Hohe Geldstrafen verhängt
10 Jahre Ultras Black Side”: Teures Nachspiel für drei Wacker-Fans

08.07.2017 | Stand 14.05.2024, 4:48 Uhr |

Die Geburtstagsfeier der Ultras Black Side eskalierte in der Nacht vom 31. Mai auf 1. Juni 2013. Gegen drei Beschuldigte wurden hohe Geldstrafen verhängt.

ALTÖTTING/MÜHLDORF In 30 Jahren Polizeiarbeit sei ihm eine derartige Bedrohungssituation bisher nicht untergekommen – das gab der für den 31. Mai 2013 diensthabende Gruppenleiter der PI Burghausen am Mittwoch, 13. März, vor dem Amtsgericht Altötting zu Protokoll. In einer über achtstündigen Verhandlung gegen drei Miglieder der Ultras Black Side Burghausen versuchten Richter Dr. Warga und der Staatsanwalt Schmidt Licht ins Dunkel der dramatischen Vorgänge in der Burghauser Altstadt in der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni 2013 zu bringen. Das Wochenblatt berichtete ausführlich in der Printausgabe sowie online unter www.wochenblatt.de/183329, www.wochenblatt.de/183530 sowie www.wochenblatt.de/184183).

Rückblick: Am 31. Mai 2013 „feierten” die Ultras Black Side ihr 10-jähriges Bestehen in der Burghauser Altstadt. Wegen Ruhestörung über seinem Lokal alarmierte ein bekannter Szenewirt die Polizei. Was danach passierte, hat wohl bedrohliche Ausmaße angenommen. Den Stein ins Rollen brachte die mutwillige Beschädigung eines Polizeifahrzeuges. Nach Angaben der PI wurden nicht nur die Spiegel abgetreten, sondern die Frontscheibe eingeschlagen sowie Türen, der Kotflügel und das Fahrzeugdach so mit Dellen versehen, dass ein Gesamtschaden von 7500 Euro am Fahrzeug entstand. 

Als der mutmaßliche Täter – er ist inzwischen wegen Mangel an Beweisen rechtskräftig freigesprochen – in einer Gaststätte in den Grüben vorläufig festgenommen wurde, sollen sich, laut Anklage, mindestens 15, teilweise vermummte, Personen mit ihm sympathisiert haben. Vor der Gaststätte wurden die Polizeibeamten, das gaben mehr als ein Dutzend Beamte, die als Zeugen geladen waren, zu Protokoll, massiv körperlich bedrängt, tätlich angegriffen, massiv bedroht sowie aufs Übelste beschimpft worden zu sein. Die drei Beschuldigten im Alter zwischen 24 und 26 Jahren aus Burghausen und Mühldorf  sollten, so die Staatsanwaltschaft, sich daran beteilgt haben, den mutmaßlichen Randalierer K. aus dem polizeilichen Gewahrsam zu befreien. Im Zuge der Auseinandersetzungen wurden zwei Beamte verletzt, ein Polizist mit Bier überschüttet sowie mehrere Beamte nicht nur beschimpft, sondern sogar mit dem Tode bedroht.

Ein weiterer Anhänger der „UBS” (Name der Redaktion bekannt, gegen ihn wird noch gesondert verhandelt), soll versucht haben, den Festgenommenen K. zu befreien. Bei der Aktion kam ein Polizeibeamter zu Sturz. Ruhe herrschte auch danach nicht, da am 1. Juni gegen 3 Uhr Teile der Gruppe die Dienststelle der Polizei Burghausen belagerten und lautstark die Freilassung von K. forderten.

Im Zuge der polizeilichen Ermittlungen wurden unter anderem bei den drei Beschuldigten Hausdurchsuchungen durchgeführt, bei denen eine Vielzahl an illegalen pyrotechnischen Erzeugnissen sichergestellt wurden. Bei dem Mühldorfer Elektriker Z. wurde darüber hinaus 1 Gramm Marihuana sowie 1 Gramm Cannabissamen gefunden. Fündig wurden die Beamten auch beim Burghauser F.: Der Angeschuldigte befand sich im Besitz von 5 Gramm Cannabis, 28,5 Gramm Cannabispflanzen und 1,9 Gramm Haschisch. Die Pflanzen hatte der Angeschuldigte selbst aufgezogen.

Zu Beginn des Prozesses vor dem Amtsgericht Altötting wollten die drei jungen Männer, der gebürtige Österreicher W., der Mühldorfer Z. sowie der Burghauser F. keine Angaben zur Sache machen. Ihnen wurde von der Staatsanwaltschaft unter anderem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit versuchter Gefangenenbefreiung, Landfriedensbruch in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und unerlaubtem Umgang mit explosionsartigen Stoffen vorgeworfen.

Im Zuge der fast achtstündigen Befragung der mehr als ein Dutzend Beamten in der Tatnacht vor Ort waren, stellte es sich zunächst sehr schwierig heraus, bestimmte Tatbeiträge bestimmten Personen zuzuordnen. Bis kurz vor Schluss war die Frage nicht abschließend beantwortet, ob überhaupt alle drei Angeklagten vor Ort waren. Für Licht ins Dunkel sorgte die Aussage eines Polizeibeamten des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, der erklärte, dass alle Drei dabei waren. Einer, (der Mühldorfer Z.) sei ihm allerdings nicht negativ aufgefallen. Ein anderer (der Burghauser F.) habe „herumgeschrieen” und sei „herumgesprungen”. Der dritte Angeklagte, der auch von anderen Beamten als „Rädelsführer” ausgemacht wurde (W. aus Burghausen) hätte unter anderem einen Polizisten mit den Worten „Wir besuchen dich. Du hast verspielt” bedroht.

Während alle drei Verteidiger auf Freispruch für ihre Mandanten plädierten, auch der Besitz der pyrotechnischen Erzeugnisse sei nicht nachweisbar, sie könnten untergeschoben worden sein, beantragte der Staatsanwalt Schmidt für zwei Beschuldigte Bewährungsstrafen. Für den von den drei Angeklagten als am stärksten in Erscheinung Getretene W. aus Burghausen beantragte Schmidt 1 Jahr und 4 Monate, für F. aus Burghausen 1 Jahr und 2 Monate, die zur „natürlich” zur Bewährung auszusetzen sind. Vom Vorwurf der Tatbeteiligung wurde der Mühldorfer Z. vom Staatsanwalt freigesprochen. Allerdings beantragte er wegen der Pyrotechnik sowie des Besitzes von Betäubungsmitteln eine Geldstrafe.

Richter Dr. Warga verurteilte schließlich W. aus Burghausen zu einer einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50 Euro, Z. aus Burghausen zu einer Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen je 27 Euro sowie den Mühldorfer F. zu einer Geldstrafe von 65 Tagesätzen a 45 Euro. Vom Vorwurf der Beteiligung an der versuchten Gefangenenbefreiung wurde der Mühldorfer freigesprochen.

Dass die beiden anderen Angeklagten mit einer, wenn auch deftigen Geldstrafe davonkamen, ist der Tatsache geschuldet, dass Richter Dr. Warga den Vorwurf der Körperverletzung als nicht erwiesen ansah. Die Tatbestände des Landfriedensbruchs, der Beleidigung, der versuchten Gefangenenbefreiung und der Bedrohung sah der Richter durch einen „ausreichenden Beitrag” indes erfüllt. Dr. Warga legte den Angeklagten positiv aus, dass sie strafrechtlich nicht oder kaum in Erscheinung getreten sind.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Anwälte eine Woche Zeit haben, Rechtsmittel einzulegen.

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