Geschafft
38 Kilometer im Sauseschritt über Berg und Tal

09.07.2018 | Stand 04.08.2023, 8:31 Uhr
−Foto: n/a

117 Teilnehmer meistern „Herausforderung“ – Wanderparty zum Abschluss

BODENMAIS Es ist vier Uhr morgens. Eigentlich könnte ich mich im Bett noch mal umdrehen, denn meinen Wecker habe ich erst auf halb fünf gestellt. Doch schlafen kann ich ohnehin nicht mehr und so springe ich getreu dem Motto „der frühe Vogel fängt den Wurm“ aus den Federn. Teewasser aufstellen, Brotzeit einpacken, ab ins Bad und dann rein in die Wanderklamotten. Punkt fünf Uhr steige ich in mein Auto und düse los Richtung Bodenmais. Die „Herausforderung“ steht mir bevor: 38 Kilometer wandern und dabei 1576 Höhenmeter bezwingen.

Bevor ich in Bodenmais mit 116 anderen Teilnehmern den Gipfelsturm starte, wartet erst ein leckeres Frühstücksbüffet auf uns. Alles was das Wandererherz begehrt, steht auf den Tischen bereit. Ich brauche jetzt erst mal eine Tasse Kaffee. Appetit hab ich noch keinen und so schlürfe ich lieber noch eine zweite Tasse Kaffee. Zeit habe ich ohnehin. Denn während die ersten Wanderer – diejenigen, die sich für das gemütliche Gehen entschieden haben – sich ihren Rucksack auf den Rücken schnallen, geht es bei mir erst um acht Uhr los. Ich wandere mit Elke Hiebl von der Tourist-Information Bodenmais, die die Wanderroute zusammengestellt hat.

Wer mit Elke, einer ehemaligen Ultratrailläuferin unterwegs ist, der muss wissen, dass das Tempo hoch ist und die „Rennsemmel“ gerne noch einen Zahn zulegt. Als wir starten, besteht unsere Gruppe aus Elke und vier Teilnehmern. Wir sind die Letzten im Felde, aber wenn es nach Elke geht, werden die Letzten die Ersten sein. So zumindest legt sie schon mal los.

Zügig schreiten wir voran, hoch zum Hochfall, dem ersten Naturschauspiel, das sich auf unserer Wanderstrecke bietet. Ein kurzer Fotostopp und schon geht es weiter. Immer bergauf bis zum Hüttlschachten. Dort wartet der erste Verpflegungspunkt und wir haben bereits zur ersten Wanderergruppe aufgeschlossen. Während diese Gruppe immer noch Brotzeit macht, treibt uns Elke wieder voran. Weiter geht es über den Hochwiesschachten, Heugstatt, Enzian und Kleinen Arber in Richtung Chamer Hütte, unserem nächsten Etappenziel. Bis dahin liegen allerdings noch etwa zweieinhalb Stunden Marsch vor der Gruppe.

Traumhaftes Wanderwetter

Das Wetter meint es übrigens bestens mit uns. Strahlender Sonnenschein, Temperaturen um die 25 Grad und immer eine leichte Brise, die einem genau dann um die Nase streicht, wenn man sie gerade am meisten brauchen kann. Ein kühles Lüftchen bringt nicht nur Abkühlung, sondern auch frischen Wind. Und so wandern wir im Sauseschritt weiter. Von einem bequemen Forstweg wechseln wir auf einen kleinen Steig. Über Stock und Stein führt der schmale Weg bergauf. Immer wieder zweigen wir mit Elke kurz vom eigentlichen Weg ab. Sie zeigt uns ganz besondere Plätze, die bei dem herrlichen Wetter einen wunderschönen Ausblick auf den Bayerischen Wald und seine Berge erlauben.

Nach den kurzen Momenten, in denen innegehalten wird, geht es aber wieder weiter. Denn zur Mittagszeit wollen wir bei der Chamer Hütte sein. Um dorthin zu gelangen, steht uns noch ein steiniger Anstieg bevor. Doch kaum sind wir oben am Kleinen Arber, hören wir schon sanfte Klänge in unseren Ohren. Die bayerische Musik gibt uns den Takt vor und in Nullkommanix haben wir den Gipfel hinter uns gelassen. Wir sind von Stein zu Stein gesprungen, das Zwischenziel hörbar vor Augen. Vor uns liegt die Chamer Hütte. Pause!

Eine große Anzahl von Teilnehmern des Wanderevents sitzt schon an den Tischen und lässt sich Wiener oder Debrecziner mit Brot und Kartoffelsalat schmecken. Dazu ein kühles Getränk – Wandererherz, was willst du mehr. Auch Bodenmais‘ Bürgermeister Joli Haller ist vor Ort. Er und sein Musikerkollege Christian Weinberger sind es, die uns aufgespielt und somit musikalisch zur Hütte geleitet haben. Ich setze mich auf eine Bank und schon gesellen sich andere Wanderer dazu. Es wird erzählt und gelacht. Schnell lernt man neue Leute kennen und beim gemeinsamen Ratschen fliegt die Zeit nur so dahin.

Für uns heißt das: Aufbruchsstimmung! Nach der kurzen Einkehr geht es gestärkt weiter. Das nächste Etappenziel ist der Große Arber. Wir bezwingen den König des Bayerischen Waldes über die Himmelsleiter, kein Wunder, denn Elke hat mir während unseres Marsches mit einem Schmunzeln im Gesicht erzählt, dass wir im „gelobten Land“ unterwegs sind. Sie ist einfach ein Fan ihrer Heimat – durch und durch! Und auch ich verliebe mich in die vielen Orte, die abseits der markierten Wege Wandergenuss pur zu bieten haben. Die letzten Stufen und schon sind wir da: der Große Arber liegt uns nun zu Füßen. Ganz klar, hier muss auf jeden Fall ein Erinnerungsfoto her!

Klick, klick, lächeln ... und dann kehren wir dem höchsten Berg im Bayerischen Wald und damit auch dem höchsten Punkt unserer Wanderung schon wieder den Rücken zu. Es geht abwärts über viele Steine und Wurzeln zum Großen Arbersee. Durch das Dach der Blätter sieht man schon das Glitzern des Wassers. Dort angekommen sehe ich auch das erste Mal das neu erbaute Arberseehaus. Wir machen kurz Pause, einige Wanderer umrunden den See noch, ehe es weitergeht. Ich genieße die Sonne und hole mir eine Tasse Kaffee. Das frühe Aufstehen fordert seinen Tribut. Ich bin etwas müde! Vielen anderen Wanderern geht es wohl genauso. Die Schlange am Kiosk wird immer länger und die Bestellungen sind sehr einseitig. Kaffee, Cappuccino, Cappuccino, Kaffee hallt es wie auf einem Tonband durch das kleine Geschäft. Wir sind wohl alle unterkoffeiniert. Wie erhofft, gibt der Kaffee neuen Schub. Nichts ist mehr vom Mittagsdurchhänger übrig. Mit neuem Schwung greife ich wieder an.

Auf dem Anstieg zum Bretterschachten mache ich nicht nur Meter gut mit meiner Gruppe, nein, wir rollen das Feld so richtig von hinten auf und ziehen an vielen anderen Teilnehmern vorbei. Am Bretterschachten wartet erneut das Verpflegungsauto auf uns. Wir können uns mit Brezen, Obst, Kuchen oder nussigen Bäckerriegeln stärken. Auch Getränke stehen genügend zur Verfügung. Verdursten und Verhungern muss hier wirklich niemand!

Blasen und schwere Beine

Elke erzählt mir, dass jetzt alle Wanderer wieder beisammen sind. Aus vielen kleinen Gruppen ist eine große geworden. Manche Wanderer beklagen schon Blasen an ihren Füßen oder haben mit Schmerzen in den Beinen zu kämpfen. Mir geht es immer noch gut. Gott sei Dank!

Ich freue mich schon aufs Weitergehen. Elke hat mich schon ganz heiß gemacht: In einer guten halben Stunde wartet eine Überraschung auf uns! Was das wohl sein wird? Nicht nur ich zerbreche mir den Kopf. Aber Elke denkt nicht daran, uns etwas zu verraten. Die Überraschung ist aber Ansporn für alle. Rasch wird weiter marschiert. Ein gut ausgebauter Forstweg bietet dafür auch die besten Voraussetzungen. Und dann habe ich sie auch schon entdeckt, die Überraschung. Ein riesiger giftgrüner Bilderrahmen steht mitten am Wegesrand. Der Bildinhalt: eine quasi Luftaufnahme von Bodenmais. Wir blicken auf den Ort, den wir heute nach dem Frühstück hinter uns gelassen haben und wir haben auch unser Ziel schon im Visier: den Silberberg. Er thront über dem Markt Bodenmais und ist die Endstation unserer Reise. Ein eigens engagierter Fotograf macht vor dieser wunderbaren Kulisse noch Bilder von uns.

Doch auch wenn der Silberberg in Luftlinie zum Greifen nah ist, zu Fuß dauert es doch noch etwas, bis wir den markanten Berg mit seiner Doppelspitze erreichen. Wir müssen dafür erst noch vorbei an den Rißlochwasserfällen, die tosend ins Tal stürzen. Klick, ganz klar – auch hier muss ein Erinnerungsfoto in den Kasten! Aber jetzt ist wirklich Endspurt angesagt. Über die Schönebene geht es rüber zum Silberberg. Nennenswerte Höhenunterschiede sind hier nicht mehr zu bewältigen. Nur noch die Kletterei zum Gipfelkreuz und ich bin am Ende meiner Tour angelangt! Voller Freude und voller Eindrücke! Dass die Beine etwas schwer sind, ist bei dem gigantischen Gipfelausblick schnell vergessen. Außerdem wartet auf der Mittelstation des Silberbergs schon die Wanderparty auf uns! Ein krönender Abschluss.

Herausforderung gestemmt

Der Duft von Grillwürsteln und Steaks zieht uns regelrecht vom Berg herab. Immer der Nase nach eilen wir die letzten paar Meter zur Einkehr. Jeder von uns hat dieses geile Gefühl, die „Herausforderung“ gepackt zu haben.

Wir sind stolz auf uns! Ich stoße mit einem Glas Sekt auf diesen gelungenen Wandertag an! Die kleinen Strapazen der Tour sind schnell vergessen und auch die Beine haben sich im Eiltempo erholt. Denn die Band, die am Silberberg unsere Party begleitet, weiß, wie man müde Männer und Frauen wieder munter macht. Mit Bierbänken bauen wir vor den Musikern eine Bühne auf. Springen darauf, tanzen und singen „ein Hoch auf uns“!

Regen