Deutscher Gewerkschaftsbund schlägt Alarm
Altersarmut droht auch im Berchtesgadener Land

06.07.2017 | Stand 27.07.2023, 21:25 Uhr

„In keinem Landkreis in Oberbayern verdienen Frauen in Vollzeit im Schnitt so wenig als im Berchtesgadener Land.”

BERCHTESGADENER LAND Jede zweite Vollzeitbeschäftigte mit sozialversichertem Job verdiente im Jahr 2010 im Landkreis Berchtesgadener Land laut DGB Südostbayern weniger als 2.472 Euro brutto im Monat. Einmalige Leistungen wie Überstundenzuschläge oder Weihnachtsgeld seien dabei berücksichtigt und Auszubildende nicht mitgezählt. Erstmals legte der DGB differenzierte Daten zu den Verdienstunterschieden im Landkreis Berchtesgadener Land vor, die auf einer Sonderauswertung der Arbeitgebermeldungen zur Sozialversicherung beruhen. Danach verdienten Vollzeitbeschäftigte im Berchtesgadener Land durchschnittlich 351 Euro im Monat weniger als im bayerischen Landesdurchschnitt und noch weniger als über die alten Bundesländer hinweg (- 363 Euro Bruttomonatslohn). „Damit liegt der Landkreis bei den Bruttoverdiensten auf der vorletzten Stelle aller Landkreise in Oberbayern”, so der DGB.

Aber auch im Landkreis Berchtesgadener Land zeigen sich große Unterschiede zwischen den Beschäftigtengruppen:

Männer erzielten meist ein deutlich höheres Bruttomonatsentgelt als Frauen. Im Mittel verdienten sie 2.744 Euro brutto im Monat gegenüber nur 1.988 Euro bei den Frauen. Dieser große Verdienstunterschied von 756 Euro monatlich erklärt sich laut DGB wesentlich durch die geschlechtsspezifischen Tätigkeitsschwerpunkte; so arbeiten Frauen häufig im Dienstleistungssektor mit einem relativ niedrigeren Entlohnungsniveau gegenüber dem Produzierenden Gewerbe, wo Männer häufiger tätig sind. Aber auch die Lohndiskriminierung von Frauen hat nach gewerkschaftlicher Einschätzung einen Einfluss auf dieses Lohngefälle.

Vollzeitbeschäftigte ohne abgeschlossene Berufsausbildung verdienten im Landkreis Berchtesgadener Land durchschnittlich nur 2.190 Euro brutto im Monat und damit weniger als in anderen Landesteilen Bayerns oder den alten Bundesländern insgesamt.

Das mittlere Bruttomonatsentgelt der Vollzeitbeschäftigten mit Fachhoch- oder Hochschulabschluss liege im Landkreis Berchtesgadener Land deutlich niedriger als im Bayernschnitt und den westdeutschen Ländern insgesamt. Auch im Berchtesgadener Land sei der Abstand zwischen gering- und gutverdienenden Beschäftigten beachtlich. Jene mit Hochschulabschluss kommen im Schnitt auf einen gut doppelt so hohen Bruttoverdienst wie jene Vollzeitbeschäftigte ohne abgeschlossene Berufsausbildung.

Große Verdienstabstände zeigen sich folglich nicht nur bei Teilzeitarbeit, sondern auch bei Vollzeitbeschäftigung. Dazu sagte der DGB Regionsvorsitzende Günter Zellner „Die Angst vieler Beschäftigter, dass sie mit ihrer Rente im Alter nicht auskommen, ist nicht unbegründet.”

Insbesondere Frauen sowie Arbeiter ohne abgeschlossene Berufsausbildung sind oftmals von Altersarmut bedroht. „Altersarmut sei zwar noch kein Massenproblem, doch in Zukunft droht ihre Zahl deutlich anzusteigen“, so Zellner. Durch die geplante Senkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent müssen Beschäftigte mit einem Einkommen von 2.500 Euro im Monat 35 Jahre in die Rentenkasse einzahlen, um mehr als die Grundsicherung im Alter zu bekommen. Bei einem Monatseinkommen von 2.200 Euro drohe bei Renteneintritt immer noch Sozialhilfebedürftigkeit, selbst wenn man 40 Jahre gearbeitet und Rentenbeiträge gezahlt hat.

Im Jahr 2010 verdiente mehr als die Hälfte aller vollzeitbeschäftigten Frauen im Landkreis Berchtesgadener Land deutlich weniger als 2.200 Euro brutto; dies gelte ebenso für gut 50 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten ohne Berufsabschluss. Die Folgen der Absenkung des Rentenniveaus werden in der Zukunft für viele Beschäftigte in der Region gravierend sein.

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