Stille in Wald und Flur
Immer weniger Vögel im Landkreis!

05.04.2018 | Stand 14.09.2023, 11:19 Uhr
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Karl Haberzettl, Bund Naturschutz: „Wir müssen den Vögeln Lebensraum geben“

PASSAU Alle Vögel sind schon da? Wohl eher nicht: Im Freistaat werden insgesamt immer weniger Vögel gesichtet. Diesen Rückgang belegte zuletzt die „Stunde der Wintervögel“ des Landesbunds für Vogelschutz in Bayern (LBV) e. V.

In Niederbayern konnten zwar wie in den Vorjahren die meisten Vögel in einer Stunde beobachtet werden, doch auch hier zeichnet sich ein deutlicher Abwärtstrend ab, so wie im Landkreis Passau: 2013 zählten die Teilnehmer der Aktion noch durchschnittlich 61 Vögel pro Garten, dieses Jahr wurden nur noch 42 in einer Stunde gesehen. In der Stadt ist die Zahl der gesehenen Vögel pro Stunde von 44 auf 35 gesunken.

„Die Roten Listen werden immer länger“

Wieso gibt es immer weniger Vögel? Die PaWo hat bei Karl Haberzettl, Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz, nachgefragt. Der Naturschützer sieht vor allem die zunehmende Industrialisierung und Chemikalisierung der Landwirtschaft als gewaltiges Problem.

Durch die Übernutzung der Landschaft hätten die Vögel immer weniger Lebensraum, um brüten zu können. Insbesondere bei den Vogelarten Kiebitz, Rebhuhn, Birkhuhn, Feldlerche, Schleiereule, Schwalbe und Mauersegler zeigte sich in den letzten Jahren ein massiver Rückgang: „Der Bestand mancher Arten ist in den vergangenen Jahren um 80 Prozent geschrumpft. Um 84 Prozent ging der Bestand der Rebhühner zurück und um 80 Prozent der des Kiebitzes. Die Roten Listen der bedrohten Tier-, Pflanzen- und Vogelarten werden immer länger“, veranschaulicht der Bund-Naturschützer. „Die Wiesen werden immer eintöniger und artenärmer und auch bis zu sechsmal im Jahr gemäht“, so Haberzettl.

„Früher mähte man mit einem Messerbalken, heut wird mit Kreiselmähwerken gemäht, bei denen man den Tod der Tiere bzw. Vogelnester gar nicht mehr mitbekommt, weil alles kurz und klein geschlagen wird“, beklagt Haberzettl. Dadurch und auch aufgrund des Einsatzes aggressiver Spritzmittel würden ebenso die Insekten – die Nahrung und Lebensgrundlage der Vögel –immer weniger werden.

Meise, Spatz, Amsel, Rotkehlchen und Zaunkönig sind ebenfalls von einem Rückgang betroffen, „der zu denken geben sollte“, betont Bund-Naturschützer Karl Haberzettl.

„Richtige Naturoasen fehlen heute“

„Aber nicht nur die Landwirtschaft trifft die Schuld, auch wir selber müssen uns an die Nase fassen. Hausgärten werden immer eintöniger und pflegeleichter. Richtige Naturoasen fehlen heute.“ Unser Lebensstil, der ungebremste Flächenfraß und Reinlichkeitswahn würden dazu beitragen, dass immer weniger Nahrung und Lebensraum für die Tierwelt übrig bleiben, so Haberzettl.

Laut dem Naturschützer müsste sich Einiges ändern, um den Abwärtstrend zu bremsen: „Wir müssen den Vögeln Lebensraum geben, es gibt keine Flächen mehr, vor allem Offenlandflächen, die nicht irgendwie bewirtschaftet oder von jemandem beansprucht werden.“

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