteidiger durch. Nach den Plädoyers am Freitag, 14. Oktober, um 9 Uhr wird noch am gleichen Tag mit dem Urteil gerechnet. Staatsanwalt Florian Walter wirft den vor der Untersuchungshaft zuletzt in Winhöring beziehungsweise Neuötting wohnenden, jeweils vielfach wegen verschiedenster Delikte vorbestraften Männern gemeinschaftlich begangenen schweren Raub und gefährliche Körperverletzung vor. Mit auf der Anklagebank wegen Beihilfe zum Raub sitzt die 36 Jahre alte Freundin des älteren Mannes. Sie beharrt darauf, nichts von dem Plan gewusst und nichts zur Realisierung beigetragen zu haben. Die 36-Jährige arbeitete früher in der geschädigten Firma und war über alle Abläufe informiert. Laut Anklage soll sie die Höhe der Beute und das Fahrzeug der Tankstellenmitarbeiterin ausspioniert haben. Die von Erhard Frank aus Burghausen verteidigte 36-Jährige beteuerte, die 54-Jährige habe ihr unaufgefordert das Kassenbuch gezeigt. Sie habe „nichts gemacht“. Eine Augenzeugin hatte an jenem kalten Januarsonntag zusammen mit einem inzwischen in Irland weilenden Begleiter die Täter vor und während des Überfalls beobachtet. Sie sah die Beiden zunächst in der Nähe der Bank in einer Unterführung stehen. Kurz darauf bekam sie mit, wie der größere Maskierte den Schalterraum der Sparkasse betrat, während der kleinere vor der Türe wartete. Der Mann in dem Gebäude attackierte und trat die 54-Jährige, die zu Boden gegangen war, und entriss dem verletzten Opfer die Geldtasche. Beide Räuber flüchteten – einer in eine Tiefgarage, der zweite Richtung Innenstadt. Die Zeugin schilderte: „Die Dame verließ die Sparkasse auf allen Vieren. Sie hat geschrien, Hilfe, Hilfe gerufen und geweint. Wir sind hingelaufen und entdeckten an ihrer Kleidung Fußabdrücke, an denen Schnee klebte, am Oberarm und oben am Rücken.“ Von der von dem Mann in der Sparkasse verwendeten Waffe, die auch zweimal abgedrückt wurde, aber glücklicherweise keinen Schuss auslöste, hatte die Zeugin nichts registriert. Bereits am ersten Prozesstag hatte die 54-jährige Tankstellenbedienstete mit Nebenklagevertreter Karl-Heinz Merkl aus Burghausen über ihre panische Angst und die massiven psychischen wie physischen Folgen informiert. Unter anderem hatte sie sich erinnert: „Ich hab gedacht, es ist aus. Mir ist das Herz stehen geblieben. Der Mann hat ohne Gnade abgedrückt.“ Die Prozessbeteiligten sahen sich vor Gericht mehrere Videoszenen aus der Tiefgarage mit dem gut erkennbaren flüchtenden 33-Jährigen, Fotos aus der Überwachungskamera der Bank mit dem weniger gut zu identifizierenden 33-Jährigen samt dem draußen wartenden älteren Täter sowie Aufnahmen in der Tankstelle mit der 36-jährigen Angeklagten in der Nähe des Kassenbuchs an. Mehrere Beamte der Kripostation Mühldorf, die die Ermittlungen führte, lieferten Einzelheiten zu ihren Erkenntnissen. Unter anderem gab einer der Polizeizeugen Hinweise von zwei anonymen Informanten wieder, deren Angaben sich mit den Fakten erstaunlich deckten – bis hin zur Höhe der Beute. Angesichts der sich verdichtenden Beweislage legte Vorsitzender Richter Erich Fuchs den männlichen Angeklagten und ihren Verteidigern, Hanns Barbarino aus Altötting und Patrick Ottmann aus München, ans Herz, über Geständnisse nachzudenken. Der Anwalt des 34-Jährigen erklärte, sein Mandant habe die Verhältnisse in der Tankstelle als Kunde und über seine dort früher tätige Freundin gekannt. An den Gewalttätigkeiten in dem Schalterraum durch den Mittäter habe er sich nicht beteiligt. Von einer Pistole habe er nichts gewusst. Nichts sagen wolle der 34-Jährige zu der Beute und zur Rolle seiner Freundin bei dem Überfall. Den Tatentschluss habe man gemeinsam gefasst, weil man dringend Geld gebraucht habe. Der 33-Jährige sei „brutal auf Drogenentzug“ gewesen. Beide hätten sich von einer Substitutionsbehandlung her gekannt. Der 34-Jährige ergänzte, er brauche dringend eine Drogen- und Alkoholtherapie: „Ich habe mein Leben versaut – schon wieder.“ Im Gegenzug für ein Geständnis sicherte die Kammer dem 33-Jährigen eine Freiheitsstrafe zwischen fünf Jahren neun Monaten und sechs Jahren neun Monaten zu. Die Frage einer eventuellen Unterbringung zum Alkohol- und Drogenentzug, worauf die Angeklagten offensichtlich hinaus wollen, blieb davon unberührt. Daraufhin ließ der 33-Jährige seinen Verteidiger den Inhalt der Anklage ebenfalls einräumen. Auch er wollte nichts sagen zu Beute, Waffe und Mittätern. Dr. Katja Anslinger vom Rechtsmedizinischen Institut der Uni München ordnete an der Kleidung des 33-Jährigen gefundene Genspuren des 54-Jährigen Opfers mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit dem jüngeren Angeklagten zu.

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