Interview mit Schlangen-Experten Jürgen Hergert
100 Tage mit 24 Giftschlangen in einem Käfig

06.07.2017 | Stand 27.07.2023, 20:16 Uhr

Giftschlangen sind hinterhältig und angriffslustig? Stimmt nicht, sagt der Schlangen-Experte Jürgen Hegert. Er muss es wissen, denn er verbrachte 100 Tag mit 24 Giftschlangen in einem Käfig.

TRAUNREUT Spinnen, Schlangen, Skorpione – beim Gedanken diesen Artgenossen läuft es vielen eiskalt den Rücken herunter. Vom 9. bis 20. Oktober präsentiert die Traunpassage Traunreut eine Ausstellung der Nordharzer Schlangenfarm Schladen. Die mehrmals täglich stattfindenden Vorführungen, in die auch das Publikum einbezogen werden, versprechen Nervenkitzel pur.

Scheinbar spielerisch präsentiert der in Südafrika geborene Exoten-Experte Jürgen Hegert seine Riesenschlangen, Giftschlangen und Spinnen. Die Zuschauer werden die Möglichkeit haben, Schlangen zu streicheln und Spinnen in die Hand zu nehmen.

Diese schaurig-schönen Präsentationen finden in der Zeit von 23. Oktober bis 3. November mehrmals täglich statt. Kindergärten, Schulen und Gruppen können sich gerne telefonisch unter Tel. 08669-13564, Fax: 08669-13579 bzw per E-Mail an robert.maerz@edeka.de anmelden, um ganz besonderen Biologie-Unterricht live zu erleben.

Jürgen Hergert, geboren in Südafrika, ist bekannt als Natur- und Artenschützer, Abenteurer, Schlangenzüchter und häufiger Safari-Gefährte von Bernhard Grizmek. Außerdem ist er Gui­ness-Weltrekordhalter (100 Tage und Nächte mit 24 Giftschlangen in einem Käfig), Filmemacher und Besitzer der größten Schlangenfarm Europas.

Von den mehr als 1.600 Tieren, die auf dieser Farm leben, zeigt die Ausstellung in einem eigens dafür gebauten Afrika-Haus 30 bis 40 Arten, unter dem auch Kobras, Klapperschlangen, Ottern und Vipern sind. Dazu kommen verschiedene Arten von Riesenschlangen, Netzpython, Tigerpython sowie Spinnen und Skorpione. Sie alle können in ausbruchsicheren Terrarien besichtigt werden.

Jürgen Hergert, der selbstverständlich in Besitz einer Erlaubnisbescheinigung gemäß Tierschutzgesetz ist, möchte mit seiner Ausstellung um Verständnis für die weder hinterhältigen noch angriffslustigen Tiere werben.

Ein Interview mit Jürgen Hergert:

Eines vorweg, Herr Hergert. Was erwartet die Besucher der Exotenpräsentationen in der Traunreuer Traunpassage?

Jürgen Hergert: Wir errichten dort ein Afrikahaus, in dem Giftschlangen aus vier Kontinenten zu sehen sind. Klapperschlangen, Ottern, Kobras und Vipern, dazu kleinere Arten von Riesenschlangen. Zudem sind Skorpione und Spinnen aus der ganzen Welt zu sehen. Star der Präsentation ist die zweiköpfige präparierte Schlange Eddi, die in den USA gelebt hat.

Die Besucher der Ausstellung werden in die Präsentationen integriert. Was muss man sich darunter vorstellen?

Hergert: Es gibt täglich drei Vorführungen und die Besucher, vor allem die Kinder, haben die Gelegenheit, Schlangen anzufassen. Präsentiert werden nur ungiftige Schlangen. Wir möchten zeigen, wie schön die Tiere sind und vermitteln, wie wichtig Artenschutz ist. Außerdem klären wir darüber auf, welche medizinischen Möglichkeiten man mit Schlangengift hat.

Heißt das, dass Schlangengift nicht nur gefährlich ist, sondern auch heilen kann?

Hergert: Genau. Man kann aus dem Gift von Schlangen auch Antiseren, also Gegengifte, herstellen und viele Krankheiten wie etwa Krebs, Rheuma, Gicht, Gelenkentzündungen, Ischias-Probleme, können effektiv mit stark verdünntem Schlangengift behandelt werden.

Die private Haltung von Exoten boomt in Deutschland. Viele dieser Hobby-Terrarier interessieren Aspekte wie Artenschutz oder artgerechte Haltung überhaupt nicht ...

Hergert: Das liegt meiner Meinung nach an der fehlenden Aufklärung. Zudem kann man meines Erachtens diesen Leuten nicht unbedingt die Schuld geben. Wer in Deutschland lebt, hat sehr viel Urlaub. Überhaupt hat die Freizeit einen sehr hohen Stellenwert bei uns. Mit einem Hund als Haustier kann man aber nicht ohne weiteres in den Urlaub fahren. Bei einer Schlange ist das schon anders, denn sie kann problemlos drei Wochen in ihrem Terrarium alleine sein und überleben. Zudem kommt man meiner Meinung nach dank unserer Behörden und der Europäischen Union zu einfach an Exoten.

Wie meinen Sie das, Herr Hergert?

Hergert: Nun, die Möglichkeit, ohne Grenzkontrollen vom Süden der EU bis in den Norden hinauf zu fahren, ist für uns als Bürger natürlich eine tolle Sache. Doch Schlangen und anderen Exoten hat die EU das Genick gebrochen. Der Tierschmuggel hat inzwischen unvorstellbare Ausmaße angenommen. In Gibralta/Spanien etwa kommen die Tiere mit dem Schiff aus Afrika an. Man kann Schmugglern dabei zusehen, wie sie die Tiere in ihren Fahrzeugen verstecken. Über die Autobahnen werden die Exoten dann bei Bedarf ungehindert bis nach Skandinavien hinauf gebracht.

Was kann man Ihrer Meinung nach dagegen tun?

Hergert: Die Behörden sind gefragt. Wer ein exotisches Tier als Haustier anmeldet, der sollte ebenso strikt kontrolliert werden, wie Schlangenfarmen oder Zoos überwacht und regelmäßig kontrolliert werden. Die Ärzte der Veterinärämter müssten speziell für den Umgang mit Exoten geschult werden. Wir brauchen einfach mehr Kontrollen und härtere Strafen für Exotenschmuggler. Außerdem müsste es eine bundesweit geltende gesetzliche Regelung für den Erwerb von exotischen Tieren geben. Momentan wird die Frage, ob ich Exoten halten darf, von Land zu Land, von Gemeinde zu Gemeinde verschieden geregelt. Das kann doch nicht sein, oder?

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Hergert.

Berchtesgadener Land