Medizin
Burghauser Medias Klinikum im Kreuzfeuer der Medien: Mit toten Patienten geworben?

11.07.2017 | Stand 25.07.2023, 2:43 Uhr
−Foto: Foto: Schmitzer

Der Norddeutsche Rundfunk und die SZ haben bezüglich der Burghauser Krebsklinik recherchiert und kommen zu einem vernichtenden Ergebnis.

BURGHAUSEN Wenn in Burghausen (LK. Altötting) arabisch anmutende Menschen in weißen Gewändern gesehen werden, kocht und brodelt die Gerüchteküche wieder. Das seien bestimmt Angehörige eines Patienten von Krebsprofessor Aigner, heißt es.

Die Burghauser verbinden mit den Krebspatienten des Medias Klinikum zwei Merkmale: Sie müssen viel Geld haben und von der Schulmedizin bereits aufgegeben worden sein. Das Medias Klinikum sei der letzte Strohhalm für hoffnungslose Fälle. Wer das Geld für die teuere Behandlung nicht hat, heißt es, verpfändet Haus und Hof.

Das Medias Klinikum ist also in Burghausen und Umgebung umstritten, dennoch würden viele nach diesem letzten Strohhalm greifen, wie man immer wieder in Gesprächen hört, sollte ein geliebtes Familienmitglied dadurch auch nur den Hauch einer Überlebenschance haben.

Nun beschäftigt sich der NDR in seiner TV-Sendung Panorama mit der Burghauser Krebsklinik. Das NDR-Magazin, die norwegische Zeitung "Aftenposten" und die Süddeutsche Zeitung haben recherchiert und stellen fest, dass viele der angeblich geheilten Patienten bereits tot seien. Dennoch seien die Toten weiterhin auf der Facebookseite der Klinik oder der Webseite als "geheilt" oder "vom Krebs befreit" gefeiert worden. Erst nach den Recherchen der Journalisten seien diese Berichte teilweise entfernt worden.

Konkret wird über die 37-jährige Briefträgerin Michaela K. aus dem Landkreis Altötting berichtet, die durch die spezielle Behandlungsmethode von Professor Karl Aigner geheilt worden sein soll. Aigner hat ein Verfahren entwickelt, das er "Regionale Chemotherapie" nennt, kurz RCT, in dem er Körperteile abklemmt und die Chemo nur in bestimmten Bereichen des Körpers anwendet (siehe das Wochenblatt-Video von 2010 am Ende des Artikels).

Die 37-Jährige hatte Brustkrebs im Endstadium und nach der Behandlung sei der Tumor geschrumpft. Die Abendzeitung titelte 2013: "Krebs geheilt! Jetzt soll sie zahlen". Die Behandlungskosten wurden auf 40.000 Euro beziffert. Laut den Recherchen der Journalisten verstarb Michaela K. etwa ein halbes Jahr nach der teuren Behandlung. Dennoch sei auf einer Webseite des Klinikums weiterhin mit dem AZ-Artikel geworben worden.

Die Journalisten kritisieren auch die Artikel über die alternative Krebsbehandlung des Burghauser Privatklinikums, die vor allem in Frauenzeitschriften und Boulevardblättern erscheinen würden. Großteils wären diese Beiträge von der früheren Bild-Reporterin Linda Amon geschrieben worden. "Per E-Mail teilt Linda Amon mit, sie erhalte ihr Honorar von der Klinik. Weshalb sie Heilungsgeschichten von Toten publiziert, will sie nicht beantworten", schreibt die Süddeutsche Zeitung.

Und auch Prof. Aigner wurde befragt. Zitat aus der SZ: "Klinikchef Aigner behauptet auf Anfrage zunächst, Amon sei ´freie Journalistin´, später räumt er ein, dass sie ´ein monatliches Pauschalhonorar für die Darstellung der Klinik nach außen´bekommt. Was sich wie unabhängige Berichterstattung über geglückte Krebsbehandlungen liest, ist verkappte Werbung, die das unglückliche Ende der Patienten verschweigt und eine Therapie bejubelt, die höchst fragwürdig ist.

(...)

(Anm. der Redaktion: beides Krebsspezialisten)Aigner sagt, manche seiner Patienten, die von anderen Ärzten aufgegeben worden seien, hätten nach der RCT Jahre überlebt. So etwas gebe es in der Onkologie aber immer wieder bei einzelnen Patienten, ohne dass dies auf eine Therapie zurückzuführen sei, entgegnen Theiss und Hübner."

Die recherchierenden Journalisten fragen: "Wenn es genug echte Erfolgsgeschichten aus Burghausen gibt, weshalb wird dann mit Toten geworben? Rolf Dietrich K. aus Bargteheide musste auf der Facebook-Seite des Klinikums sogar wieder auferstehen: Ein Erfolgsbericht über die ´Rettung´ des Betriebswirts wurde Ende 2016 gepostet, da war K. schon seit mehr als zwei Jahren tot. "Ein Unglücksfall", sagt Aigner. In jeder Hinsicht."

Ein ausführlicher TV-Bericht läuft am Dienstag, 18. April, um 21.15 Uhr auf NDR 3 in "Panorama 3".

Das Wochenblatt hat vom Medias Klinikum am Dienstag eine Stellungnahme erbeten. Hier können Sie diese lesen.

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