Wirtschaft
Umweltministerin unterstützt 18-Jährigen im Kampf gegen Folienmonster Einkauf aktuell

08.07.2017 | Stand 13.09.2023, 2:28 Uhr
−Foto: n/a

Ein 18-Jähriger hat mit einer Online-Petition den Kampf gegen den „gelben Riesen“ Post angetreten – mit riesigem Erfolg. Das in Plastikfolie gepackte Prospekt-Paket „Einkauf aktuell“ ist ihm ein Dorn im Auge – jetzt hat er Unterstützung aus Berlin erhalten.

BONN_25SIMMBACH Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat sich nach einem Treffen mit dem 18-jährigen Fabian Lehner aus Simbach im Inn (Niederbayern) kritisch über „Einkauf aktuell“ geäußert. Bei dem Treffen, das am Dienstsitz Hendricks in Bonn stattfand, übte die Ministerin auch harsche Kritik an der Post und ihrer Prospektverteilung: „Grundsätzlich sollte auch beim Verteilen von Werbemitteln auf einen sparsamen Umgang mit Ressourcen geachtet werden“, sagte Hendricks nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa. Die Ministerin wolle die Verantwortlichen der Deutschen Post auf das Problem der Plastikfolie aufmerksam machen.

Dabei geht es um viel, auch für die Verlage: Das Geschäft mit den Werbeprospekten ist in vielen deutschen Lokalzeitungen eine tragende Säule des Geschäftsmodells. In Zeiten schrumpfender Auflagen und fehlender finanzieller Kompensation durch die ins Netz abwandernden Leser war und ist die Prospektverteilung ein Geschäftsfeld, das in weiten Teilen Deutschlands Journalismus mitfinanziert.

Die Deutsche Post schickt sich seit ein paar Monaten auch in Ostbayern an, das Produkt „Einkauf aktuell“ anzubieten. Das Argument ist dabei die Verteilung: Denn statt der vielen tausend Zeitungsausträger, die von den Verlagen angestellt werden, versucht der gelbe Riese, seine eigenen, offenbar riesigen Ausfälle im Briefgeschäft auszugleichen – und macht aus seinen Postboten kurzerhand Prospektverteiler. Das stößt bei denen nicht immer auf Gegenliebe – und: Die Post baut dabei ein neues Geschäftsfeld auf, das sie auf ein ehemaliges Staatsmonopol gründet. Erst am 1. Januar 2011 wurden die letzten Hürden des Postmonopoles durch EU-Recht gekippt. Seither muss sich die Post, bislang Monopolist, gegen Konkurrenz wappnen – und die kam auch von den Verlagen. „Einkauf aktuell“ ist dabei der unverhohlene Versuch, zurückzuschlagen.

Dem Staatsbetrieb Post ist ein Dax-Unternehmen gefolgt, in dem der Staat längst nicht mehr die Oberhoheit besitzt. Nur noch 30,5 Prozent werden von der KfW-Bankengruppe im Auftrag des Bundes kontrolliert. Etwa zwei Drittel der Post-Aktien sind in Streubesitz, etwa ein Viertel übrigens in Händen britischer Aktionäre. Nur 12,1 Prozent der Aktien werden von Deutschen gehalten.

Fabian Lehner indes ist der David, der sich gegen den Goliath positioniert hat und der Deutschen Post in Sachen „Einkauf aktuell“ gerade richtig Probleme bereitet. Zwar hat eine Online-Petition mit 85.000 Zeichnern keinerlei rechtliche Wirkung, sie signalisiert, wie im Fall Hendricks nun belegt, der Politik einen gewissen Unmut in der Bevölkerung. Immerhin erreichte der Simbacher, dass es nun einen runden Tisch geben soll mit Vertretern der Post und der Abfallwirtschaft.

Der Druck, der durch Lehners Online-Petition und die daraus resultierende Berichterstattung entstand, ist so groß, dass sich auch bereits Unternehmer zu Wort meldeten, die für die Post die Prospekte in Folie einschweißen. Angeblich, so sagten sie, könne man die Prospekte mitsamt der Folie in den Papiermüll werfen. Das Argument ist natürlich fadenscheinig – selbst wenn Maschinen das Papier vom Plastik trennen würden, wäre der Energieaufwand dafür in der Masse enorm. Die Frage bleibt: Warum verteilen hunderte deutsche Verlage in diesem Land ihre Prospekte sauber auf Recycling-Papier, während die Post sie einschweißt?

Übrigens haben viele genervte Bürger zwischenzeitlich zu einem ganz anderen Mittel gegriffen, um der Post zu signalisieren, sie solle ihr „Einkauf aktuell“ doch bitte behalten. Sie nehmen die eingeschweißten Werbeprospekte – und werfen sie der Post einfach in den Briefkasten zurück. Mal sehen, ob es auch Maschinen gibt, die Briefe von Folienpaketen trennen können.

Regensburg