
Dezent trifft kräftig - Die dezenten Farbtöne lassen sich hervorragend mit den strahlenden Tönen kombinieren - hier beim Label Givn Berlin zu sehen (Cordblazer ca. 150 Euro, Cordhose ca. 130 Euro, Cardigan ca. 120 Euro, Bluse ca. 90 Euro, Hose ca. 120 Euro). - Foto: Givn Berlin/dpa-tmn
Gute Laune kann man anziehen, heißt es aus der Modepsychologie. Dopamin Dressing heißt dieser Trend, der sich in diesem Herbst und Winter in auffälligen Farben zeigt.
Wie ziehen Sie sich im Winter an? Warm, kuschelig - und in gedeckten Farben? An einem wintergrauen Tag sieht man oft ebenso gekleidete Menschen - dunkel, unauffällig scheint so oft das Motto zu sein. Das könnte sich in dieser Saison allerdings ändern.
In den Kollektionen erblühen die Kleidungsstücke geradezu. Das kennt man sonst nur aus den wärmeren Jahreszeiten oder von sportlicher Outdoor-Mode.
Kräftiges Orange, Zitronengelb, Feuerwehrrot, Barbiepink, Himmelblau, Grasgrün - jede Farbe findet sich in ihrem strahlendsten, kräftigsten Ton. Auch darunter: Neontöne. «Ein Feuerwerk an Farben», nennt das die Stylistin und Farbberaterin Sylvia Ebner. «Das ist gerade für unsere Wintermode sehr ungewöhnlich und toll.»
Farben als Stressfänger
Das Bedürfnis nach Farbe ist gerade in diesen Zeiten nicht überraschend, sagt Carl Tillessen, Trendanalyst des Deutschen Mode-Instituts. Denn Farbe ist nicht einfach nur Farbe. Sie dienten etwa in Zeiten der Pandemie, die viele als destabilisierend empfunden hätten, dazu die Stimmung zu regulieren.
Und: Die fröhlichen Farben sollen die Stimmung ganz bewusst anheben, für gute Laune sorgen. Das nennt sich dann Dopamin Dressing. Die Modepsychologie geht davon aus, dass das Kleiden in bestimmten Farben, Mustern und Styles es schafft, eine positive Erwartungshaltung zu kreieren und das schüttet in uns das Motivations- und Glückshormon Dopamin aus.
Deswegen findet man die starken Farben gerade vor allem bei Kleidungsstücken für die besonderen Anlässe, fürs Ausgehen. Also fernab des Alltags mit seinen Energie- und Finanzkrisen, mit der fortwährenden Pandemie. Dann, wenn wir Kraft tanken durch besondere Unternehmungen und uns das alte Leben vor der Pandemie zumindest für eine Zeit lang zurückholen können.
Ruhigere Töne im Alltag
Wir sehen «in den knalligen Farben diesen Nachholbedarf, diesen Lebenshunger, dieses Ausgehen, dieses Extrovertierte», so Carl Tillessen. Und das steht im Kontrast zur Alltagskleidung: «Der bequeme Look ist farblich eher zurückhaltend. Er strahlt eine gewisse Entschleunigung und Beruhigung aus, eine Einkehr und Achtsamkeit, die wir im Lockdown zurückgewonnen haben.»
Die Textilien der Alltagskleidung sehen oft aus, als wären sie gar nicht gefärbt, «also Baumwolle in diesem natürlichen Rohweiß oder Wolle eben in Wollweiß», so Tillessen. Daneben sieht man beim Blick in die Kollektionen der Modelabels viel Grau, dezente Braun-, Beige- und Olivtöne und natürlich den Klassiker Schwarz.
Ganz so streng dürften sich die Kleiderschränke der meisten nicht in Ausgeh- und Alltagskleidung in den entsprechenden Farben aufteilen. Denn die knalligen Farben lassen sich gut mit dezenten Tönen kombinieren - und wirken deshalb auch im Alltag toll.
Dezentere Töne sorgen für Eleganz
Die Farbkombinationen sollen «Kraft und Lebensfreude» ausdrücken und man selbst damit auch wieder sichtbarer werden, erläutert die Farb- und Stilberaterin Ebner. Zugleich kommt mit den dezenteren Tönen Eleganz ins Outfit. Und für Modeberater Andreas Rose auch «Frische», etwa indem man einen «kräftigen Eyecatcher wie Gelb oder Orange zu klassischen Basics in Weiß, Schwarz oder Grau» trägt.
Das reicht Ihnen nicht? Dann ist der Tipp von Einkaufsberater Andreas Rose: Ein farbintensives Statement-Piece mit einem anderen Kleidungsstück aus der gleichen Farbfamilie kombinieren. «Ein leuchtendes Grün zu der entsprechenden pastelligen Nuance wie Eukalyptusgrün oder ein knalliges Rot zu einem sanften Rosé.»
Übrigens: Bei so intensiven Farben tut es dem Outfit gut, wenn es durch seine Schnitte nicht zu sehr auffällt. Wer den Trend tragen möchte und trotzdem eher ein dezenter Typ ist, sollte darauf achten, die bunten Farben im unteren Bereich des Körpers zu konzentrieren.
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Outfit von someday - Wer sich nicht komplett in Knallfaben kleiden möchte, setzt Farbakzente im sonst klasssischen Outfit - wie hier bei someday zu sehen (Blazer ca. 140 Euro, Jeans ca. 90 Euro, Oberteil ca. 100 Euro). - Foto: someday/dpa-tmn

Kombinationsbeispiel von Gant - Zu den auffallenden Farben gibt es auch einen Gegentrend - dezente Töne, vor allem viel Weiß. Hier ein Kombinationsbeispiel von Gant (Jacke ca. 180 Euro, Pullover ca. 200 Euro, Hose ca. 180 Euro, Schuhe ca. 60 Euro). - Foto: Gant/dpa-tmn

Kleid von Marcel Ostertag - Strahlende Farben, die eher an Sommerblumen erinnern, kommen jetzt gerade in der dunkleren Zeit des Jahres in Trend. Wie zum Beispiel dieses Kleid von Marcel Ostertag (ca. 749 Euro, Kette 2.499 Euro). - Foto: Marcel Ostertag/dpa-tmn

Im Alltag gern ruhiger - Die Textilien der gemütlichen Alltagskleidung sind oft nur dezent gefärbt. Wie zum Beispiel auch bei Second Female zu sehen (Jacke ca. 225 Euro, Blazer ca. 189 Euro, Hose ca. 145 Euro). - Foto: Second Female/dpa-tmn

Stimmungsaufheller - Das Tragen von so starken Farben kann Spaß machen - tut man das bewusst mit diesem Ziel, spricht man vom Dopamin Dressing. Hier ein Beispiel von Dawid Tomaszewski (Blazer ca. 799 Euro). - Foto: Dawid Tomaszewski/dpa-tmn

Abheben vom grauen Wetter - Sieht mich jemand im grauen Winter? Gerade die Mäntel und Jacken haben auffallende Farben, wie dieses Beispiel von Benetton (Teddy-Mantel ca. 199 Euro, Tasche ca. 70 Euro). - Foto: Benetton/dpa-tmn

Starke Verwandtschaft - Trendig sind nach wie vor monochrome Outfits mit Tönen aus einer Farbfamilie. Zum Beispiel auch bei Essentiel Antwerp zu sehen (Rollkragen ca. 85 Euro, Mantel ca. 465 Euro, Blazer ca. 165 Euro, Hose ca. 245 Euro). - Foto: Essentiel Antwerp/dpa-tmn

Natürliche Töne im Alltag - Die Textilien der Alltagskleidung sehen oft aus, als wären sie gar nicht gefärbt, etwa in Rohweiß. Hier ein Beispiel von Josh V (Weste ca. 230 Euro, Pullover ca. 140 Euro, Hose ca. 150 Euro, Gürtel ca. 70 Euro, Tasche ca. 150 Euro, Sonnenbrille ca. 80 Euro). - Foto: Josh V/dpa-tmn