Auszeichnung
Natürliche Gärten zertifiziert

12.07.2019 | Stand 29.07.2023, 13:32 Uhr
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Fünf weitere Gärten im Landkreis Regen sollen künftig das Siegel „Naturgarten“ tragen dürfen

REGEN „Ich hoffe, dass wir heute nur positive Beispiele sehen und alle fünf Gärten zur Auszeichnung vorschlagen können“, sagt Kreisgartenfachberater Klaus Eder als er zusammen mit Rosemarie Wagenstaller aus dem Umweltamt des Landratsamtes Regen zur Besichtigung von möglichen neuen „Naturgärten“ aufbricht. Die beiden Landkreismitarbeiter sind derzeit im Landkreis Regen die einzigen offiziell anerkannten Zertifizierer für das Siegel „Naturgarten“. Die Auszeichnung wird vom Bayerischen Umweltministerium unterstützt und über die Gartenbauvereine und die Bayerische Gartenakademie abgewickelt. „Die Kriterien werden vor Ort erfasst, die Akademie beziehungsweise der Bayerische Landesverband der Gartenbauvereine vergibt dann über die Kreisfachberatung die Urkunden und Plaketten“, weiß Eder und so ist der Besuch von Wagenstaller und ihm für die Gartenbesitzer eine Grundvoraussetzung zur Erlangung der Auszeichnung.

Los ging´s im Garten von Günter Lukaschik in Regen. Zusammen mit seiner Frau Edith führte Lukaschik die Prüfer durch den Garten. Kritisch wurden die Kernkriterien geprüft. „Es müssen verschiedene Naturgartenelemente vorhanden sein“, betont Eder. Zudem müssten die Garteneigentümer versichern, dass sie keine chemischen Pflanzenschutzmittel und chemisch-synthetischen Dünger ausbringen. „Grundsätzlich muss bei der Prüfung eine hohe ökologische Vielfalt vorgefunden werden“, sagt Wagenstaller und betont, dass die Biodiversität ein wichtiges Prüfkriterium ist. Dazu gehöre mittlerweile auch, „dass kein Torf zur Bodenverbesserung verwendet wird“, so die Prüferin weiter. Im Garten der Lukaschiks konnten sich Eder und Wagenstaller davon überzeugen, dass alles, was gefordert wird, auch vorhanden ist. Die beiden Landratsamtsmitarbeiter haben ein wildes Eck ebenso wie Nistmöglichkeiten vorgefunden, um nur zwei wichtige Kriterien zu nennen. Am Ende des Besuchs waren die Prüfer zufrieden. „Wir haben alles gefunden, was wir finden müssen“, stellte Eder fest und setzte mit Wagenstaller die Fahrt nach Schweinhütt fort.

Dort wurde der Garten der Familie Wühr besucht. Sabine Wühr führt mittlerweile regelmäßig Gruppen durch das über 2000 Quadratmeter große Gelände. „Hier haben wir einen sehr gepflegten Schaugarten, wenn wir aber auch wichtige ökologische Punkte, wie etwa ein Totholzhaufen und wildes Eck, unterschiedliche Lebensräume für Tiere und die Anlage und Nutzung eines Komposts finden, dann spricht hier nichts gegen eine Zertifizierung.“ Beim Gang durch den Garten konnten die Experten dann alles Notwendige entdecken. Besonders beeindruckt zeigte sich Eder von einem alten Apfelbaum. „Der Erhalt solcher Bäume mit Höhlen und Spalten ist für die Tiere im Garten besonders wertvoll“, betont Eder. Nach dem fast einstündigen Besuch in Schweinhütt setzten die Prüfer ihre Reise in Richtung Zwiesel fort.

Dort angekommen wurde der Garten von Hermann und Roswitha Ruder inspiziert. „Der Garten war, wie auch der in Schweinhütt, im vergangenen Jahr an der Aktion offene Gartentür beteiligt“, erinnert sich Eder und so betritt er auch in Zwiesel kein unbekanntes Terrain. „Unsere Besuche laufen ungefähr gleich ab, wir sprechen über das, was erlaubt und was verboten ist, und danach besichtigen wir den Garten“, erklärt Wagenstaller dem Ehepaar. Bei der Besichtigung können sich die beiden davon überzeugen, dass auch in Zwiesel alle Kriterien erfüllt sind. Besonders herausragend ist ein großer Birnen-Spalierbaum an der Hauswand. „Die Anforderungen werden auch hier erfüllt“, kann Eder nach dem Besuch zufrieden feststellen.

Weiter geht es dann in Böbrach. Dort wird ein Garten besichtigt, der am Ortsrand liegt und mehrere Bereiche hat. Es gibt einen Teich, naturnahe Wiesen und auch einen sehr gepflegten Gartenbereich. Eine Besonderheit ist der Bewuchs am Haus. Der wilde Wein hat die Südseite des Haues fest im Griff, er wächst über den Balkon bis hoch zum Dachgiebel. An der Nordwestseite wächst zudem Efeu bis zum Dach, „ideale Lebensbedingungen für Vögel und Insekten“, freut sich Eder. Nachdem alle Regeln eingehalten werden und die notwendigen Punkte in Sachen Naturgartenelemente, Bewirtschaftung und Nutzgarten erfüllt sind, ist am Ende klar, dass auch dieser Garten zertifiziert wird.

Zu guter Letzt geht die Fahrt für Wagenstaller und Eder nach Viechtach in den Garten von Linda Langer. Ihr Stadtgarten bietet manch Überraschung. So befindet sich dort, neben anderen Laubbäumen, nicht nur ein kleiner Apfel- und Aprikosenbaum, hier steht auch „einer der schönsten und ältesten Mispelbäume im Landkreis, eine eher selten anzutreffende Obstart. Der Baum hat eine besondere Qualität“, stellt Eder fest. Gleich neben dem Baum ist ein großer Holzhaufen zu finden. „Da lebt unsere Igelfamilie“, sagt Linda Langer und führt die Prüfer durch den Garten. Nach dem Rundgang können Eder und Wagenstaller auch ihr signalisieren, „dass ihr Garten gute Chancen hat, das Zertifikat zu bekommen.“

Hintergrund: naturnaher Garten

Bei der Zertifizierung gibt es vier Kernkriterien, die erfüllt sein müssen. Dies ist der Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel und der Verzicht auf chemische Dünger. Zudem darf es keinen Einsatz von torfhaltigen Substraten zur Bodenverbesserung geben. Ferner muss eine hohe ökologische Vielfalt (Biodiversität) vorgefunden werden.

Zu den Pflichtpunkten kommen weitere Punkte, die nur teilweise erfüllt sein müssen. Mit einem Punktesystem wird überprüft, ob genügend Kriterien erreicht wurden. Die Punkte sind in zwei Bereiche aufgeteilt, die Naturgartenelemente sowie die Bewirtschaftung und Nutzgarten.

Bei den Naturgartenelementen gibt es die Kriterien: wildes Eck, Zulassen von Wildkraut, Wiese und Wiesenelemente, Vielfalt der Lebensräume, Laubbäume, Blumen und blühende Stauden (Insektennahrungspflanzen) und gebietstypische Sträucher und Gehölze.

Im Bereich Bewirtschaftung und Nutzgarten gibt es die Punkte: Gemüsebeet und Kräuter, Komposthaufen, Mischkultur, Fruchtfolge, Gründüngung und Mulchen, Nützlingsunterkünfte, Obstgarten und Beerensträucher, Regenwassernutzung und Bewässerung sowie umweltfreundliche und regionaltypische Materialwahl.

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