Artenschutz
GPS-Sender und Drohnen zum Schutz der letzten bayerischen Großen Brachvögel

19.11.2020 | Stand 24.07.2023, 20:50 Uhr
−Foto: n/a

Der Große Brachvogel ist im Freistaat vom Ausstreben bedroht. Sein bayerischer Brutbestand beläuft sich mittlerweile nur noch auf unter 500 Brutpaare. In dem seit 2017 laufenden Satellitentelemetrie-Projekt für den Großen Brachvogel gelang es dem LBV dieses Jahr zum ersten Mal, gleich acht Vögel mit GPS-Sendern auszustatten.

Bayern. Sechs der acht Vögel sind dabei erfolgreich an den Küsten Frankreichs, Portugals und Marokkos angekommen. Doch zum aufwendigen Schutz der Vögel besendert der LBV die Brachvögel nicht nur für ihre Reise in den Süden, sondern sorgt auch vor Ort in Bayern mit konkreten Schutzmaßnahmen für den Erhalt der bedrohten Vogelart. „Wir nutzen Drohnen, um im Frühling die Gelege der Großen Brachvögel zu finden und frühzeitig zu schützen“, berichtet Verena Auernhammer, LBV-Projektleiterin Brachvogeltelemetrie. Die Aktivitäten der sechs mit Satellitensendern ausgestatten bayerischen Brachvögel in ihren Überwinterungsgebieten kann aktuell jeder live im Internet mitverfolgen unter www.lbv.de.

Der Abwärtstrend des Großen Brachvogels in Bayern ist besorgniserregend. Waren es 1992 noch knapp 800 Brutpaare, sind es fast 20 Jahre später nicht einmal mehr 500 Paare des braun-weißen Wiesenbrüters mit der markanten langen Schnabelform. „Hauptursache für die bedrohliche Lage des Großen Brachvogels ist der Verlust seines Lebensraums, der mit Wassermangel und ungünstigen Flächenstrukturen, wie zu dichten Wiesen und häufiger Mahd, einhergeht. Aber auch Störungen durch Freizeitaktivitäten der Menschen und der enorme Druck durch Fressfeinde wie den Fuchs lassen die Bestände zurückgehen“, erklärt Verena Auernhammer. Inwiefern Verluste auf dem Vogelzug und während des Aufenthalts in den Winterquartieren für die Entwicklung des Bestands entscheidend sind, war bislang noch unklar. Hierfür liefert das vom LBV und dem Landesamt für Umwelt (LfU) konzipierte Satellitentelemetrie-Projekt neue Erkenntnisse. Das Projekt wird durch den Bayerischen Naturschutzfonds gefördert.

Seit 2017 statten LBV-Mitarbeiterinnen und LBV-Mitarbeiter Große Brachvögel mit Satellitensendern aus, um ihre Zugrouten zu dokumentieren und sie so bei ihrem gefährlichen Zug in die südlichen Winterquartiere zu beobachten. „Während ihrer Reise erreichen die Zugvögel oft Spitzengeschwindigkeiten von 90 km/h. Einige Vögel legten den weiten Weg nach Süden innerhalb einer Nacht zurück und erreichen dabei eine Flughöhe von über 2.000 Meter“, so Auernhammer. Mittlerweile liegen Daten zu 22 besenderten Vögeln vor. „Wir können jetzt Schlafplätze und Lieblingswiesen der Vögel in Bayern flächenscharf erkennen, sodass hier gezielte Schutzmaßnahmen entwickelt und umgesetzt werden können. Außerdem können wir das Zugverhalten interpretieren und dabei Rast- und Wintergebiete zielgenau feststellen“, erklärt die LBV-Projektleiterin.

Das Ziel, weitere Große Brachvögel mit GPS-Sendern auszustatten, steht allerdings vor einer großen Herausforderung: Die geringe Anzahl der flügge werdenden Jungvögel in den bayerischen Brutgebieten. Deshalb hat der LBV im Altmühltal gemeinsam mit der Höheren Naturschutzbehörde Mittelfranken ein zusätzliches Schutzprojekt entwickelt. Hier werden Maßnahmen zum Schutz der Wiesenbrüter umgesetzt. „Wir setzen Drohnen mit Wärmebildkamera und verstärkt Personal ein, um Gelege zu finden. Nur durch das Auffinden der Nester können an geeigneten Standorten Gelegeschutzzäune aufgestellt werden, um die Vögel vor größeren Fressfeinden zu schützen“, so die LBV-Projektleiterin.

Zum Schutz der Brachvogelfamilien stattet das Projektteam Küken mit sehr kleinen Sendern aus, um mittels Radiotelemetrie deren Bewegungsmuster zu erkennen. In enger Absprache mit Landwirtinnen und Landwirten können so Küken bei anstehender Mahd gefunden und aus der Fläche getrieben werden. „Bereits 2019 nahm durch dieses Pilotprojekt die Zahl flügger Brachvögel im Altmühltal wieder zu. In diesem Jahr gelang dort erstmals seit 2008 wieder eine bestandserhaltende Reproduktion, und insgesamt 27 Jungvögel erreichten das flugfähige Alter“, sagt Verena Auernhammer. Mit den Erfahrungen aus diesem Pilotprojekt können bayernweit Maßnahmen gezielter eingesetzt werden, sodass ein lückenloser und dauerhafter Schutz dieser bedrohten Art gewährleistet werden kann. Die Grundvoraussetzung, um das Aussterben zu verhindern, ist jedoch ein intakter Lebensraum. Nur wenn dieser verbessert und erhalten wird, machen derartige Maßnahmen einen Sinn.

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