Natur
Vierter Runder Tisch zum Eixendorfer See – Umweltministerium stellt sechs Millionen Euro bereit

13.12.2019 | Stand 31.07.2023, 13:01 Uhr
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Auf Einladung von Regierungspräsident Axel Bartelt fand der vierte Runde Tisch „Eixendorfer See“ im Panoramahotel in Neunburg vorm Wald statt. Mit dabei waren neben Bürgermeister Martin Birner (Neunburg v. Wald), zweitem Bürgermeister Wolfgang Spießl (Rötz) und Bürgermeister Georg Hoffmann (Bodenwöhr) auch Ministerialrat Martin Popp, Leiter des Referats Talsperren im Bayerischen Umweltministerium, und der zuständige Referent Uwe Kleber-Lerchbaumer.

NEUNBURG VORM WALD Vertreter der Regierung der Oberpfalz, der Wasserwirtschaftsämter Weiden und Regensburg, des Landratsamtes Schwandorf, der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Amberg, Cham und Schwandorf, des Amtes für ländliche Entwicklung Oberpfalz, des Bayerischen Bauernverbandes, des Erzeugerrings für pflanzliche Produkte, der Immobilien Freistaat Bayern, des Landesfischereiverbandes, der örtlichen Fischerei, des Bundes Naturschutz, des Yachtclubs Neunburg v. W. und des örtlichen Tourismusverbandes ergänzten den Fachkreis.

Im Mittelpunkt des Treffens stand die Präsentation des vom Bayerischen Umweltministerium vorgeschlagenen Konzepts zur Sanierung des Eixendorfer Sees. Drei Maßnahmenpakete zur Verbesserung der Wasserqualität wurden vorgestellt, die von den anwesenden Teilnehmern überwiegend mitgetragen werden. Dafür stellt das Umweltministerium rund sechs Millionen Euro für wasserwirtschaftliche Maßnahmen zur Verfügung.

Das erste Maßnahmenpaket umfasst kurzfristig realisierbare Maßnahmen. Das Umweltministerium schlägt hier unter anderem vor, im Rahmen des bis 2022 geplanten Umbaus des Grundablasses einen Turm zu bauen, der für den Betrieb einer höhenvariablen Entnahme aus dem See vorbereitet wird. Diese kann dann künftig jederzeit umgesetzt werden, wenn dies erfolgsversprechend und genehmigungsfähig erscheint. Das Bayerische Umweltministerium und weitere Fachleute, darunter ein Gutachter des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung aus Magdeburg (das Zentrum betreut den Entnahmeturm beim Bautzener Stausee), hatten sich im Vorfeld des Runden Tisches intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, ob sich eine Entnahme aus höheren Seeschichten auch beim Eixendorfer See positiv auf die Blaualgenbekämpfung auswirken könnte.

Die Experten sehen den Nutzen derzeit als nicht gegeben. Laut Bewertung des Helmholtz Zentrums würde sich wegen der deutlich zu hohen Nährstoffzufuhr in den See aus dem rund 400 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet keine signifikante bzw. merkliche Reduzierung der Blaualgenblüten bewirken lassen. Hinsichtlich des „Bautzener Modell“ müssten vorweg die Hausaufgaben im Einzugsgebiet gemacht werden, also die Phosphorzufuhr in den See deutlich reduziert werden. Ein Betrieb im Sommerhalbjahr nach „Bautzener Modell“ mit Seewasserableitung knapp unter der Wasseroberfläche verändert zudem die Nährstoff- und Sauerstoffsituation im Seewasserkörper. Bei damit einhergehender, zunehmender Sauerstoffarmut in tieferen Seeschichten besteht mitunter die latente Gefahr von Fischsterben, die es zu verhindern gelte, warnte Uwe Kleber-Lerchbaumer, Referent für Talsperren im Bayerischen Umweltministerium. Darüber hinaus werde durch das Ableiten der obersten Schicht das Problem hinsichtlich der Wasserqualität, neben den Blaualgen beispielsweise auch die Temperatur, dann nur auf den Abfluss, die Schwarzach, verlagert. Hierbei muss aber für die Schwarzach eine Verschlechterung ausgeschlossen werden. Bei den anstehenden Umbauarbeiten wird aber der neu zu errichtende Grundablassturm baulich gleich so als Entnahmeturm ausgestaltet, dass er für den Betrieb einer künftigen höhenvariablen Entnahme vorbereitet ist. Der Neunburger Stadtrat hatte zum Thema Entnahmeturm im Vorfeld auch eine Resolution an Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder gerichtet.

Ein weiterer Punkt des kurzfristigen Maßnahmenpaketes umfasst die dynamische Bewirtschaftung des Stausees. Gemäß Auskunft des Landesamts für Umwelt vom August 2019 könne die Stauhaltung zwischen 432 und 429 Meter über NN variiert werden, ohne den Hochwasserschutz und die Niedrigwasserstabilisierung zu gefährden. Eine dynamische Stauhaltung war in den letzten Jahren immer wieder als ein Ansatzpunkt für die Verbesserung der Wasserqualität im See diskutiert worden. Die Fischerei plädiert für einen ganzjährigen Höherstau auf 431,0 Meter über NN und im Frühjahr auf 431,5 Meter überNN zur Optimierung der Laichmöglichkeiten für den Hecht, da ein höheres Raubfischaufkommen die Weißfischbestände

reguliert. Dieser Höherstau würde sich auch auf den Bootsportbetrieb positiv auswirken. Die Möglichkeit einer dynamischen Speicherbewirtschaftung bis hin zur wasserrechtlichen Genehmigungsfähigkeit wird derzeit überprüft.

Ebenfalls als kurzfristige Maßnahme soll die Entlandung der Vorsperre geprüft werden. Davon versprechen sich die Fachleute, dass weniger Sedimente in den Eixendorfer See eingeschwemmt werden. Aktuell wird untersucht, ob das Material, das dort ausgebaggert werden soll, belastet ist. Sollte dies nicht der Fall sein, könne der Boden möglicherweise auf landwirtschaftliche Flächen möglichst außerhalb des Einzugsgebiets ausgebracht werden.

Als letzte kurzfristige Maßnahme wurde die Fortsetzung der sogenannten Biomanipulation im See vorgeschlagen. Ziel ist es weiterhin pro Jahr rund drei Tonnen Weißfische aus dem See zu entnehmen und die Population an Raubfischen zu erhöhen. Weißfische ernähren sich von Zooplankton – mikroskopisch kleine Krebsen, die sich wiederum vom Phytoplankton – also Algen – ernähren. Von den Weißfischen ernähren sich wiederum überwiegend Raubfische wie Zander, Hecht, Schied und Flussbarsch. Auch dies soll dazu beitragen, die Algen im See weiterhin zu reduzieren. Robert Bäumler vom Fischereiverein erläuterte, dass der Fischereiverein Neunburg v. Wald bereits bisher und auch künftig erhebliche Anstrengungen unternommen hat bzw. unternimmt, um durch angepasste Fischbestände, insbesondere der Weißfischregulierung, zur Blaualgenbekämpfung beizutragen.

Im zweiten, mittel- und langfristigen Maßnahmenpaket schlägt das Umweltministerium vor, die Nachrüstung von Kläranlagen im Einzugsgebiet des Sees fortzusetzen. Durch die verstärkte Nachrüstung von Kläranlagen mit Phosphor-Fällungsanlagen im Einzugsbereich soll in diesem Bereich bis spätestens 2027 eine Reduzierung des Phosphoreintrags um circa 30 Prozent erzielt werden.

Zur gezielten Ausweisung und Optimierung der Wirkung der Gewässerrandstreifen wird im zweiten Maßnahmenpaket auch den Kommunen im Einzugsgebiet des Eixendorfer Sees vorgeschlagen, Gewässerentwicklungskonzepte an den Gewässern III. Ordnung zu erarbeiten und umzusetzen. Ein wie bisher praktiziertes, auf Freiwilligkeit basierendes Konzept hinsichtlich des Boden- und Nährstoffeintrages aus landwirtschaftlichen Flächen wurde auch von Seiten der Landwirtschaftsverwaltung und des Bauernverbandes begrüßt.

Die Vertreter der Ländlichen Entwicklung informierten über die Initiative „Boden:ständig“ im direkten Seeumfeld und boten an, auf Nachfrage von Kommunen weitere Projekte im Einzugsbereich des Eixendorfer Sees zu starten. Diese Initiative der Ländlichen Entwicklung trägt bei zum Erosionsschutz auf Äckern und ermöglicht die Förderung von Landschaftsstrukturen wie zum Beispiel kleine Rückhaltemulden. Laut dem Amt für Ländliche Entwicklung seien mit dem Großteil der Landwirte im direkten Seeumfeld Einzelgespräche geführt und erosionsmindernde Maßnahmen auf Äckern umgesetzt worden. Eva Spießl-Mayr vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten informierte darüber hinaus über ihre Tätigkeit als Wasserberaterin. In zahlreichen Beratungsveranstaltungen informierte sie Landwirte im Einzugsbereich über Mulchsaat und Zwischenfruchtanbau sowie über reduzierte Bodenbearbeitungsmöglichkeiten, um ein Abschwemmen des Bodens zu verhindern.

Um Einträge aus Dünge- und Pflanzenschutzmittel zu reduzieren, sieht das Maßnahmenpaket weitere zahlreiche Maßnahmen vor. Der Bayerische Bauernverband spricht sich zur Realisierung der ambitionierten Ziele im Projektgebiet für freiwillige Maßnahmen wie etwa KULAP aus. Die Landwirtschaftsvertreter wiesen darauf hin, dass durch die Novellierung der Düngeverordnung und das Volksbegehren erneut deutlich schärfere Regeln für die Landwirte beim Gewässerschutz gelten. Deshalb sollte insbesondere der kooperative Ansatz im Rahmen des Sanierungskonzeptes weiterverfolgt werden.

Als drittes Maßnahmenpaket wurde flankierend die Gründung eines kommunalen Zweckverbandes zur Koordinierung der öffentlichen Freizeit- und Erholungseinrichtungen nach dem Vorbild des Altmühlsees vorgeschlagen. Der Freistaat Bayern würde hierfür die für öffentlich zugängliche Freizeit- und Erholungsflächen benötigten Flächen unentgeltlich zur Verfügung stellen, wenn sich dies mit der wasserwirtschaftlichen Funktion vereinbaren lasse, kündigte Uwe Kleber-Lerchbaumer an. Darüber hinaus wurde eine Seenkonferenz angeregt, die sich am Beispiel des Eixendorfer Sees mit der Blaualgenproblematik befassen solle. Der Eixendorfer See könne dann als Blaupause für ähnlich gelagerte Fälle in Bayern dienen, so die Idee des Umweltministeriums.

Bürgermeister Martin Birner bedankte sich bei den Beteiligten des Runden Tisches und bei den Vertretern des Umweltministeriums für das umfassende Maßnahmenpaket und die finanzielle Unterstützung. So viel, wie in den letzten zwei Jahren vorangegangen sei, sei in den letzten 40 Jahren nicht passiert. Der Runde Tisch trage große Früchte. Darüber hinaus kündigte Birner an, dass die Stadt Neunburg vorm Wald in den nächsten vier Jahren rund zwölf Millionen in die Nachrüstung seiner Kläranlagen investieren werde, als Beitrag für saubere Gewässer. Auch zweier Bürgermeister Spießl erklärte, dass die Stadt Rötz bereit sei, ihre Hausaufgaben weiterhin zu machen, um gute Bedingungen für einen sauberen See zu schaffen. So wolle die Stadt Rötz zwei bis drei Millionen Euro in die Generalsanierung der Kläranlage investieren. Darüber hinaus regte Spießl an, bei der Einrichtung des kommunalen Zweckverbandes auch die beiden Landkreise Schwandorf und Cham mit ins Boot zu nehmen. Beide Bürgermeister signalisierten die Unterstützung ihrer Kommunen bei der Umsetzung des Konzeptes des Umweltministeriums.

Horst Schmid, Bereichsleiter für Umwelt an der Regierung der Oberpfalz, der in Vertretung von Regierungspräsident Axel Bartelt den Runden Tisch geleitet hatte, bedankte sich für den konstruktiven Austausch. Das nächste Treffen ist im ersten Halbjahr 2020 geplant, dann als Seenkonferenz unter Moderation der Regierung der Oberpfalz. Bis dahin wollen alle Beteiligten weiterhin gemeinsam, jeder in seinem Bereich darauf hinwirken, die Wasserqualität im Eixendorfer See zu verbessern.

Das ist seit dem letzten Runden Tisch im August 2019 passiert

Röhrichtinseln: Das Wasserwirtschaftsamt Weiden hat zwei schwimmende Röhrichtinseln im See installiert, um zu testen, wie diese künstlich angelegten Flächen den Cyanobakterien (Blaualgen) die Nährstoffe entziehen. Denn: Ähnlich wie die Blaualgen nimmt Röhricht Phosphor auf. Durch die Schilfpflanzen soll Phosphor gebunden, dass Schilf gemäht und so dem Seewasser Phosphor entzogen werden. Getestet werden soll auch, wie sich die Eisbildung auf die künstlichen Inseln auswirkt.

Badebucht: Eine vom Hauptsee abgetrennte, kleine Badebucht wurde unter Federführung des Wasserwirtschaftsamtes Weiden auf die Wasserqualität hin untersucht. Der Badebereich wird durch einen Seitenbach gespeist. Stichprobenartige Messungen haben ergeben, dass die mittlere Phosphorkonzentration in diesem Bach höher ist, als im Stausee selbst. Das Wasserwirtschaftsamt befürchtet deshalb in einer abgetrennten Badebucht eine schlechtere Wasserqualität als im Hauptsee. Weitere Untersuchungen und die Aufnahme des Einzugsgebietes in das laufende „boden:ständig“-Projekt sollen klären, woher die erhöhte Phosphatbelastung kommt und welche Maßnahmen dagegen getroffen werden können.

Schwandorf