Politik
Bei der Regensburger SPD rumpelt‘s kräftig

12.11.2018 | Stand 13.09.2023, 0:23 Uhr
−Foto: Foto: Staudinger

Nach dem Becker-Aus und dem jüngsten Wahldebakel fragen sich viele: Wie geht es weiter mit der Regensburger SPD? Die Ablösung von Stadtverbands-Chefin Margit Wild könnte darauf eine erste Antwort geben. Die muss allerdings erst einmal in den Zeugenstand.

REGENSBURG Das, was eine Woche nach der Landtagswahl im Hotel Wiendl in Kumpfmühl abging, das sitzt manchem Vorstandsmitglied des SPD-Stadtverbands bis heute tief in den Knochen. Die scheidende SPD-Stadtverbandschefin Margit Wild rechtfertigte in der Sitzung am 22. Oktober ein Ergebnis von 10,8 Prozent für sie. „Ungläubig blickten die Vorstandsmitglieder, als ihnen die wiedergewählte Mandatsträgerin erklärte, sie hätte sich so sehr gewünscht, dass Jürgen Mistol (Grüne, d. Red.) das Direktmandat holt“, schreibt ein Vorstandsmitglied dem Wochenblatt. Ein bemerkenswerter Vorgang.

„Dass dies für die Oberpfalz und somit für sie kein Ausgleichsmandat ergeben hätte, war ihr offenbar nicht bewusst“, heißt es weiter. „Genossin Wild“ kenne wohl das bayerische Wahlsystem nicht, so der Genosse.

Die Schilderung wirft auch ihren Schatten voraus für das, was der SPD in Regensburg noch bevorsteht. Denn Ende November wird der oder die Vorsitzende des Verbandes neu gewählt. Wild tritt nicht mehr an.

Tischvorlage mit Attacken gegen die Bürgermeisterin

Offenbar ist auch das Verhältnis zwischen Wild und der amtierenden Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer deutlich abgekühlt. Die wiederum müsste sich jetzt in Position bringen, wenn sie 2020 für den Posten des Oberbürgermeisters antreten will. Wie scharf der Wind in Regensburg weht, musste Maltz-Schwarzfischer kürzlich in der Personalie Joachim Becker erfahren. Der Stadtbau-Chef hat seine Beurlaubung, die in einer Sondersitzung herbeigeführt wurde, bis zum Ende seiner Amtszeit provoziert. Er legte den Aufsichtsräten der Stadtbau eine Sitzungsvorlage vor, die nicht nur den suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs attackierte. Becker frotzelte auch über Maltz-Schwarzfischer, die ihn wohl im Auftrag des suspendierten OB ins Rathaus bestellt hätte, so die Vorlage.

Diskutiert wird im Stadtverband derweil, wer Wild als SPD-Chefin folgt. Sie hat offenbar den in der Bevölkerung weitgehend unbekannten Fraktionschef Klaus Rappert ins Spiel gebracht. Doch offenbar wird intern von Wolbergs-Anhängern auch ausgelotet, ob sich dieser wieder zum Stadtverbandschef wählen lassen könnte. Dass er antritt, wäre nur denkbar, wenn er auf eine Mehrheit hoffen könnte. Doch auch Maltz-Schwarzfischer müsste ihre Kandidatur für das Parteiamt antreten, wenn sie wirklich 2020 als Oberbürgermeisterin in Regensburg kandidieren möchte. SPD-Vertreter rechnen damit, dass es bereits zu einer ersten Kampfkandidatur zwischen Wolbergs und Maltz-Schwarzfischer kommen könnte.

Wer sich durchsetzt, wird am 25. November entschieden. Am Montag, 12. November, kommt es zunächst zum Auftritt der Stadtverbands-Chefin vor dem Landgericht. Margit Wild muss am Nachmittag in den Zeugenstand und im Prozess gegen Joachim Wolbergs aussagen.

KOMMENTAR

SPD-Chaostage

Die Watsch‘n des Wählers war so laut, man hört sie nachhallen. Von der Öffentlichkeit unbeachtet zerfleischt sich die SPD in der Stadt derzeit selbst. Kein Wunder: Eine Vorsitzende, der es nur darum ging, wieder ihr Pöstchen im Landtag einzunehmen, ein suspendierter Oberbürgermeister, dem man schon vor einem Urteil den Scheffel vor die Tür gestellt hat – das ist nicht der Stoff, aus dem Wahlerfolge sind. Die einzige Hoffnung der SPD ist im Moment, dass sich der Fokus in absehbarer Zeit auf die Verstrickungen der CSU in die Spendenaffäre richten wird. Deren Granden haben sich ja lange als Scharfrichter aufgespielt. Doch daraus wird jetzt nichts mehr. Mein Tipp: Vielleicht sollten sich die Grünen langsam überlegen, wen sie 2020 ins Rennen schicken. Selten war es so leicht, ein OB-Amt zu erobern.

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