Prozess
Amokfahrer "macht von seinem Schweigerecht umfassend Gebrauch"

08.07.2017 | Stand 01.08.2023, 23:15 Uhr
−Foto: n/a

Vor dem Regensburger Schwurgericht muss sich seit Montag, 17. März, ein 46-jähriger Angeklagter wegen Totschlags verantworten, weil seine Amokfahrt durch ganz Regensburg am 1. August letzten Jahres einem fünfjährigen Mädchen das Leben gekostet hat.

REGENSBURG Selten drängt sich so viel Presse in einen Regensburger Gerichtssaal wie beim Prozessauftakt gegen den 46-jährigen Amokfahrer. Kein Wunder, schließlich erschüttert der Tod der fünfjährigen Josefine, welche von dem Angeklagten jäh aus dem Leben gerissen wurde, noch heute. Auch die Eltern der getöteten Fünfjährigen waren im Gerichtssaal als Nebenkläger anwesend – man sah ihnen an, wie schwer der Prozess für sie sein muss.

Angeklagter regungslos

Die Verlesung der Anklageschrift nahm der Angeklagte regungslos auf. Bei einer circa einstündigen Amokfahrt durch Regensburg hinterließ er eine Spur der Verwüstung – an deren Ende wurde die fünfjährigen Josefine getötet und deren Schwester schwer verletzt.  Unter anderem muss sich der Amokfahrer wegen Totschlags, versuchten Totschlags in drei Fällen, gefährlicher Körperverletzung sowie vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs verantworten. Bei der Frage des Richters, ob er sich zu den Vorwürfen äußern möchte, meldete sich lediglich sein Anwalt Michael Haizmann zu Wort: "Mein Mandant macht umfassend von seinem Schweigerecht Gebrauch. Anhand von Zeugen wurde das Geschehen vom 1. August 2013 am ersten Prozesstag fast minütiös rekonstruiert.

"Wie bei der Formel Eins"

Ein erster Zeuge sagte aus, wie er einen silbernen Mazda in Haselbach sah, wie er Schlangenlinien gefahren sei "wie bei der Formel Eins beim Reifenaufwärmen". Einer anderen Zeugin fiel auf der Osttangente das "aggressive Fahrverhalten"  des Amokfahrers auf, er habe sie "ziemlich geschnitten". Sie habe sich sogar sein Kennzeichen gemerkt. "So aggressiv wie der fährt, da passiert vielleicht noch was", habe sich die Zeugin damals gedacht. Als sie tags daruf die Fotos des Unfalls sah, habe sie sich bei der Polizei gemeldet. Eine weitere Zeugin schilderte wie ihr der Amokfahrer auf der Walhalla-Allee "ständig drauf fuhr"."Jetzt ist er gleich in meinem Kofferraum drin", befürchtete die Zeugin. "Mama, was ist denn das für ein Verückter", habe sogar ihre 13-jährige Tochter bemerkt.

Bei rot über die Ampel

Ein weitererer Zeuge schilderte, wie er gesehen habe, dass der Amokfahrer bei Rot über die Ampel in der Landshuter Straße gefahren sei – in der Zeitung habe er das silberne Auto wiedererkannt. Eine weitere Zeugin schilderte, wie sie beim Josephs Krankenhaus mit ihrer Enkelin über die grüne Ampel wollte, als sie gerade noch rechtzeitig ein silbergraues Auto bemerkte, wie es "vorbeigeschossen" kam und bei rot über die Ampel schoss.

Zeuge verfolgte den Amokfahrer

Das Bild vervollständigte sich durch die Aussage eines weiteren Zeugen, der selbst mit seinem Auto auf der Landshuter Straße unterwegs war, als er ein Auto "mit goßer Geschwindigkeit" im Rückspiegel sah. "Jetzt muss er gleich anhalten", habe er sich gedacht, "aber er fuhr bei rot drüber". Wenig später sei ihm das gleiche Auto stadteinwärts aufgefallen wie es von einer Spur auf die andere hin und her wechselte. Beim Stobäusplatz hab er die Polizei angerufen und die Verkehrsgefährung gemeldet. Der Zeuge ist dem "verrückten Autofahrer" dann stadteinwärts gefolgt, wo der Amokfahrer teilweise sogar auf den Bürgersteig ausgewichen sei. Als der silberne Mazda dann falsch in die Thundorferstraße eingebogen war, habe er ihn verloren.

Um 14.25 Uhr ging sein Anruf bei der Polizei ein – eine gute halbe Stunde vor dem verhängnisvollen Crash in den Waschsalon, der Josefine das Leben kostete. Aus dem Gesprächsprotokoll der Einsatzzentrale mit dem Zeugen fielen Sätze wie "Der ist total verrückt" und "Der muss ja spinnen!" 

Der Prozess wird am Dienstag, 18. März, fortgesetzt. Mehr zu diesem Thema in unserem Dossier "Amokfahrer".

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