Im Gespräch mit CRS-Veranstalter Martin Altmann
18 Jahre Chiemsee Reggae Summer - Ein Resümee

06.07.2017 | Stand 27.07.2023, 0:40 Uhr

Der Chiemsee Reggae Summer wird volljährig. Im Gespräch mit dem Wochenblatt erinnert sich Veranstalter Martin Altmann an die wilden Anfangszeiten zurück, blickt in die Zukunft und erklärt ganz nebenbei auch die Gemeinsamkeiten von Chiemgauern und Jamaikanern.

ÜBERSEE Vor 18 Jahren wurde erstmals ein Reggae-Festival in Übersee am Chiemsee gefeiert. Niemand rechnete damals damit, dass das Festival bald einen legendären Ruf haben würde. Heute ist der CRS (Chiemsee Reggae Summer) Europas größte Veranstaltung dieser Art. Die Fans lieben das Festival und auch die Stars sind begeistert. Für Shaggy ist der CRS das „schönste Festival” Europas. Anlässlich des 18. Geburtstages unterhielten wir uns mit CRS-Veranstalter Martin Altmann.

Herr Altmann, 1995 war die Premiere des Chiemsee Reggae Summers. Versuchen Sie doch bitte mal, den 1. CRS kurz aus Sicht des Veranstalters zu charakterisieren, ihn zu beschreiben.

Martin Altmann: Das erste Festival war noch wild und ursprünglich. Man könnte fast sagen: Ein letzter Nachhall der Hippiezeit ...

18 Jahre Chiemsee Summer Reggae Festival. Eine lange Zeit. Wie fühlt man sich als Veranstalter denn, wenn so ein Festival volljährig wird?

Martin Altmann: Kaum zu glauben wie schnell die Zeit vergeht. Heute sind die Kinder der CRS-Besucher aus den Anfangstagen unsere Gäste. Mehr muss man nicht sagen, oder?

Am 24. August beginnt nun der ausverkaufte 18. CRS. Das Festival wird volljährig. Angekündigt wurde eine große Geburtstagsfete, auch das ZDF ist mit dabei. Was bedeutet der 18. CRS für Sie persönlich?

Martin Altmann: Viel Arbeit und viel Freude. Beides auch deshalb, weil wir dabei sind, das Festival komplett umzubauen.  Unser erklärtes Ziel: Wir wollen nicht nur das größte Reggae-Festival Europas sein, sondern auch das in seiner Ökobilanz beste, also das „grünste” Festival Europas werden. Bei allen, die daran beteiligt sind, hat sich Aufbruchstimmung breit gemacht. Es herrscht ein Idealismus, wie in der Anfangszeit ...

Wie kamen Sie eigentlich auf die Idee, ein Reggae-Festival dieser Art im Chiemgau zu veranstalten?

Martin Altmann: Der Chiemgau ist ein sehr musikalischer Landstrich mit viel echter Volksmusik. Die Chiemgauer sind in ihrem Wesen entspannt und gelassen. Sie sind freiheitsliebend. Wenn diese Lebensart bedroht wird, dann kann der Chiemgauer aber auch rebellisch werden. Das trifft auch auf die Lebensart der Jamaikaner zu. Fast schon zwangsläufig musste also ein solches Festival genau hier in Übersee im Herzen des Chiemgaus entstehen. Das passt einfach.

Ganz spontan, Herr Altmann: Was war ihr persönliches positives Highlight in 18 Jahren CRS?

Martin Altmann: Die breite Unterstützung der Überseer Bevölkerung, vor allem durch die zahlreichen Landwirte, die uns ihre Wiesen zur Durchführung des Festivals anvertrauen. Nicht zu vergessen der Weitblick des damaligen Überseer Bürgermeisters Peter Stöger. Er erkannte sehr schnell das touristische Potenzial des Festivals.

Und welches Ereignis war das Negativste?

Martin Altmann: Das war ganz klar im Jahr 1999. Da investiert man ein ganzes Jahr in die Vorbereitung, und dann versinkt das gesamte Gelände im Schlamm ...

Oh ja. Der CRS und die Gummistiefel: Wer der Anfangszeit des CRS kennt, erinnert sich an die legendären Schlammschlachten zurück. Die sind inzwischen jedoch passe. Was erwartet die Besucher heuer?

Martin Altmann: Das gesamte Innengelände wurde unter ökologischen Gesichtspunkten umgebaut. Man hat den Platz entwässert und eine Kanalisation eingezogen. Magerrasen wurde gesät, eine Blumenwiese angelegt. Bäume und Sträucher wurden gepflanzt. Schon jetzt kann ich ein ganz neues Festivalerlebnis versprechen.

Zehntausende Besucher kommen jährlich zum CRS. Wie schafft man es, den Verkehr so zu regeln, dass kein Chaos entsteht?

Martin Altmann: Mit Daniel Schlatter haben wir einen der europaweit führenden Experten in Sachen Verkehrsführung in unserem Team. Gemeinsam mit den örtlichen Verkehrsbehörden sind im Laufe der Jahre Verkehrskonzepte erarbeitet worden, die einen weitgehend reibungslosen Verkehrsfluss ermöglichen. Kleinere Behinderungen und kurzfristige Stauungen können bei so einem Festival jedoch nicht ganz ausgeschlossen werden. Dafür wollen wir die betroffenen Verkehrsteilnehmer um Verständnis bitten.

Apropos Verkehr: Busse und Züge spielen beim CRS eine wichtige Rolle. Inwiefern?

Martin Altmann: Über 60 Prozent unserer Gäste reisen mit der Bahn an. Da ist der CRS im Vergleich mit anderen europäischen Festivals einsame Spitze.  Das von uns in Zusammenarbeit mit Bahn und der RVO-Traunstein bereits vor zehn Jahren  entwickelte Verkehrskonzept war völlig neu und hat Vorbildfunktion weit über die Grenzen der Region hinaus.  So basiert etwa das  Verkehrskonzept für die  Ski-WM in Garmisch auf unserem integrierten Verkehrskonzept und unseren langjährigen Erfahrungen auf diesem Gebiet.

Festivals, Reggae, Alkohol, Drogen ... Für viele scheint das immer noch zusammen zu gehören. Die Polizei wacht sei jeher mit Argusaugen über den CRS. Was kann man als Veranstalter in diesem Zusammenhang tun?

Martin Altmann: Der Alkohol und Drogenkonsum ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Dieses Problem mit einer Musikrichtung zu verbinden ist überholt und ein Denk-Muster aus vergangenen Zeiten. Wir unterstützenden jedoch alle Maßnahmen von behördlicher Seite sowie die Anstrengungen karitativer Einrichtungen, um dieses gesamtgesellschaftliche Problemen zu bekämpfen.

Den CRS zu veranstalten, ist eine organisatorische und logistische Meisterleistung, zu der man nur gratulieren kann. Wie viele Personen sind an der Organisation beteiligt? Wie lange dauert die Vorlaufzeit?

Martin Altmann: Wir arbeiten das ganze Jahr daran. Inklusive Gastronomie und Sicherheitsdienst sind dann am eigentlichen Festivalwochenende bis zu 1000 Personen beschäftigt.

Der CRS ist eines der europaweit wichtigsten Reggae-Festivals. Haben Sie 1995 damit gerechnet, dass der CRS irgendwann Kult-Status erreicht?

Martin Altmann: Nein, so etwas ist uns gar nicht in den Sinn gekommen. Wir haben einfach versucht, unser Bestes zu geben ein schönes und musikalisch interessantes Festival-Wochenende zu schaffen.

Das ist zweifellos gelungen. Das Line up beim CRS ist in der Regel großartig, viele Band und Interpreten kommen immer wieder. Haben Sie einen persönlichen Favoriten?

Martin Altmann: Eindeutig Shaggy.  Wie viele andere Interpreten liebt auch Shaggy den CRS. Er hat unsere Veranstaltung schon mehrmals als schönstes Festival Europas bezeichnet. Heuer tritt er zum siebten Mal beim CRS auf.

Vom eintägigen, reinen Musikfestival zum mehrtägigen Spektakel mit umfangreichen Entertainment-Programm: Für viele Besucher ist Camping mit Chiemsee Reggae Summer Pflicht. Wissen Sie noch, wie groß das Veranstaltungsgelände 1995 war? Und wie groß ist es jetzt?

Martin Altmann: In den Anfangszeiten spielte sich alles auf bescheidenen ein bis zwei Hektar ab. Mittlerweile haben wir beim Chiemsee Reggae Summer einen Flächenbedarf von circa 50 Hektar. (Anmerkung der Redatkion: Das sind sage und schreibe 50.000 Quadratmeter!)

Seit 2008 findet sozusagen als Intro des CRS das Chiemsee Rocks statt. Auch hier ist die Auswahl der Bands exzellent. Wie kam es zu Chiemsee Rocks?

Martin Altmann: So manche Rockband ist privat beim Chiemsee Reggae Summer zu Gast. Die Musiker genießen die Atmosphäre und nutzen die Gelegenheit, hier Branchenkollegen zu treffen. Die Toten Hosen zum Beispiel beehren uns seit vielen Jahren immer wieder. Irgendwann dachten wir uns dann: Wenn die Bands eh schon da sind, dann können sie auch auftreten ... Aus dieser zunächst nicht ganz ernst gemeinten Idee entstand das Chiemsee Rocks Festival.

Sind außer dem Chiemsee Reggae Summer und dem Chiemsee Rocks noch andere Festivals geplant?

Martin Altmann: Auf keinen Fall in Übersee. Da sind wir mit den beiden Festivals und dem bereits erwähnten Umbau hin zu den ökologischen Festivals genug beschäftigt. Die Devise lautet: Qualität statt Quantität.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Altmann

Berchtesgadener Land