(Un)Ruhe an der Donau:
Bürger fordern Sicherheit gegen Fluten!

10.07.2017 | Stand 02.08.2023, 18:18 Uhr
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Hochwasserschutz in Erlau? Fehlanzeige! Bürger gehen auf die Barrikaden

ERLAU Mit dem Flusspegel steigt in Erlau auch die Angst! Die Angst davor, erneut „unterzugehen“ und nicht nur sprichwörtlich im Regen stehen gelassen zu werden. In ihrer Not sind die Erlauer Bürger selbst aktiv geworden und haben die „Solidargemeinschaft“ Hochwasserschutz Erlau gebildet. Josef und Gertraud Himsl gehören ihr ebenso an wie Uwe und Bettina Kranz und Heinz und Annemarie Warmuth aus Erlau. Sie und ihre Nachbarn zittern vor den nächsten Fluten, während „wir hingehalten werden“, wie sich Josef Himsl beklagt. „Das Geld für den Hochwasserschutz wurde bewilligt, aber bei uns geht einfach nichts weiter, wir werden hingehalten.“

„Da wir nun bereits das vierte Jahr seit dem Hochwasser durchwaten, ohne dass sich echte Fortschritte für unseren Schutz erkennen lassen, wenden wir uns heute an Sie“, schrieb die Solidargemeinschaft in einem Brief an Staatsministerin Ulrike Scharf. Schließlich hatte auch MdB Christian Flisek das dringende Anliegen mit einem Schreiben unterstützt und folgende Antwort erhalten: „Für den Bauabschnitt 02 (Wohngebiet Donaugründe) wollen wir die Planungen bis Ende 2015 soweit abgeschlossen haben, dass nach der Durchführung des Wasserrechtsverfahrens bereits im Jahr 2017 der Baubeginn erfolgen könnte.“ Das war Anfang 2015; Ende 2015 wurde dann zurückgerudert und der Baubeginn inzwischen auf 2019 verschoben.

Pech und selbst schuld, wenn man so nahe am Wasser gebaut hat, dass müssen sich viele Erlauer Anwohner nicht selten anhören. Aber ganz so ist das nicht! „Ich habe das Haus von meinem Vater geerbt, das steht schon lange da. Seit dem Hochwasser 1954 hieß es nur , dass die Wohnung 1,60 Meter über der Hochwassermarke von damals liegen muss. Außerdem wurde das Gebiet hier ja offiziell als Baugebiet ausgewiesen.“ Auf die Frage, wie es denn hier mit Hochwasser aussehe, bekam Gertraud Himsl Folgendes zur Antwort, wie sie sagt: „Niemals und seit es das Kraftwerk Jochenstein gibt schon zweimal nicht!“

Uwe Kranz wohnt seit elf Jahren in Erlau. Das Haus, das er bewohnt, war schon vor ihm da. „Wir sitzen in der Sprachlosigkeit fest. Ständig rennen wir den Politikern und Ämtern hinterher und betteln um Informationen. Und nach großem Gerede hört man wieder nichts und es tut sich nichts. Die betroffenen Erlauer Bürger werden jedenfalls nicht miteingebunden in das Projekt.“ Er ist nicht der Einzige, der sich darüber beschwert, dass, nachdem Obernzell einen Hochwasserschutz bekommen hat, Erlau jetzt links liegen gelassen wird. „Es waren viele Politiker da, die viel versprochen haben – nur treten durch verschiedene Ämter immer wieder Verzögerungen ein und es tut sich fast nichts. Unterstützt werden wir vorwiegend von Landrat Franz Meyer.“

Der übrigens ist regelmäßig in Verbindung mit der Solidargemeinschaft und hat auch erst kürzlich (im Juni) wieder an einer Infoveranstaltung in Erlau teilgenommen. Er nutzt alle Möglichkeiten, um auf die Dringlichkeit der Maßnahme hinzuweisen. Und mit der Erhöhung der Förderquote konnte ja bereits auch ein wichtiger Schritt für die Umsetzung erreicht werden, wie es aus dem Landratsamt heißt. Und weiter: „Um beim Hochwasserschutz zeitnah zügig weiterzukommen, fordert Landrat Meyer bereits seit Längerem auch eine Personalaufstockung beim Wasserwirtschaftsamt und den dazugehörigen Flussmeisterstellen. Auch nach den verheerenden Unwetter-Hochwasser Ereignissen der vergangenen Woche hat er diese Forderung wieder an den bayerischen Ministerpräsidenten herangetragen.“

Die Solidargemeinschaft Hochwasserschutz Erlau stellt sich gemeinschaftlich die Frage. „Wer übernimmt die Entschädigung, wenn das nächste Hochwasser kommt, bevor der Hochwasserschutz da ist?“ Denn: „Viele Bürger hatten bis zum Hochwasser-Jahr 2002 eine Elementarversicherung, die jedoch danach von den Versicherungen gekündigt wurden. Beim Hochwasser 2013 war dann kein Versicherungsschutz mehr vorhanden“, wissen Josef und Gertraud Himsl.

Die Erlauer Bürger können sich allerdings des Eindrucks nicht erwehren, dass die Informationsveranstaltung im November 2015 lediglich zur allgemeinen Beruhigung der Betroffenen veranstaltet wurde. Denn: „Seit 2002 sehen wir das selbe Bild – mal eine Linie verändert in der Landkarte und drei verschiedene Ausführungsmöglichkeiten, aber keine richtige Planung“, meint Josef Himsl. Konkrete Daten und Verträge liegen bis heute nicht vor. Monate vergehen und bündeln sich zu Jahren – wird nun der Baubeginn für 2020 angepeilt und welche Aussage stimmt?“, fragen sich nicht nur Josef und Gertraud Himsl, Uwe und Bettina Kranz und Heinz und Annemarie Warmuth.

Im Oktober 2016 soll die Planung für „Bauabschnitt 2“ den betroffenen Erlauern präsentiert werden. Der Beginn der Planung und somit auch der Bau haben sich, seit 2014 allerdings immer wieder verschoben. Himsl und Kranz hierzu: „Obwohl man seit dem Hochwasser 2013 drei Jahre lang Zeit hatte zu reagieren, ist seither fast nichts passiert in Erlau. Wurde Erlau bisher vertröstet, hingehalten oder auch einfach nur übersehen? Um die Ausbaggerung der Donau kämpft die Soli bisher vergebens.

Wolf-Dieter Rogowsky vom zuständigen Wasserwirtschaftsamt in Deggendorf meint hierzu. „Die Entscheidung fällt im Herbst. Die Hochwasserschutzmaßnahme für das Gewerbegebiet in Erlau läuft bereits. Im Gegensatz dazu sind wir im Wohngebiet Erlau bei null gestartet. Zudem liegt das Planfeststellungsverfahren bei einer anderen Behörde. Wir haben es also nicht in der Hand, wie lange das Ganze noch dauert.“

Das Landratsamt Passau macht dagegen zumindest ein wenig Hoffnung: „Von der rein fachlichen Seite her ist es so, dass das Landratsamt Passau als Wasserrechtsbehörde erst dann aktiv werden kann, wenn uns der entsprechende Antrag vorliegt. Auf die Erstellung der Antragsunterlagen haben wir keinen Einfluss. Sobald uns der Antrag vorliegt, werden wir das Planfeststellungsverfahren mit Hochdruck durchführen und schnellstmöglich zum Abschluss bringen. So wie wir das auch beim Hochwasserschutz BA 1 (Gewerbegebiet Sumida, Erlau – Anm. d. Red.) getan haben“, heißt es aus dem Amt. Nicht nur Gertraud Himsl fragt sich, warum der entsprechende Antrag bisher nicht erteilt werden konnte.

Passau