Frischer Wind
Bei Deggendorfs Imkern ist Frauenpower angesagt

08.07.2017 | Stand 28.07.2023, 8:40 Uhr
−Foto: n/a

Viele neue Mitglieder bringen frischen Wind in den Traditionsverein.

DEGGENDORF Bislang galten Imkervereine vor allem als Ansammlung von alten Männern in khakifarbenen Safariwesten. Überalterung ist ein großes Problem in den Vereinen, die sich eigentlich ein durchaus zeitgemäßes Anliegen aufs männliche Revers gesteckt haben: die Erhaltung der Natur und Umwelt. Dem Bienenzuchtverein Deggendorf gelingt nun die Kehrtwende. Die traditionsreiche Vereinigung konnte viele neue Mitglieder gewinnen, darunter auch etliche Frauen.

Bereits seit Jahren plagen die Imker landauf, landab, arge Nachwuchsprobleme. Nach dem Motto „der Letzte macht das Licht aus“ mussten viele Vereine sogar mangels neuer Mitglieder das Handtuch schmeißen. Damit einher ging ein drastischer Rückgang an Bienenvölkern.

Motivation ist der Naturschutzgedanke

Das Fatale daran: Die Biene gilt nach Rind und Schwein als das wichtigste Nutztier in Deutschland. Bienen bringen der Volkswirtschaft einen Reingewinn von vier Milliarden Euro jährlich. Die emsigen „Mädels“ haben entscheidenden Anteil daran, dass unsere Lebensmittel überhaupt wachsen. Sie tätigen bis zu 90 Prozent der Bestäubung. Ohne sie hätten die Menschen schlichtweg nichts zu essen.

Doch seit Kurzem erlebt die Imkerei in Bayern eine regelrechte Renaissance. Das ist zum Teil natürlich auch den Förderprogrammen geschuldet, die der Freistaat aufgelegt hat, damit die Imkerei nicht ausstirbt. Laut Landwirtschaftsministerium hat sich die Anzahl der sogenannten Probe-Imker im Freistaat in nur fünf Jahren verdreifacht. „Gemeinsam mit unseren Imkerinnen und Imkern ist es uns gelungen, wieder mehr Nachwuchs für dieses ökologisch wichtige Hobby zu begeistern“, freut sich Landwirtschaftsminister Helmut Brunner.

Während früher oft der Honig im Vordergrund stand, sei heute der Naturschutzgedanke bei den Neu-Imkern die wichtigste Motivation, so Brunner.

Neuimker sind zwei Jahre lang beitragsfrei

Vor allem Frauen hat es das naturnahe Hobby angetan. „Während es früher fast ausschließlich eine Männerdomäne war, sind inzwischen rund ein Drittel der Imker Frauen“, weiß Brunner.

Auch durch den Bienenzuchtverein Deggendorf wachelt dieser frische Wind. Während in den letzten Jahren die Mitgliederzahl des am 19. April 1870 gegründeten Vereins kontinuierlich abnahm, geht’s jetzt wieder bergauf. „Allein ab 1. Januar 2014 haben wir 15 neue Mitglieder“, freut sich 1. Vorstand Josef Pletl. Die Nachwuchsgewinnung ist dem Imker-Vorstand ein besonderes Anliegen. „Bei uns kann jeder Neuimker zwei Jahre lang beitragsfrei im Verein mitmachen“, begründet er den Erfolg. „Außerdem bekommt jeder Neuimker auf Wunsch einen erfahrenen Imkervater zur Seite gestellt, der ihm unter die Arme greift.“ Die gut 350 Bienenvölker der Deggendorfer Vereinsmitglieder sorgen für die Bestäubung im Deggendorfer Land.

Auch ansonsten krempelt Pletl den Deggendorfer Verein kräftig um. Erst am 17. Januar haben die Mitglieder beschlossen, sich in einen gemeinnützigen, eingetragenen Verein umzuwandeln. Die nächste buchstäbliche Baustelle ist bereits geplant: Wenn es mit der Finanzierung klappt, soll im Gemeindebereich Metten ein Lehrbienenstand errichtet werden.

Besonders stolz ist Josef Pletl auch darauf, dass im Deggendorfer Verein nun auch viele Frauen aktiv dabei sind. Eine unter ihnen ist Cornelia Andrös. Die Fischerdorferin ist seit dem letzten Jahr Imkerin. Zusammen mit ihrem Partner betreut sie vier Bienenvölker. „Weil der Honig so gut ist“, begründet die Neuimkerin, weshalb sie sich Bienen angeschafft hat. „Außerdem haben wir einen großen Garten mit vielen Obstbäumen“, erzählt Cornelia Andrös.

Im Sommer letzten Jahres musste die Fischerdorferin wegen des Hochwassers einen herben Rückschlag hinnehmen. „Das Wasser stand bei uns im Erdgeschoss zwei Meter hoch“, berichtet sie. Ihre Bienenkästen wurden ein Raub der Fluten. Die Bienen konnten sich retten. Sie verließen ihren Stock, ihre Vorräte, ihre Brut. „Ein Schwarm wurde noch gesehen, war dann aber verschwunden.“ Der Bienenzuchtverein Deggendorf half beim Neuanfang. Vorstand Josef Pletl besorgte zwei neue Völker, die in diesem Jahr mit hoffentlich trockenen Füßen den Grundstock für ihre Imkerei legen.

Deggendorf