„Darauf kann der EVL sehr stolz sein“
Im Interview: Marco Sturm über die Playoffs, die Landshuter Meister-Youngster und seine NHL-Favoriten

24.04.2024 | Stand 24.04.2024, 9:28 Uhr
Andreas Forster

Eishockey-Trainer Marco Sturm: Mit seinen Ontario Reign fiebert der Dingolfinger den AHL-Playoffs entgegen. − Foto: Imago Images

Egal ob im Basketball oder Eishockey: In Nordamerika herrscht Ausnahmezustand, da die Playoffs in den beiden Sportarten begonnen haben. Mittendrin ist Marco Sturm (45), der in der AHL mit dem Farmteam der Los Angeles Kings, den Ontario Reign, um den Calder Cup mitspielt.

Vor dem letzten Vorrundenspiel am Sonntagabend gegen die Colorado Eagles stand der Dingolfinger zu Themen wie den eigenen Zielen, den NHL-Playoffs sowie dem Triumph der DNL-Mannschaft des EV Landshut Rede und Antwort.

Herr Sturm, in Nordamerika hat soeben die schönste Zeit im Eishockeyjahr begonnen. Wie hoch ist die Anspannung bei Ihnen vor den Playoffs?
Marco Sturm: Ich freue mich einfach, weil jetzt die Saison noch einmal ganz von neu beginnt. Jedes Team hat die Chance, die Trophäe in den Händen zu halten. Das ist der enorme Reiz an den Playoffs und ganz ehrlich: Für dieses Ziel arbeitet man das ganze Jahr letzten Endes hin.

In der Hauptrunde belegte Ihr Team den dritten Platz in der Pacific Division der AHL. Sind Sie zufrieden damit?
Sturm: Es lief auf jeden Fall besser als erwartet. Es ist nicht immer einfach, im Farmteam als Coach zu arbeiten, weil du nie weißt, welche Spieler dir zur Verfügung stehen. Demzufolge hat der komplette Trainerstab und auch die Mannschaft in dieser Saison einen sehr guten Job gemacht. Wir haben das bestmögliche herausgeholt und viele junge Spieler näher an die NHL herangeführt.

Der Gegentorschnitt liegt bei knapp über 2,5 Toren pro Spiel. Legt der ehemalige Offensivspieler demzufolge viel Wert auf die Defensivarbeit?
Sturm: Als Spieler war mir als klassischen Zwei-Wege-Stürmer die Defensivarbeit keineswegs fremd (lacht). Auch in der Nationalmannschaft war mir eine gute Defensivarbeit immer sehr wichtig, weil ich weiß, dass man damit Meisterschaften und Cups schon eher gewinnen kann. Da brauchst du eine gute Arbeit in beiden Zonen und das ist uns in dieser Saison bis dato sehr gut gelungen.

In den Playoffs geht es nun gegen Bakersfield oder Calgary. Zwei unterschiedliche Teams, die euch alles abverlangen werden…
Marco Sturm: Absolut. Calgary hat den Vorteil, dass die Flames nicht mehr in den Playoffs sind und somit können sie auf alle Spieler zurückgreifen. Sie sind ein sehr körperliches Team. Da gilt es dagegenzuhalten. Bakersfield spielt ein sehr technisches Eishockey. Somit haben beide Gegner ihren Reiz.

Helfen Ihrem Team die letzten Vergleiche gegen die eventuellen Gegner, die allesamt knapp gewonnen wurden?
Sturm: Das ist mit Sicherheit kein Nachteil, wobei es in den Playoffs immer bei Null losgeht. In der AHL startet man in der ersten Runde im Best-of-three-Modus. Somit darfst du dir keinen Ausrutscher erlauben, denn dann kann die Saison ganz schnell vorbei sein.

Zur NHL: Wie können die LA Kings die Offensivpower um Leon Draisaitl, Connor McDavid, Zack Hyman und Co. überhaupt stoppen? Gelingt das eben nur mit einer harten Defensivarbeit?
Sturm: In der Offensive haben die Oilers unfassbar viele Waffen. Wichtig ist, dass wir von der Strafbank wegbleiben, weil das Powerplay der Oilers ist herausragend und kann oftmals noch ein zusätzlicher Pushfaktor sein. Ferner müssen wir hart und konsequent in der defensiven Zone verteidigen. Das Ziel muss sein, dass Draisaitl und McDavid frustriert sind. Dann haben wir eine Chance.

Auf welche Viertelfinalduelle wird in Nordamerika am meisten geschaut?
Sturm: Natürlich ist Boston gegen Toronto schon ein echtes Highlight. Als ehemaliger Spieler von den Bruins ist klar, wem ich die Daumen drücke (lacht). Im Westen ist Edmonton gegen die Kings sehr interessant und auch Tampa Bay gegen Florida wird sicherlich eine sehr spektakuläre Serie werden.

Obwohl eine Prognose momentan sicherlich fast wie ein Blick in die berühmte Glaskugel ist: Wer zählen für Sie zu den Favoriten auf den Stanley-Cup-Sieg?
Sturm: Das ist wirklich sehr schwer, obwohl mich die Rangers in der Vorrunde schon sehr überrascht haben. Still und heimlich sind sie auf den ersten Platz im Osten marschiert, aber sie müssen nun die Leistungen in den Playoffs erst einmal bestätigen. Das wird schwer, weil es mit Florida oder Boston zwei sehr erfahrene Teams im Osten gibt. Generell ist das Rennen um den Cup mit Sicherheit so eng wie schon lange nicht mehr.

Ein kurzer Schlenker zur Nationalmannschaft: Welche Chancen rechnen Sie dem amtierenden Vizeweltmeister bei der WM in Tschechien zu?
Sturm: Ehrlich gesagt bin ich momentan doch zu weit weg, um mir ein Urteil erlauben zu können. Der Erfolg im vergangenen Jahr war herausragend und hat der Truppe mit Sicherheit sehr viel Selbstvertrauen gegeben. Wenn noch Verstärkung aus Nordamerika kommt, ist der Mannschaft mit Sicherheit wieder einiges zuzutrauen.

Der EV Landshut hat mit der U20 sensationell die deutsche Meisterschaft gewonnen. Haben Sie diesen Triumph ein wenig verfolgt?
Sturm: Ich habe es durch Freunde und auch Familie hautnah mitbekommen und es ist in der Tat ein Riesenerfolg für einen DEL2-Club, dass man die deutsche Meisterschaft in der DNL feiern konnte. Insbesondere ist es besonders, weil die Konkurrenten aus den DEL-Organisationen einfach über größere finanzielle Mittel verfügen. Es zeigt jedoch, dass in Landshut weiterhin sehr gute Nachwuchsarbeit betrieben wird. Darauf kann der EVL sehr stolz sein.