Kleine Sensation in russischem Labor:
30.000 Jahre alter Leimkraut-Samen keimt aus

06.07.2017 | Stand 12.10.2023, 11:40 Uhr
−Foto: n/a

Silene stenophylla, ein Name der momentan Biologen in der ganzen Welt fasziniert. Weiße Blüten hat, das besondere Kraut, das auch auf den Namen sibirisches Leimkraut hört. Doch geht es nicht um die Schönheit des Gewächses, sondern um das Alter. Der Samen nämlich, aus dem die Pflanze gewachsen ist, ist 30.000 Jahre alt.

RUSSLAND Die Süddeutsche berichtet online, dass die Pflanze ­– unser Bild zeigt die artverwandte Silene baccifera – in einen Labor der Russischen Akademie der Wissenschaft gedeiht, und beruft sich dabei auf das Fachmagazin "Proceedings of The National Academy of Sciences". Der bisherige Rekordhalter, eine Dattelpalme, die aus einem "nur" 2.000 Jahre alten Samen gewachsen ist, wurde damit um Längen geschlagen.

"Kette von glücklichen Zufällen"

Doch, wie kann ein Samenkorn so lange überleben? Wie kann es seine Keimfähigkeit erhalten? Auch darauf haben die russischen Forscher eine Antwort. Eine "Kette von glücklichen Zufällen" soll für dieses kleine Wunder verantwortlich sein. Das Samenkorn lag nämlich im sibirischen Permafrostboden, in 38 Metern Tiefe fanden es dire Forscher. So wie heute Eichhörnchen Vorräte anlegen, vergruben auch Hörnchen aus lange vergangenen Zeiten ihre Vorräte in der Erde. Manche dieser Samen wurden vergessen, so auch unser Leimkraut aus Sibirien. Unser Samenkorn war noch nicht ganz reif, als es das Hörnchen in seine Vorratskammer steckte, dort wurde es dann innerhalb kürzester Zeit tiefgefroren.

Bemerkenswerte Entdeckung Das Alter des Samenkornes konnten die Wissenschaftler mit der Radiokarbonmethode feststellen. Anhand der Spuren von radioaktiven Kohlenstoff kann das Alter ermittelt werden. "Bemerkenswert", so zitiert die Süddeutsche des Forscher Andreas Graner, der die Entdeckung der Forscher bewerten sollte. Graner leitet die Genbank des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben in Sachsen-Anhalt. In dieser Genbank lagern die Samen verschiedenster Nutzpflanzen bei minus 18 Grad. „Kälte reduziert alle Lebensvorgänge, ohne die Samen zu töten“, so Graner gegenüber der SZ.

Aus Gatersleben reisen regelmäßig Samenkörner nach Spitzbergen, wo sie dann im Permafrostboden gelagert werden. Die sei eine Art "Sicherungskopie", damit diese Nutzpflanzen nicht irgendwann für immer von der Erde verschwinden. Eine Überlebensdauer von 30.000 Jahren ist aber eine sehr große Seltenheit, deshalb werden auch dei Samen in Spitzbergen regelmäßig ausgetauscht.

Permafrost in Gefahr

Permafrost wird ein Boden dann genannt, wenn er über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren Temperaturen von unter Null Grad Celsius aufweist. Im Sommer taut dieser Boden nur in sehr geringen Tiefen an, nur etwa 15 Zentimeter bis wenige Meter tauen auf, was als "aktive Lage" bezeichnet wird. Die gefrorene Schicht kann bis zu 1.500 Meter tief sein. Durch den Klimawandel könnte sich die aktive Zeit verlängern, was zu Problemen bei der Stabilität von Gebäuden oder Straßen führen könnte. So liegt zum Beispiel Grönlands zu 99 Prozent auf Permafrost-Boden, Alaska zu 80 Prozent und China zu 20 Prozent.

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