Neun Tage zwischen Warten und Anspannung
22 Helfer von BRK und MHD aus der Region Straubing waren beim G7-Gipfel eingesetzt

09.07.2017 | Stand 30.07.2023, 0:29 Uhr
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22 Helfer vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) und Malteser Hilfsdienst (MHD) aus der Region Straubing waren beim G7-Gipfel im Einsatz.

STRAUBING Obwohl die Staats- und Regierungschefs der G7-Gruppe erst am 07. und 08. Juni auf Schloss Elmau tagten, begann der Einsatz für die beteiligen Hilfsorganisationen schon wesentlich früher. Aus dem Bereich Straubing-Bogen waren auch Kräfte des Bayerischen Roten Kreuzes und des Malteser Hilfsdienstes in Garmisch-Partenkirchen eingesetzt. Ingesamt 122 Helfer incl. 6 Ärzte standen als „Standardhilfeleistungskontingent Oberpfalz-Niederbayern-Schwaben“ unter der Führung von Kontingentführer Stefan Hurzlmeier (MHD Oberdeggenbach) und seinem Stellvertreter Jürgen Zosel (BRK Kirchroth). Die Kontingentführung wurde durch Abschnittsleiter Christian Schwarz (MHD Regensburg), die Führungsassistenten Hubert Langmantel (MHD Oberdeggenbach) und Klaus Müller (BRK Straubing), sowie von Führungsgehilfin Karina Schmuck (BRK Kirchroth) unterstützt.

Nachdem die Führungsmannschaft schon am 01.06. an der Unterkunft im Werdenfels-Gymnasium in Steinach eintraf, um sich eine Führungsstelle einzurichten und um die notwendigen Vorbereitungen für die Ankunft der Einheiten am nächsten Tag zu treffen, begann nach der Erkundung der Örtlichkeiten das Warten auf die unterstellten Einsatzeinheiten. Neben dem Standardkontingent waren noch das „Transportkontingent Schwaben – Niederbayern – Oberpfalz“ (20 Notfallkrankenwägen zzgl. Führung insgesamt 46 Personen) sowie mehrere kleinere Unterstützungseinheiten wie Gruppen des Fachdienstes „Technik+Sicherheit“, „Gefahrgut“ und „Information und Kommunikation“ dort stationiert.

Bereits um 11:45 Uhr trafen an diesem Tag die Einheiten aus drei Regierungsbezirken im Gymnasium ein. Neben der Kontingentführung waren noch die Schnelleinsatzgruppe (SEG) Verpflegung des MHD Straubing (4 Helfer), der 2. Betreuungstrupp BRK Straubing-Bogen aus Gossersdorf (5 Helfer), sowie zwei Notfallkrankenwagen des BRK aus Straubing und aus Bogen (je 2 Helfer) im Kontingent im Einsatz. Ebenso unterstützte eine IT-Komponente des BRK aus Landshut die Einsatzleitung im Rathaus, welche durch Mathias Blök (BRK Straubing-Bogen) verstärkt wurde. Nachdem alle Einheiten vollständig eingetroffen waren, konnte am 02.06. um 18.00 Uhr der Gesamteinsatzleitung des Landkreises Garmisch-Partenkirchen das Kontingent in voller Stärke einsatzbereit gemeldet. 

Die nächsten Tage waren ausgefüllt mit Ausbildung z.B. zur Versorgung von Patienten, nach Tränengas/Pfefferspray-Einsatz durch die Polizei oder durch andere Chemikalien, welche auf der Seiten von gewaltbereiten Demonstranten zum Teil eingesetzt werden. Weitere Ausbildungsthemen waren Deeskalation, nichtärztliche Vorsichtung bei einem Massenanfall von Verletzten, aber auch allgemeine Themen wie Kartenkunde oder eine dynamische Patientensimulation. Diese freiwilligen Schulungen wurden mehrmals angeboten und von den rund 350 am Werdenfels-Gymnasium stationierten Kräften nahmen 280 Helfer interessiert und engagiert teil. Ab dem 03.06. musste auf Weisung des Örtlichen Einsatzleiters (der vom BRK in Garmisch-Partenkirchen gestellt wurde) ein 24-Stunden Alarmierungsplan aller Einheiten in einem rollierenden Verfahren aufgestellt werden.

Ziel war es, bei Anforderung durch die Einsatzleitung innerhalb kürzester Zeit aus allen gestellten Komponenten mindestens eine SEG im Einsatz zu haben. Ebenfalls ab diesem Datum wurde eine Sanitätsstation im Gymnasium zur Versorgung der eigenen Kräfte und teilweise auch der Polizei bzw. von Anwohnern betrieben. So fand sich z.B. am Mittwochnachmittag ein älterer Garmischer Bürger ein der verzweifelt auf der Suche nach einem Arzt war, da auf Grund des bevorstehenden Gipfels und des Feiertages bzw. Brückentages nach seinen Angaben kein Arzt mehr auffindbar war und er eine Verletzung hatte.

Nachdem für die am Freitag (05.06.) und Samstag (06.06) in Garmisch stattfindenden Demonstrationen mit großer Beteiligung auch von autonomen und gewaltbereiten Demonstranten gerechnet wurde, war die Stimmung vor der Großdemo am Donnerstag in München bei den Verantwortlichen von Polizei, BRK und Landratsamt sehr angespannt. Obwohl diese Veranstaltung sehr friedlich verlief, wurde doch mit einer ebenso großen Beteiligung am Samstag gerechnet. Da die Verkehrssituation durch den Verlauf der Demostrecke enorm angespannt war, entschloss sich die Einsatzleitung die Kontingente zu teilen und verlegte die eine Hälfte unter der Leitung von Christian Schwarz (MHD) und Klaus Müller (BRK) an den BRK Kreisverband in Garmisch, während die andere Hälfte einsatzbereit d.h. bei den Fahrzeugen unter der Leitung von Jürgen Zosel mit Unterstützung durch Karina Schmuck (jeweils BRK) am Werdenfels-Gymnasium blieb. Stefan Hurzlmeier und Hubert Langmantl (jeweils MHD) koordinierten dies von der Führungsstelle aus und hielten den Kontakt zwischen der örtlichen Einsatzleitung und den Einheiten vor Ort.

Der große Demozug am Samstag führte direkt am Werdenfels-Gymnasium vorbei, so dass diese Einheiten mitten im Geschehen waren. Schnell nahmen die sog. „Demosanitäter“ (also der Sanitätsdienst der Demonstranten) Kontakt mit den BRK/MHD Einheiten auf, um uns auf ihre Probleme (zu wenig Trinkwasser, Kreislauf) aufmerksam zu machen und um Unterstützung zu erhalten. So wurden dann z.B. mit Hilfe der Polizei auf der Demonstrations-strecke Wasserausgabestellen organisiert, im weiteren Verlauf vorsorglich Einheiten abgerufen und im Stadtgebiet als „mobile Sanitätsstation“ positioniert. Nachdem es dann im weiteren Verlauf zu den bekannten Auseinandersetzungen gab, mussten durch die Kontingente auch Patienten versorgt und transportiert werden. Das aufziehende Unwetter beendetet die Demonstration dann früher als geplant, lies aber die Planungen für eine mögliche Evakuierung des „Camp Loisach“ und eine anschließende Betreuung bei der Kontingentführung anlaufen, bis der Campbetreiber dann frühzeitig bekannt gab, dass keine Evakuierung notwendig bzw. gewünscht sei.

Am Sonntag setzten die Demonstranten dann den am Vortag angekündigten „Sport- und Wandertag für Polizisten“ in die Tat um und hielten spontan in kleinen Gruppen Sitz-blockaden, was wiederrum zur Anforderung von Einheiten und auch einer Führungskraft zur Lageerkundung führte. Alles in allem verlief dieser Tag aber friedlich, auch weil sowohl Demonstranten als auch Polizisten sich gegenseitig respektvoll verhielten.

Am Montag entspannte sich die Lage mit der Abreise der Staatsgäste, und es wurde mit dem Rückbau des Werdenfels Gymnasiums begonnen, da die Abverlegung für Dienstag, 09.06. um 08.00 Uhr von der Einsatzleitung freigegeben wurde. Der Rückbau wurde unter Hochdruck durchgeführt, da bereits am Mittwoch wieder für 900 Schüler des Gymnasiums der reguläre Schulbetrieb laufen musste.

Insgesamt wurden rund um das Gipfeltreffen 358 Patienten durch 1.500 Helfer mit 352 Einsatzfahrzeugen versorgt. Die für eine so große Veranstaltung relativ geringen Einsatzzahlen sind zu einem gewissen Teil auch den Gipfelgegnern zu verdanken, die von Gewaltaktionen weitgehend abgesehen und einen friedlichen Protest gezeigt haben, aber natürlich auch dem besonnenen Handeln der Polizeikräfte.

Neben der Kontigentführung hatten auch die Verpflegungseinheit des MHD aus Straubing und der BRK-Trupp aus Gossersdorf einen großen Anteil am Erfolg des Einsatzes: Da es auf Grund der Verkehrs- und Sicherheitslage in Garmisch logistisch für die Quartiersmeisterei aus Schwaben eine große Herausforderung war, eine Schule als „Hotel“ mit drei Mahlzeiten am Tag zu betreiben, wurden unsere Helfer zur Unterstützung bei der Essenausgabe bzw. der Zubereitung von Frühstück und Abendessen eingesetzt. Jede Einsatzkraft weiß, dass die alte Militärweisheit „ohne Mampf kein Kampf“ auch bei Hilfsorganisationen gilt und dass dies aber oftmals die undankbarste („es schmeckt mir nicht“) und unbeliebteste und an-strengendste (um 5 Uhr aufstehen und um 1 Uhr ins Bett) Arbeit ist. Norbert Gruber (MHD Straubing) und Hubert Kienberger bzw. Josef Sterr (BRK Gossersdorf) und ihre Helfer haben aber nach Straubinger-Manier „Hand in Hand“ zusammengearbeitet und oftmals das Unmögliche möglich gemacht und so vielleicht mehr zur Sicherheit der Mächtigen der Welt, der Einsatzkräfte und der Garmischer Bürger beigetragen, als ihnen vielleicht bewusst ist. 

Ebenfalls wurden zwei Helferinnen des BRK Bogen am Samstag/Sonntag kurzfristig auf Grund Erkrankung im Bereich Krün zur Verstärkung der dortigen Betreuungs- und Verpflegungskräfte eingesetzt.

Ergänzende Informationen:

Das „Hilfeleistungskontingent Standard“ bzw. „Transportkontingent“ wurde erstmals zur Fussball-WM 2006 eingesetzt und ist seitdem eine feste Größe im Katastrophenschutzes des Freistaats Bayern. Auch beim Hochwasser 2013 waren diese Einheiten im Einsatz. Grundlegende Aufgabe eine „Standardkontingents“ ist es, bei einem Massenanfall von Verletzten einen Behandlungsplatz zu errichten, der bis zu 150 Patienten innerhalb von 3 Stunden erstversorgen und bis zum Abtransport in ein Krankenhaus stabilisieren kann. Die Einheit kann auch in mehrere Züge aufgeteilt werden, um z.B. mobile Sanitätsstationen oder Unfallhilfsstellen zu errichten. Dazu besteht diese Einheit aus mehreren Schnelleinsatzgruppen Behandlung, sowie Notfallkrankenwagen – mit diesen Einheiten und den zugehörigen Logistik- und Führungskomponenten hat ein Standardkontingent eine Größe von bis zu 125 Helfern incl. 6 Ärzten.

Ein „Transportkontingent“ besteht aus 20 Krankenkraftwagen Typ B „Notfallkrankenwagen“, deren vordringliche Aufgabe der Transport von leicht- und mittelschwer verletzten Patienten zu einem Behandlungsplatz oder in ein Krankenhaus ist. Bis zu 46 Helfer sind hier im Einsatz. 

Straubing-Bogen