Martin Tweraser ist Europa-Meister
Rottaler ist der treffsicherste Schütze Europas mit dem historischen Bogen

13.07.2018 | Stand 13.09.2023, 2:00 Uhr
−Foto: n/a

Martin Tweraser holt sich EM-Titel mit selbst gebautem Sportgerät.

BAYERBACH Martin Tweraser von den Bogenschützen Bad Birnbach hat mit dem Europameistertitel mit dem Historical Bow bei den Titelkämpfen in Oberwiesenthal seinen bisher größten sportlichen Erfolg gefeiert. Dabei sah es an den beiden ersten Turniertagen gar nicht nach Gold aus. Vor zwei Jahren hatte er da noch in Führung gelegen und war eingebrochen. Diesmal lief es genau anders herum.

Seit 2004 betreibt Martin Tweraser das Bogenschießen. Wie jeder Anfänger schoss er mit einem Recurve-Bogen, dann einige Jahre lang mit dem Langbogen. „Ich wollte mir aber immer mal auch einen eigenen Bogen bauen“, verrät der Bayerbacher.

Bei den Bogenschützen Bad Birnbach hatte er einen Lehrmeister, der ihm Tipps gab, wie man das Sportgerät selbst bauen kann. „Mein erster Bogen war aus einem Eschenbrett. Er war zwar kein Kunstwerk, aber geschossen hat er gut“, schmunzelt der gelernte Steinbildhauer. Er versuchte es weiter, im Laufe der Jahre hat er schon 15 bis 20 Bögen selbst gebaut.

Sein Meisterstück lieferte er dann aus einem Rundling aus Osage Orange Holz. „Aus diesem Holz haben schon die Indianer ihre Bögen gebaut“, weiß der Europameister. Einen Rundling spaltet er in vier Teile. „Mit einem Ziehmesser rindelt man eines der Teile ab und bearbeitet es dann mit Hobeln und einer Zieglänge. Beim Bau muss man darauf achten, dass der obere und untere Wurfarm sich gleich biegen“, erklärt der Experte. Der Bogen wird dann noch gebeizt, erhält einen Ledergriff, wird mit Hartwachs aufpoliert und schließlich die Sehne gespannt.

„Bei der Europameisterschaft darf man in der Klasse der historischen Bögen schießen, wenn der Bogen vor 1900 üblich war. Eine Qualifikation gibt es nicht, man muss nur Mitglied im Verband sein“, erklärt Tweraser.

2.200 Teilnehmer aus 29 Nationen starteten bei der EBHC-EM in Oberwiesenthal, davon 118 Männer und rund 50 Damen in der Historical Class. Geschossen wird auf 3D-Ziele wie Hirsche, Bären, Füchse oder Wildschweine aus Schaumstoff aus einer Entfernung zwischen acht und 54 Metern.

Dabei gibt es keine Schiedsrichter, die Teilnehmer werden in Gruppen a sechs Schützen aufgeteilt. „Einer ist der Captain, zwei übernehmen die Aufgabe als Schreiber und die anderen drei sammeln die Pfeile ein“, erläutert Tweraser.

Der Bayerbacher startete bereits vor zwei Jahren bei der EM in Saalbach. Und wie: Nach den beiden ersten Tagen führte er das Feld an. „Der Druck war dann aber wohl ein bisserl zu groß für mich und ich fiel an den beiden letzten Tagen noch auf Platz 5 zurück“, bedauert Tweraser.

Diesmal ging er die Sache lockerer an. „Ich war mental besser drauf“, sagt Tweraser. Doch der Start verlief mau. Der Rottaler lag nur auf Platz 25 nach dem ersten Tag. Nach dem zweiten Tag war es dann schon der sechste Rang, und nach dem dritten Tag war er Zweiter.

Tweraser rückte in die Sechser-Gruppe der Besten auf und war als Schreiber im Einsatz. Der Führende Lutz Koschorek aus Deutschland war Captain – und musste am Schlusstag zusehen, wie Tweraser ihm noch 70 Punkte abnahm und sich den Titel schnappte.

„Stand, Anker und Ziel“, sind die drei Grundsätze für einen guten Schuss, so Tweraser. Er selbst schießt mit seinem selbst gebauten Bogen, der 58 Pfund wiegt und ein Zuggewicht von 50 Kilo ausweist. Zum Vergleich: Ein Anfänger schießt mit einem Bogen mit 20 Kilo Zuggewicht.

Twerasers Holzfeile sind aus Bergfichte, versehen mit einer Gänsefeder. Die baut er vor allem in den Wintermonaten. „Eine prima Entspannung“, findet der Bayerbacher.

Mindestens einmal pro Woche trainiert er am Vereinsparcours „Ich bin da sehr akribisch, messe sogar die Geschwindigkeit, um immer möglichst die gleiche Flugbahn hinzubekommen“, verrät der Europameister.

Im nächsten Jahr findet die Weltmeisterschaft in den USA statt. „Dafür ist mir der Aufwand zu groß“, sagt Tweraser. Bei der EM 2020 in der Bretagne will er aber wieder an den Start gehen, um seinen Titel zu verteidigen.

In Oberwiesenthal waren noch weitere Teilnehmer von den Bogenschützen Bad Birnbach am Start. Der Österreicher Erich Martini, der Mitglied in Bad Birnbach ist, wurde bei der EM Neunter, Josef Ortner schaffte Platz 16, Walter Hofer Rang 39 und Günther Haslinger Platz 82.

Rottal-Inn