Naturschauspiel
Von den „Geistern am Arber-Berg“

10.12.2020 | Stand 20.07.2023, 22:38 Uhr
−Foto: n/a

Wenn es am Großer Arber schneit dann meist „richtig gscheid“. Von allen Seiten verfangen sich die tiefhängenden schneebeladenen Wolken am höchsten Berg des Bayerischen Waldes. Kommt da „Böhmwind“ aus dem Osten hinzu, werden die am Gipfel stehenden Fichten auch von der Seite mit Schnee beladen.

Landkreis Cham. Tagsüber taut die Sonne den Schnee an, nachts dringt der harte Frost wieder durch. Haben sich die Winterwolken am Arber mal festgesetzt, verharren sie dort für längere Zeit. Zentimeter für Zentimeter kommen Schneeschichten hinzu, bis ganz bizarre und eigenartige Figuren entstehen. Verweilt man beim Anblick dieser und kommt ins Sinnieren, dann tauchen im Rhythmus des stets wehenden Windes urplötzlich geheimnisvolle, leibhaftige Gestalten auf:„Fälische Hund', zahnede Drud', a Nosada, de Bucklade, da Widler, da Giraffinger oder da gschroamaulade Goschnaufreißer“.

Aber wie oft sind die „Geister am Arber-Berg“ noch zu sehen? An wenigen Fingern lässt sich die Anzahl der Tage ablesen, an denen im Winter solch märchenhafte Erscheinungen entstehen. 180 Frosttage, 250 Tage mit Schneebedeckung und eine Jahresdurchschnittstemperatur von gerade mal 2,7 Grad. Das zeichnete die Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes einst am Arbergipfelplateau auf. Diese Zeiten sind vergangen. Die Jahresdurchschnittstemperatur hat sich bereits um mindestens 0,7 Grad auf 3,4 Grad erhöht, die Anzahl an Eis- und Frosttagen deutlich reduziert. Der Klimawandel ist auch bei uns im Bayerischen Wald längst angekommen und schlägt voll durch. Die Schneegeister verlieren ihre Regelmäßig- und Zuverlässigkeit, sie verlieren ihre Gesichter.

Nicht nur das Wetter ist ein Kommen und Gehen, ja das ganze Leben. Nur ein Spiel? Ist der Klimawandel nur eine „Erfindung der Chinesen“? Nein natürlich nicht. Die Veränderungen sind offensichtlich: zeitliche Verschiebung des Frühlings um etwa vier Wochen nach vorne, Fichten im Dauertrockenstress, Hitze und Wetterextreme nehmen beobachtbar zu. Höchste Zeit, dass sich jeder zurücknimmt, reduziert und wir uns alle beim Klimaschutz einbringen.

Aber wie steht es um die „Arbermandl“? Ob die „Schneegeister des Arbers“ wieder entstehen, wird der kommende Winter zeigen. Einzig Verlass ist darauf, dass der Kurzfilm „Arbermandl“ alljährlich um die Jahreswende, zu den Raunächten im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt wird. Auch in der BR-Mediathek ist der Film zu finden. Im Jahr 1985 bannte der Kameramann Martin Lippl diese von Schnee eingehüllten, zerzausten Bergfichten auf Film und die Sprecherin Elfie Pertramer verlieh den Schneegeistern ihre Stimmen. Der Kurzfilm ist zum winterlichen Klassiker geworden. Elfie Pertramer erweckte die Bäume zum ewigen Leben. Wirklich zum ewigen Leben? Oder sind die Arbermandl eine Erscheinung der Vergangenheit und sind am Vergehen?

Regensburg