Totenruhe gestört?
Bagger auf dem Friedhof: Ist das Grabschändung?

11.07.2017 | Stand 24.07.2023, 20:03 Uhr
−Foto: n/a

In einem Abschnitt des Garchinger Friedhofs rollen Baumaschinen. Das erregt Missfallen

GARCHING Der Anblick eines Baggers, der über Gräber rollt, dürfte für den einen oder anderen Friedhofsbesucher tatsächlich schockierend sein. Unter Friedhofsruhe versteht man sicher etwas anderes, andererseits muss auch ein Friedhof irgendwann einmal saniert werden. Oder nicht?

Nicht jeder ist begeistert von der Baumaßnahme in Abschnitt 3 des Garchinger Friedhofs. Bei Elke Piehatzek ist das Gegenteil der Fall. Sie kritisiert die Kirchenverwaltung recht heftig für deren Vorgehensweise, spricht sogar von „Grabschändung“. Kirchenpfleger Josef Bernhart widerspricht: „Der Zustand des Friedhofsabschnitts war schlecht. Die Platten, die als Gehwege fungierten, waren zum Teil schon locker und gekippt. Die Berufsgenossenschaft hat uns aufgefordert, aus Sicherheitsgründen etwas zu unternehmen, bevor noch ein Friedhofsbesucher stolpert und zu Schaden kommt. Außerdem hatten die Grabbesucher nur 40 Zentimeter Platz vor den Gräbern.“ Nach dem Vorbild der anderen Friedhofsabschnitte werden die Gräber von 2,40 Meter auf 1,50 verkürzt und mit einer Steineinfassung versehen. Die Gehwege werden entsprechend verbreitert und aufgekiest.

Auch für ihn, so Kirchenpfleger Bernhart, sei der Anblick eines Baggers auf dem Friedhof befremdlich, aber es habe keine andere Möglichkeit gegeben als eine grundlegende Sanierung statt einer Flickschusterei. Das sieht Elke Piehatzek anders. Die Kirche sei ihrer Verpflichtung, den Friedhof in Schuss zu halten in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht nachgekommen. Sie habe ihn buchstäblich verlottern lassen. „Wenn ich eine Sache vermiete, muss ich als Vermieter schauen, dass alles in Ordnung ist“, erklärt Elke Piehatzek. Sie selbst und auch andere Grabmieter hätten in Eigenregie die lockeren Platten wieder befestigt. Hier verweist Kirchenpfleger Josef Bernhart auf die Gestaltungsordnung, in der festgelegt sei, dass nicht die Kirche, sondern die Grabnutzer die Gehwegplatten auf eigene Kosten instand halten mussten.

Urne des Ehemanns unter der Einfassung

Als besonders ärgerlich empfindet es die Garchingerin, dass die sterblichen Überreste ihres Mannes, der vor zwei Jahren starb, künftig unterhalb der neuen Grabeinfassung liegen. Beinahe außerhalb des Grabes. Der verstorbene Ehemann wurde in einer Holzurne am Rand des damals noch größeren Grabs beerdigt. Zwar hat die Kirche zugesagt, die Kosten für eine Umbettung der Urne zu tragen, aber beim Aufgraben wurde diese nicht mehr gefunden. Sie ist vermutlich bereits verrottet. Das bedauert Kirchenpfleger Josef Bernhart, aber eine Lösung kann er auch nicht anbieten. Einen weiteren Kritikpunkt der Rentnerin kann Bernhart nicht nachvollziehen, nämlich bezüglich der Kosten für die Neugestaltung des Friedhofs.

Jeder Grabnutzer soll für die Einfassung je nach Steinqualität zwischen 750 bis 990 Euro bezahlen. Hierfür gewährt die Pfarrkirchenstiftung pro Grab einen Zuschuss in Höhe von 300 Euro. Das empfindet Bernhart als angemessen. Trotz des Zuschusses gibt es, laut Elke Piehatzek, Leute, die sich das nicht leisten können. „Ein Rentner hat vier Gräber in diesem Teil des Friedhofs. Trockene Antwort: Dann lösen Sie halt auf, ärgert sich die Rentnerin. Und sie fügt hinzu: „2011 beerdigt, 2017 wird das Grab aufgelöst. Warum verscharrt man die Leute nicht einfach so?“

Altötting