Porschestraße: Stadtteilarbeit zeigt viele Probleme auf
Anwohner schämen sich für die Adresse

06.07.2017 | Stand 13.09.2023, 4:21 Uhr
Alexander Schmid
−Foto: Foto: ad

Die Anwohner haben offenbar selbst kein allzu gutes Bild von ihrem Viertel. Den Eindruck bekommt man jedenfalls, wenn man sich die Ergebnisse der Forschungswerkstatt der Hochschule Landshut zur „Stadtteilarbeit Porschestraße“ ansieht. Bei Befragungen hatten einige Anwohner angegeben, dass sie sich sogar schämen würden, ihre Adresse zu nennen.

LANDSHUT Es sei wie ein Stempel, den man auf der Stirn trage, wenn man hier wohne. Als Prof. Dr. Dominique Moisl von der Landshuter Fachhochschule das Ergebnis der Arbeit im Bausenat der Stadt Landshut vorstellte, wurde eines klar: Die Porschestraße ist ein sozialer Brennpunkt, um das zu ändern, muss dringend etwas getan werden.

Ganz so schlimm wird‘s schon nicht sein, glaubt man allerdings wohl eher im Stadtrat. „Nicht alles ist schlecht rund um die Porschestraße“, sagt zum Beispiel FDP-Fraktionsvorsitzender Dr. Christoph Zeitler. Schließlich gebe es dort eben auch eine namhafte Kanzlei von Wirtschaftsprüfern, eine Anwaltskanzlei und die Druckerei einer Tageszeitung.

Tatsache ist aber auch: „Die Porschestraße ist ein negativ besetzter Begriff in Landshut“, wie die Forschungsarbeit ergab. Auch hätten dort lebende Eltern Angst, dass das Wohngebiet einen negativen Einfluss auf ihre Kinder und die dort lebenden Jugendlichen hätten. Weitere zentrale Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung in Kürze: Die Wohnsituation dort ist desolat. Die – vor allem städtischen Wohnungen – seien in einem schlechten Zustand, zu klein und das Umfeld lasse zu wünschen übrig. Zudem seien die Spielplätze ungepflegt, ein Freizeitangebot für Kinder und Jugendliche fehle nahezu völlig und der Alkoholismus sei allgegenwärtig. Um die Porschestraße aufzumöbeln, bräuchte es offenbar vor allem aber eines: Geld.

So heißt es in dem wissenschaftlichen Bericht, dass ein „Mehrbedarf an Ressourcen (Räume, Geld, Personen) für ein erweitertes Angebot nötig sei“, um die Situation zu verbessern. Die Wohnungen und das Wohnumfeld müssten saniert werden. Dazu müssten soziale Angebote durch Fachkräfte angeboten werden. Die Stadt sollte kostenlose Schülermonatskarten zur Sicherung der Mobilität ausgeben, Teilhabe in Vereinen und Netzwerken ermöglichen und junge Menschen in Übergangssituationen, zum Beispiel beim Start ins Berufsleben unterstützen.

Leisten kann sich die Stadt das offensichtlich nicht. Eine Aufnahme der Porschestraße in das Programm soziale Stadt ist nicht möglich. Denn dazu müsste unter anderem ein Quartiersmanagement vor Ort eingerichtet, außerdem eine Bürgerinitiative aufgebaut und viel Geld in vorbereitende Gutachten gesteckt werden. Geld, das man laut Baureferatsleiter Johannes Doll besser gleich direkt ins Stadtviertel investiere.

Eine personelle Aufstockung wäre zudem nötig. Bereits jetzt sind die Kapazitäten der drei Teilzeitkräfte mit den vorhandenen Sanierungsgebieten und der vorgesehenen Neuausweisung eines Sanierungsgebietes in der historischen Innenstadt ausgeschöpft. „Ein zusätzliches Sanierungsgebiet Porschestraße mit Betreuung eines weiteren Quartiersmanagements und weiterer Arbeitsgruppen ist mit dem personellen Status quo nicht mehr zu leisten“, so Doll.

Außerdem: Die Gewährleistung des 40-prozentigen Eigenanteils der Stadt für so ein Förderprogramm sei angesichts der schwierigen Haushaltslage und der aktuellen Prioritätenliste (Altes Franziskaner, Theater, Schulen) praktisch nicht machbar.

Fazit: Auch wenn die Ausweisung eines Sanierungsgebietes Porschestraße für die Entwicklung des Stadtteils in Teilbereichen positive Effekte haben könne, so bezweifelt man doch den Nutzen im Verhältnis zum finanziellen Aufwand.

Erst nach der Etablierung des neu errichteten Bürgerhauses will man auf Basis der dann gewonnenen Erfahrungen entscheiden, ob man hier ein Sanierungsgebiet festlegt. Das wird aber noch Jahre dauern. Ein weiteres Problem: Die Stadt nutzt die Wohnungen unter anderem für die Unterbringung von sonst Obdachlosen. Es handle sich dabei um Klientel, so Doll, das mit saniertem Wohnraum nicht unbedingt umzugehen bzw. ihn zu schätzen wisse. Immerhin will man jetzt, etwas für die Jugend tun. Doll: „Wir versuchen Flächen anzukaufen, um Bolzplätze zu errichten.“

"Gehirnschmalz und Geld reinstecken"

Die Situation in der Porschestraße ist schlecht, doch sie könnte sicher verbessert werden. Der Meinung ist Prof. Dr. Dominique Moisl von der Fakultät Allgemeinwissenschaften und Soziale Arbeit der Hochschule Landshut. Er hat das Viertel unter die Lupe genommen. Ob seine Vorschläge zur Verbesserung der Situation von der Stadt angenommen werden, ist aber wohl eher ungewiss.

An zwei Punkten müsse man angreifen, so Moisl im Wochenblatt-Gespräch. Das sei zum einen die soziale Arbeit, die man in dem Viertel insbesondere für Jugendliche ausbauen müsse. Andererseits müsse aber auch in die Verbesserung der Wohnsituation investiert werden, in die Gestaltung der Räume. „Man muss sich überlegen, wie die Kinder dort aufwachsen sollen“, erklärt er.

Ganz sicher sei es nicht förderlich, wenn eine Mutter in einer Wohnung lebe, die so klein sei, dass ein Kind nicht einmal einen ruhigen Platz zum Hausaufgabenmachen hat, geschweige denn einen eigenen Schreibtisch. Eine Wohnung, die man nicht anständig heizen könne, weil es nur einen Ofen gebe und in der sich deshalb Schimmel bilde. „Man muss sich überlegen: Wo ist unser unterstes Niveau“, so Moisl und meint damit die Gesellschaft.

Dieses unterste Niveau, das liegt in der Porschestraße, zumindest was die Wohnungen in den beiden Blocks der Stadt angeht, ziemlich weit unten. Der Zustand der Wohnblocks ist desolat, von innen und von außen. Menschen, die in solchen kleinen Wohnungen leben würden, dränge es natürlich „nach draußen“, so Moisl.

Da treffen dann Erwachsene, die Alkohol trinken, auf spielende Kinder im verdreckten Sandkasten und Jugendliche, für die es kein Freizeitangebot gäbe. Glasscherben im Spielbereich sind dann wohl noch das geringste Problem. Um diese Situation zu verbessern, bräuchte es laut dem Wissenschaftler nicht nur Gehirnschmalz, „sondern auch finanzielle Mittel“. Moisl: „Die Bausubstanz und das Wohnumfeld zu verbessern, wäre ein wichtiger Schritt.“ Derzeit sieht es aber eher so aus, als sieht die Stadt ihre Prioritäten woanders. Jedenfalls nicht in der Porschestraße.

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