Im Schloss treffen sich Arm und Reich
Besuch in der fürstlichen Armenküche

05.07.2017 | Stand 27.07.2023, 10:36 Uhr

Sie hat nicht das ganze Jahr geöffnet, doch viele Menschen aus Regensburg sind dankbar um ein Essen von der fürstlichen Notstandsküche.

REGENSBURG Das Schloss Thurn und Taxis ist eigentlich ein nobler Ort für edle Firmen, viele Touristen, reiche Adelige. Tatsächlich aber ist es auch ein Ort für diejenigen, die weit entfernt von finanzieller Sicherheit leben. Und es ist ein Ort, an dem die Gegensätze sich vereinen und die Angestellten der Firmen rundum in stiller Symbiose mit den armen Leuten der Stadt in der Notstandsküche zu Mittag essen. Der Unterschied: Die einen zahlen, die anderen nicht.

Die Notstandsküche, einst gegründet von Fürst Albert I. von Thurn und Taxis, wird seit elf Jahren durch eine Münchner Catering GmbH betrieben, die in der Küche auch das Essen für Kindergarten, Internat, das Seniorenstift und Essen auf Rädern bereitet. Chef Helmut Seitz kümmert sich nicht nur um alles, sondern kocht auch mit. Er ist mit Leib und Seele dabei und achtet auch auf die Vorlieben seiner Gäste. „Wir sagen doch nicht, du kannst hier nicht essen, nur weil du Vegetarier bist“, betont er. Die Caritas verwaltet die Anmeldungen der Bedürftigen. Thurn und Taxis zahlt dafür. Nur sieben Wochen im Jahr, da zahlt das Fürstenhaus nicht. Dann hat die Küche für die Bedürftigen geschlossen. 

Die längste Pause waren die vergangenen fünf Wochen, die die Betroffenen irgendwie anders überbrücken mussten.

Darauf kommt ein älterer Herr, der in der Schlange vor der Ausgabe wartet, schnell zu sprechen. Seine Rente sei sehr gering, berichtet er, und nebenbei verdiene er sich als Zeitungsausträger etwas dazu. „Dass ich hier esse, hilft mir über die Runden, vor allem, wenn wieder alle Rechnungen kommen“, sagt der Siebzigjährige.

Die Atmosphäre in den alten Gewölben ist ungezwungen. Die Menschen unterhalten sich, „Mahlzeit“, ruft man sich zu. Sie habe ein Kind, erzählt eine blonde, junge Frau, deshalb sei sie hier. Sie ist alleinerziehend.

Im Allgemeinen sind die Gäste hier zufrieden. „Es ist schön, in diesen Hallen zu essen“, bestätigt eine Studentin. Und es schmeckt, da sind sich alle einig. Eigentlich gibt es nichts zu meckern. „Nur Besteck könnten sie uns noch geben“, lacht der 28jährige Mann, der noch mit am Tisch sitzt. „Das müssen wir selbst mitbringen!“

Er bekommt wegen kaputter Knie- und Schultergelenken Grundrente. Das zu sagen, fällt ihm nicht leicht. „Es klingt komisch“, sagt er. Dass gleich nebenan die Fürstin in herrschaftlichen Gemächern buchstäblich fürstlich lebt, hat ihn noch nie beschäftigt.

Wenig später trifft eine Studentengruppe ein. Durch den Semesterbeitrag sind viele um jeden Cent froh, den sie nicht ausgeben müssen.

Etwa 170 Bedürftige kommen am Tag zur Armentafel. Manche essen ganz für sich. „Das ist aber nicht erlaubt. Seit wann darf man hier fotografieren“, beschwert sich eine Frau ganz aufgeregt. Es ist wirklich nicht leicht, Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen.

Max B. (Name von der Redaktion geändert) allerdings sitzt abseits, weil er gerne nachdenkt. Der Rentner war Musikinstrumentenbauer und auch seine Rente ist knapp. Er sieht zufrieden aus und bestätigt das auch. „Das, was uns hält ist der Glaube“, sagt er. „Wir verhungern nicht. Dafür müssen wir dankbar sein.“ Er erzählt gerne von der Stärke, die Gott den Menschen gebe, von den Prüfungen, die er ihnen zur Läuterung stelle und seiner Hilfe, die er letztendlich immer schicke. „Der alte Satz, wenn du denkst es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her, ist wahr. Dieses Licht ist unser Glaube“, erklärt er. Auch über Reich und aArm denkt er nach und beklagt das Elend auf dieser Welt. „Viele Reiche dagegen haben oft schwerer zu tragen als die, die sich um Habseligkeiten und Gefühle wie Habgier nicht kümmern müssen“, betont er. „Er bete für diese Menschen.“

Und dass Thurn und Taxis nicht das ganze Jahr Essen spendet, obwohl es so reich sei? 

Es gebe zum Glück viele andere Hilfen in der Stadt, sagt er. „Wir hier verhungern nicht“, sagt er und lächelt.    

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