Passwort-Trittbrettfahrer
Netflix gewinnt mit Vorgehen gegen Account-Sharing mehr Kunden – und wird teurer

19.10.2023 | Stand 23.10.2023, 14:51 Uhr

Nach früheren Berechnungen von Netflix nutzten rund 100 Millionen das Passwort aus einem anderen Haushalt. Dementsprechend teilten schätzungsweise mehr als 40 Prozent der Nutzer ihren Account mit anderen. Dagegen ging der Streaming-Anbieter in letzter Zeit verstärkt vor – mit Erfolg. − Symbolbild: dpa

Der Streaminganbieter Netflix hat die Abonnentenzahl im vergangenen Quartal um mehr als zehn Prozent steigern können. Ein Grund: Die erfolgreiche Jagd auf Passwort-Trittbrettfahrer, die Account-Sharing betrieben. Nun drohen erste Preiserhöhungen.



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Die Zahl der weltweiten Abonnements stieg im dritten Quartal des Jahres um 8,76 Millionen auf 247,15 Millionen, wie Netflix am Mittwoch mitteilte. Das entspricht einem Zuwachs um 10,8 Prozent und übertraf die Erwartungen von Analysten.

Zufrieden zeigte sich der Branchenprimus insbesondere mit dem Angebot einer günstigeren Abo-Variante mit Werbung. Hier habe die Zahl der Abonnements im Vergleich zum Vorquartal um 70 Prozent zugenommen. Der Streaming-Pionier verbuchte im dritten Quartal einen Umsatz von 8,5 Milliarden Dollar (knapp 8,1 Milliarden Euro) und einen Gewinn von knapp 1,7 Milliarden Dollar.



Seit Sommer auch in Deutschland Vorgehen gegen das Teilen eines Accounts



Netflix geht seit dem Sommer unter anderem auch in Deutschland dagegen vor, dass Nutzer einen Account über einen Haushalt hinaus teilen. Dafür wird zusätzliches Geld fällig - entweder zahlen die Mitbenutzer für ein eigenes Konto, oder der bisherige Account-Inhaber fügt sie für 4,99 Euro im Monat als Zusatzmitglied hinzu. So viel kostet in Deutschland auch das günstigste Abo mit Werbeanzeigen.

Nach früheren Berechnungen von Netflix nutzten rund 100 Millionen das Passwort aus einem anderen Haushalt. Dementsprechend teilten schätzungsweise mehr als 40 Prozent der Nutzer ihren Account mit anderen.

Das Vorgehen gegen das Teilen der Accounts ist mit Risiko verbunden: Verärgerte Nutzer könnten auch lieber zu einem der vielen Streaming-Dienste der Konkurrenz wechseln. Netflix setzt jedoch darauf, dass das Angebot an Serien und Filmen so attraktiv ist, dass die Leute lieber mehr bezahlen. Diese Rechnung scheint trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds in vielen Ländern aufzugehen.

Netflix kostet Erfolg aus – und erhöht in ersten Ländern die Preise



Während Konkurrenten wie Disney+ mit Verlusten kämpfen, konnte Netflix sich eine Jagd auf Account-Trittbrettfahrer leisten. Beflügelt von einem Sprung bei der Nutzerzahl riskiert der Streaming-Primus nun sogar zum Teil höhere Preise.

Netflix fühlt sich nach dem erfolgreichen Vorgehen gegen Passwort-Trittbrettfahrer so sicher, dass der Dienst sich Preiserhöhungen erlaubt. Zunächst werden einige Abo-Varianten in den USA, Frankreich und Großbritannien teurer.

In den USA wird das teuerste Netflix-Abonnement mit bester Bildqualität künftig 22,99 Dollar pro Monat kosten und in Frankreich 19,99 Euro. In Deutschland zahlt man dafür aktuell 17,99 Euro.

Erfolge der Jagd auf Trittbrettfahrer wohl auch noch in den nächsten Quartalen sichtbar



Netflix betont, dass die Effekte der Trittbrettfahrer-Jagd noch einige Quartale andauern würden: Bisher seien einige Maßnahmen bei einigen Nutzer-Gruppen noch gar nicht angekommen. Co-Chef Greg Peters spielte den möglichen Effekt der Preiserhöhungen herunter: So etwas schlage sich stärker eher in den Anteilen der neu abgeschlossenen Abos nieder.

Netflix dominiere aktuell im Streaming-Geschäft und löse sich vom Rest der Branche, sagte Branchenanalyst Rich Greenfield im US-Sender CNBC. Ein wichtiger Schritt für die Zukunft sei, dass die Firma Skydance Animation des früheren Pixar-Stars John Lasseter mit ihren Filmen von Apples Streaming-Dienst zu Netflix wechselte. Das könne Netflix helfen, bei Familien-Unterhaltung zu Disney aufzuschließen.

Das Abo mit Werbung laufe gut, weil sich dafür viele Nutzer entschieden, die bisher mit Passwörter von Freunden oder Familienmitgliedern Netflix schauten, betonte Greenfield. Netflix nimmt mit seinem Anzeigen-Angebot verstärkt die Werbegelder ins Visier, die bisher ins lineare Fernsehern flossen.

Netflix dominiert aktuell im Streaming-Geschäft



Netflix dominiere aktuell im Streaming-Geschäft und löse sich vom Rest der Branche, sagte Branchenanalyst Rich Greenfield im US-Sender CNBC. Ein wichtiger Schritt für die Zukunft sei, dass die Firma Skydance Animation des früheren Pixar-Stars John Lasseter mit ihren Filmen von Apples Streaming-Dienst zu Netflix wechselte. Das könne Netflix helfen, bei Familien-Unterhaltung zu Disney aufzuschließen.

Der Netflix-Umsatz stieg im Jahresvergleich um acht Prozent auf 8,54 Milliarden Dollar (8,11 Mrd Euro), wie Netflix am Mittwoch mitteilte. Der Gewinn wuchs um rund ein Fünftel auf rund 1,68 Milliarden Dollar.

− dpa/AFP/che