Heuer wird Super-Wespenjahr!
Alarm: Vorsicht vor der fiesen Sommer-Plage!

13.09.2017 | Stand 29.07.2023, 14:17 Uhr
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BN-Vorsitzender Karl Haberzettl und Diplombiologe Ralf Braun-Reichert informieren.

PASSAU Gefühlt sind derzeit hunderte überall: Wespen. Kein Kaffee mit Kuchen, den man entspannt genießen könnte; leckeres Eis? Derzeit besser nicht! Und wer etwas beim Wertstoffhof abgeben möchte, schmeißt Flaschen & Co. besser aus sicherer Entfernung in den Container. Weinende Kinder und schmerzende Stiche überall! So macht der Sommer echt keinen Spaß!

„2017 könnte zum Super-Wespenjahr werden“; „Warmer Frühling, viele Wespen – ist 2017 das Super-Wespenjahr?“; „2017 – das Super-Wespenjahr“ – Meldungen wie diese, lassen viele Sommerfrischler, Balkonfreunde, Garten-Freunde und Draußen-Frühstücker allein beim Gedanken daran erschauern. Und tatsächlich gibt es in diesem Jahr recht viele der schwarz-gelben Insekten.

„Das kühle, feuchte Frühjahr brachte den Wespen einen schlechten Start. Aber im bisher recht warmen Sommer haben sie sich erholt. Wenn es in den nächsten zwei Wochen warm oder schwül bleibt, kann 2017 durchaus noch ein Wespenjahr werden“, informiert Diplombiologe Ralf Braun-Reichert vom „Haus am Strom.“

Bei den Wespen läuft das nämlich so: Wenn die Männchen und Königinnen ausfliegen, ist die Arbeit der Arbeiterinnen getan. Sozusagen in ihrer Rente – immerhin leben sie jetzt nur noch etwa sechs Wochen – vergnügen sie sich noch einmal so richtig, hauen sich mit Kuchen und Fallobst voll – sozusagen ihr Leichenschmaus, bevor sie das Zeitliche segnen. Diese Zeit ist jetzt gerade und die Wespen finden überall in den Sommergärten reichlich gedeckte Tische! Die Deutsche Wespe (Vespula Germanica) und die Gemeine Wespe (Vespula vulgaris) sind die beiden ungebetenen Gäste an gedeckten Tischen im Freien. Klar, mit bis zu 40 000 Bewohnern in nur einem Wespennest, kann diese bewaffnete Flugstaffel durchaus lästig werden. Gerade mal um die 800 Hornissen bewohnen ein Nest – vergleichsweise mickrig! Nebenbei bemerkt: Hornissen jagen und fressen Wespen!

Die gute Nachricht: Wespen – und übrigens auch Hornissen – geben keine Informationen weiter, wenn sie eine Nahrungsquelle ausfindig gemacht haben – das können nur Bienen! Dafür können Wespen etwas anderes, und zwar bestimmen, ob ihr Nachwuchs männlich, weiblich oder eine Königin werden soll. Letztere überwintert übrigens in der Erde, woher auch der Name „Erdwespe“ rührt. Und: Temperaturen von bis zu minus 20 Grad sind für Wespen entgegen der allgemeinen Meinung kein tödliches Problem!

Hornissen sind Wespen-Killer

Trotzdem fühlen sich viele Menschen geradezu bedroht von den summenden „Terroristen“ und rufen sofort die Feuerwehr, wenn sie ein Wespennest entdeckt haben – meist im Rollokasten oder unterm Dachvorsprung. Zu Unrecht, wie Haberzettl meint. Denn es ist der Mensch, der sich mehr und mehr breit macht und die Insekten und Tiere ihres natürlichen Lebensraums beraubt. „Grundsätzlich ist die (Freiwillige) Feuerwehr nicht für die Entfernung von (Wespen-)Nestern zuständig. Es sei denn, es besteht unmittelbar und akut Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit“, heißt es auf der Facebook-Seite der FFW Passau, die einen frühen Start ins Wespenjahr bestätigen kann. „Zahlreiche Einsätze bescherten uns diese Tiere bereits. Januar, Februar und März waren in der Tat deutlich wärmer als üblich – wobei Deutschland sogar den wärmsten März seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erlebte. Begünstigt durch dieses milde Wetter setzte die ‚Wespensaison‘ früher ein als gewöhnlich. In ganz Bayern.“

Und auch der Bund Naturschutz hat sich diesbezüglich zurückgezogen. Den Grund dafür erklärt Karl Haberzettl so: „Der Zenit der Ehrenamtlichkeit ist erreicht! Zeitlich geht es einfach nicht mehr!“ Wer diesbezüglich ein dringendes Anliegen hat, muss sich also an die Untere Naturschutzbehörde wenden.

Dabei räumt er gleich mal mit diversen „Legenden“ auf, die sich um die Wespe und ihre „große Schwester“ – die Hornisse – ranken: Sieben Hornissen töten ein Pferd, drei einen Menschen. Pfiffkaas, sagt Haberzettl da: „Mich haben schon neun Hornissen auf einmal gestochen und ich lebe immer noch!“ Auch, dass Wespen die Isolierung fressen, stimmt nicht. Haberzettl: „Zum Nestbau nehmen die ausschließlich morsches Holz und Holzfasern.“ Dass Wespen Wurst und Fleisch dem Süßzeug vorziehen, stimmt ebenfalls nur bedingt. Denn während sich Mama Wespe durchaus gerne Mal Obst, Eis, Kuchen & Co. gönnt, kommt für den Nachwuchs, die Larven, Insektenfleisch auf den Esstisch. Die Larven sondern ihrerseits einen Ausscheidungssaft ab, von dem sich die Alttiere ernähren, wenn es kalt ist oder regnet.

„Mit Wespen muss man leben“

Apropos Esstisch: „Mit Wespen muss man leben“, meint Karl Haberzettl. „Ich kenne jedenfalls kein Vertreibungsrezept, das funktioniert.“ Dafür weiß er was im Falle einer Stichverletzung zu tun ist: Einfach die Blätter des Spitzwegerich (wächst bis Oktober auf den Wiesen) zwischen den Fingern zerreiben und den Saft bzw. die Blätter auf den Stich auftragen.

Ansonsten gibt es ganz einfach verschiedene Menschen, die einfach unterschiedlich auf (Wespen-)Stiche reagieren: „Wenn mich eine Wespe sticht, passiert eigentlich kaum etwas. Wenn mein Bruder – der nicht allergisch ist – gestochen wird, wird er blind, weil beide Augen zuschwellen. Wenn jemand allergisch ist, bekommt er zuerst Schüttelfrost, dann Atemnot und muss augenblicklich zum Arzt!“ Übrigens: Wenn jemand gegen Bienenstiche allergisch ist, dann ist er es auch gegen Wespen- oder Hornissenstiche.

Die nervigen Insekten einfach zu erschlagen, ist übrigens auch keine Lösung! Denn damit macht man alles meist noch viel schlimmer. Denn abgesehen davon, dass Wespen in Todesangst schneller zustechen, senden sterbende Wespen auch noch Pheromone aus. Der Botenstoff lockt wiederum andere aggressive Artgenossen an. Wer eine Wespe tötet, holt sich also nur viele weitere ins Haus und verschlimmert die Lage.

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