Projekt Moses
13 Frauen brachten anonym ein Baby in Regensburg zur Welt

01.05.2018 | Stand 13.09.2023, 6:54 Uhr
−Foto: n/a

13 Frauen haben seit Bestehen des Projekts Moses ein Kind anonym zur Welt gebracht, das heißt, das Kind wird ihren Namen nie erfahren. Drei Frauen haben sich entschieden, dass ihr Kind mit 16 ihren Namen erfährt. Doch was bringt Frauen dazu, ein Kind anonym zu bekommen?

REGENSBURG Das berühmteste Findelkind der Menschheitsgeschichte ist wohl Moses: Der Mann, der seinem Volk die Zehn Gebote brachte, wurde in einem Weidekorb am Ufer des Nils gefunden von einer Pharaonen-Tochter.

Kein Wunder also, dass auch heute ein Projekt „Moses“ heißt, das sich um Frauen bemüht, die ihr Kind anonym zur Welt bringen wollen. Doris Schiller, die Leiterin von Donum Vitae in Regensburg, begleitet das Projekt seit seiner Gründung 1999.

Hinzugekommen ist nun neben der anonymen auch die vertrauliche Geburt. „Wenn die Frau in ihrer derzeitigen Situation kein gemeinsames Leben mit dem Kind führen kann und niemand von ihrer Schwangerschaft wissen darf, hat sie auch bei der vertraulichen Geburt die Möglichkeit ihre Identität zu schützen“ erzählt Frau Schiller. Die betroffene Schwangere bleibt unter einem Pseudonym gegenüber Ämtern, dem Krankenhaus und allen Beteiligten anonym, nur die Beraterin der Schwangerenberatungsstelle erfährt ihren wirklichen Namen. Dieser wird verschlossen in einem Umschlag beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben aufbewahrt. Im Gegensatz zur anonymen Geburt, bei dem das Kind später keine rechtlich gesicherte Möglichkeit hat, seine Mutter kennenzulernen und mit ihr in Kontakt zu kommen, kann das Kind bei der vertraulichen Geburt mit 16 Jahren den Namen der Mutter erfahren. „Wir begrüßen es sehr, dass eine gesetzliche Regelung für Frauen in diesen Ausnahmesituationen geschaffen wurde“, so Schiller von Donum Vitae.

In den letzten Jahren seit Einführung des Projekts Moses sind in Regensburg 13 Babys anonym zur Welt gekommen. Ihre Mutter hat sich dafür entschieden, dass das Neugeborene später zunächst nicht erfahren soll, wer die Mutter ist. „Sieben haben diese Anonymität später aufgegeben und haben sich gemeldet“, so Schiller. Drei vertrauliche Geburten fanden statt.

„Oft ist es die Furcht vor sozialer Ächtung“

Doch warum entscheiden sich Frauen überhaupt dafür, ihr Kind anonym zur Welt zu bringen? Doris Schiller kennt viele Gründe: „Die Ächtung durch das soziale Umfeld, etwa die Eltern, Gewalterfahrung oder deren Androhung, die Angst um das eigene Leben, der Verlust des Partners, die Stigmatisierung durch die bisherige Lebensgeschichte oder eine akute Lebenskrise können die Gründe dafür sein“, so die Beraterin.

Doch auch Mütter, die ihr Kind anonym geboren hatten und immer noch nicht wollten, dass ihr Kind ihre Daten erfährt, wandten sich weiter an Donum Vitae. „Ihnen war wichtig, dass das Kind bei Eltern liebevoll aufwachsen kann“, so Schiller. Für ihre weitere Lebensplanung „fühlten sie sich durch die Möglichkeit, dass das Kind Kontakt aufnehmen könnte, bedroht“. Dass die Möglichkeit, anonym begleitet zu entbinden, auch neben der vertraulichen Geburt weiterhin in Anspruch genommen wird, zeigt, dass für manche Frauen beide Beratungs- und Hilfsangebote im Moses-Projekt notwendig sind. „Wir wollen und müssen gerade diese Frauen erreichen, die eine panische Angst davor haben, dass ihnen im Fall des Bekanntwerdens ihrer Schwangerschaft physische und psychische Gewalt angetan wird“, fügt Schiller an. „Es sind Frauen, die von Ausnahmesituationen in Krisen gestürzt werden, die sie ohne fachlichen Beistand nicht bewältigen können.“

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