Bei Steinberg am See
Nadelholzwaldes südwestlich des Rekultivierungsgeländes Westfeld wird rekultiviert

30.01.2020 | Stand 01.08.2023, 13:33 Uhr
−Foto: n/a

Am Freitag, 24. Januar, startete Uniper ein auf drei Jahre angelegtes Waldumbauprogramm zwischen dem Rekultivierungsgelände Westfeld und der Autobahn A93. Die nördliche Grenze der insgesamt etwa 55.000 Quadratmeter Umgestaltungsflächen bildet der Wasserzulaufgraben zur Naturschutz-Ausgleichsfläche, dem sogenannten BBI-Becken. Die südliche Begrenzung ist ein Waldweg zwischen der Industriestraße und der A 93.

STEINBERG AM SEE „In die Umwandlung der nicht standortgemäßen Nadelholzreinbestände in einen dem Klimawandel trotzenden widerstandsfähigen Mischwald investiert Uniper über 300.000 Euro und unterstützt damit auch das Waldumbauprogramm der Bayerischen Staatsregierung“, so Andreas Stake, Leiter des Uniper-Projekts Oberpfälzer Seenland. „Die Art und Anzahl der Bäume, die entnommen werden, wurden mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ebenso abgesprochen wie auch festgelegt wurde, mit welchen Laubholzarten und wie vielen Neuanpflanzungen wir unser ökologisches Umgestaltungsziel zu einem robusten Mischwald erreichen“, erläuterte Stake weiter. Uniper hatte zugesichert, im Rahmen der Rekultivierung des Westfeldes und der damit verbundenen ökologischen Verbesserungsmaßnahmen die Nadelwaldmonokulturen auf der Flur des Steinberger Ortsteils Oder umzubauen und ökologisch aufzuwerten.

Ein erster Waldumbautest erfolgte mit sichtbarem Erfolg vor etwa sieben Jahren nordwestlich des zweiten Feuchtbiotops, das auch als Regenrückhaltebecken fungiert. Auch wurde 2012 bereits die Wiedervernässung und Erweiterung von rund 10.000 Quadratmeter Moorwaldflächen rund um das besagte BBI-Becken und entlang dessen Wasserzulaufs erfolgreich abgeschlossen

Die jetzt angelaufenen Arbeiten sind ein weiterer wichtiger Baustein zur Schaffung gesunder und widerstandfähiger Waldflächen. Ziel ist die Umwandlung von reinen Nadelbaum-Monokulturen in standorttypische, klimawandelresistente Laub- und Mischwälder. Die Umbauarbeiten erfordern daher zunächst die Entnahme von rund 400 Festmeter Fichten und Kiefern, um Pflanzflächen für neue Bäume freizulegen bzw. genügend Lichteinfall für die großflächige Mischwaldaufforstungen zu schaffen.

Für die Holzentnahmen und die künftige Pflege der Flächen muss zunächst das Waldwegenetz für die Verkehrssicherungspflicht strukturiert und befestigt sowie Lagerplätze für das Fällgut angelegt werden. Zum Einsatz kommen schwere Arbeitsgeräte (Harvester für die Baumentnahmen und Forwarder zum Abtransport). Zum Schutz der insgesamt etwa 25.000 Neupflanzungen in den kommenden drei Jahren werden – wo notwendig – entsprechende Verbissschutzzäune errichtet. Derzeit wird jetzt auf einer Fläche von über 13.000 Quadratmeter der Kiefernaltbestand stark durchforstet. Auch werden nicht standortübliche Laubbäume, wie Espen und Robinien, entnommen. Die vorhandenen Eichen- und Vogelbeerpflanzen sollen durch Pflegeschnitte verjüngt und zu neuer „Blüte“ gebracht werden. Schließlich werden die Auslichtungsflächen mit 4.400 zweijährigen Rotbuchenpflanzen aufgeforstet. In einem zweiten Waldabschnitt mit über 14.000 Quadratmeter wird der bisherige Fichtenbestand vollständig entfernt und durch 9.300 zweijährige Stieleichen ersetzt werden. Sobald die Fällarbeiten in wenigen Wochen beendet sind, sollen noch im Frühjahr die ersten Neupflanzungen beginnen.

Den Insekten und Amphibien aber auch bestimmten Vogelarten und sonstigem Getier werden zudem pro Hektar im neuen Ökowald zahlreiche „Neubauwohnungen“ angeboten. Dafür bleiben in den beiden Waldflächen auf vier bis sechs Meter gekappte Baumstämme (Torsobäume) stehen, und es werden Totholzhaufen aufgeschichtet sowie Wurzelstockinseln geplant. Das gesamte restliche Schnittgut verbleibt in gehäckselter Form vor Ort. Die Baumstämme gehen an die holzverarbeitende Industrie. Zwei weitere Waldbereiche folgen in den kommenden beiden Jahren.

Hintergrund:

Insgesamt sieben Jahrzehnte war das Wackersdorfer Braunkohlerevier von bergmännischer Nutzung geprägt. Die Rekultivierung der Westfeld-Flächen lag bei der ehemaligen Bayerischen Braunkohleindustrie (BBI), dem Bayernwerk und E.ON, von der Uniper die Aufgabe übernommen hat. Das Rekultivierungsprojekt wurde 2002 gestartet. Der Abschluss ist bis Ende 2022 in mehreren Etappen vorgesehen. Auf dem insgesamt gut 80 Hektar großen, ehemals weitgehend ebenen südlichen Wackersdorfer Braunkohle-Tagebaugebiet Westfeld wurden während der Betriebszeit des Kraftwerks Schwandorf-Dachelhofen (1930-2002) der im Kraftwerk benötigte Brennstoff Braunkohle erst abgebaut und in Teilbereichen später eigene und tschechische Braunkohlelieferungen gelagert. Die ausgekohlten Tagebaugruben wurden mit Abraum aus dem Braunkohleabbau und mit Kraftwerksasche sowie im Bereich des heutigen Westfeld-Damms mit Bauschutt und Abbruchmaterial einer ehemaligen Brikettfabrik und des Schwandorfer Kraftwerks verfüllt. Seit 2009 dient das Areal des Westfeld-Damms zum Teil als Lagerplatz für die benötigten Baumaterialien zur Rekultivierung des Westfeldes.

Im Zuge des Rekultivierungsvorhabens wird insbesondere auch das vorhandene Entwässerungssystem und die Sickerwasseraufbereitung für das Westfeld grundlegend modernisiert und ausgebaut. Neben dem Sickerwassersammelbecken (kurz: Sickerwassersammler bzw. Irlacher See), das sich an der tiefsten Stelle des Westfelds (minus 30 Meter) befindet, wurden vier großvolumige Saugpumpenschächte mit modernen Hochleistungs-Saugpumpen installiert. Auch die Aufbereitung von verunreinigtem Sickerwasser möchte Uniper soweit wie möglich energie- und ressourcenschonend gestalten. Dazu unterstützt Uniper am Standort Westfeld ein zukunftsweisendes Umweltforschungsprojekt der Base Technologies GmbH, einem Umwelttechnologiespezialisten aus München, in Kooperation mit der Universität Bayreuth und mit Förderung der renommierten Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Ziel des Projektes ist die Einführung und Weiterentwicklung einer naturnahen und nachhaltigen Technologie zur Wasseraufbereitung unter vollständigem Verzicht auf den Einsatz von Energie und Chemikalien. Eine innovative mehrstufige Versuchsanlage arbeitet seit 2017 auf dem Westfeld und belegt die Möglichkeit eines dauerhaften, sicheren Betriebs einer solchen passiven Reinigungsanlage unter realen Bedingungen. Uniper beabsichtigt die Beantragung einer deutschlandweit ersten passiven Großanlage als nachhaltige Alternative zur bestehenden Sickerwasseraufbereitungsanlage. Mit der vorliegenden Datenbasis konnte durch BASE TECHNOLOGIES in enger Kooperation mit den zuständigen Behörden bereits die Genehmigungsplanung angestoßen werden.

Auch für die Regenwassersammlung werden drei neue Pumpenschächte zur Sammlung des Oberflächenwassers in den Rekultivierungskörper gesetzt. Über diese wird künftig das saubere Regenwasser zum Teil mit Pumpen in Regenrückhaltebecken gesammelt und über den Entwässerungsgraben Nord weiter in das Naturschutzgebiet Hirtlohweiher geleitet. Das Grabensystem in Richtung Hirtlohweiher wird durch Rückbau von Verrohrungen und Überbauungen umgestaltet. Dadurch verbessern sich dessen Gestalt und die Gewässerökologie spürbar. Zudem wird es als wichtiger Baustein zu Verbesserung des Hochwasserschutzes, z. B. bei Starkregenereignissen, für das Gemeindegebiet Wackersdorf mit Herstellung naturnaher Retentionsräume und Überschwemmungsflächen im Westfeldgelände angepasst und ausgebaut.

Natur- und Artenschutz-Maßnahmen im Vorfeld

Alle Maßnahmen wurden und werden unter Hinzuziehung externer Fachleute und unabhängiger Gutachter von Uniper Kraftwerke GmbH geplant und von den zuständigen Behörden intensiv geprüft und genehmigt. Die Umsetzung der Rekultivierungsmaßnahmen erfolgt auch in Abstimmung mit den örtlichen Forst- und Naturschutzbehörden. Umfangreiche naturschutzfachliche Ausgleichmaßnahmen, sogenannte CEF-Maßnahmen (continuous ecological functionality measures), sind den eigentlichen Rekultivierungsarbeiten zwingend vorgeschaltet. Unter CEF-Maßnahmen versteht man „vorgezogene ökologische Ausgleichsmaßnahmen“ zur Sicherung des Artenreichtums eines Gebietes. Damit wird schon im Voraus ein kontinuierlicher und durch optimierte Ausgestaltung bisweilen sogar besserer ökologischer Zustand hergestellt. Die CEF-Maßnahmen müssen gewährleisten, dass die betreffenden Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu keinem Zeitpunkt eine Unterbrechung oder Reduktion ihrer ökologischen Funktionsfähigkeit erleiden. Habitate werden in Qualität und Quantität erhalten. Dies wird von einem unabhängigen Gutachter und den Naturschutzbehörden überprüft.

Im Fall Rekultivierung des Westfeld-Damms wurde bereits 2013 mit den planungsrechtlich relevanten und umfassenden naturschutzfachlichen Untersuchungen der Biotop-, Habitat-, Boden-, Wasser-, Klima- und Landschaftsbildfunktionen in einem großangelegten, weit über die eigentliche Rekultivierungsfläche hinausgehenden Betrachtungsbereich von rund 74 Hektar begonnen. Sie umfassten neben der Vegetation vor allem eine Bestandserfassung der Artengruppen Vögel, Reptilien, Fledermäuse, Heuschrecken, Amphibien und Libellen sowie Biotop-, Horst- und Höhlenbaumkartierungen.

In Vorbereitung zu den Rekultivierungsmaßnahmen wurden auf über acht Hektar Ausgleichsflächen angelegt. Westlich des Rekultivierungs-Areals entstanden neue Laichgewässer- und Landhabitate sowie Verbund- und Vernetzungskorridore, die auch einer Lebensraumvernetzung zum Naturschutzraum Hirtlohweiher dienen. So sind Ersatzlebensräume für wichtige und geschützte Amphibien (zum Beispiel Kreuzkröte, Knoblauchkröte), Eidechsen (speziell Zauneidechse), Fledermäuse und sonstige wertvolle Spezies, zum Beispiel der Haselmaus, in den umliegenden Gehölzbereichen geschaffen und die Tiere umgesiedelt worden. Außerhalb des Westfelds wurden mehrere Bienenvölker angesiedelt, die auf den rekultivierten Magerrasenflächen ein reiches Blüten-/Nahrungsangebot finden. Zusätzlich werden auch die westlich des Westfeldes liegenden reinen Nadelholzkulturen 2020 zu einem naturschutzfachlich gewünschten robusten Mischwald umgestaltet.

Durch die Rekultivierungsmaßnahmen wird sich die Fauna und Flora auf dem Westfeld-Gelände zu einem naturschutzfachlich hochwertigen Vegetations- und Lebensraum entwickeln, verbunden mit einer positiven Veränderung des Landschaftsbildes. Infolge der Biotopvernetzung und Integration des ehemaligen Braunkohleabbaugebietes in die Naturlandschaft der Region wird der ökologische Zustand des Geländes nachhaltig verbessert. Die Umgestaltung der Oberfläche sichert darüber hinaus die dauerhafte Verbesserung der Schutzgüter Grundwasser und Boden.

Schwandorf