Jobticket und Co.
Statt Gehaltserhöhung? Wann sich steuerfreie Extras lohnen

27.03.2023 | Stand 27.03.2023, 14:59 Uhr

Jobticket - Will man sein bestehendes ÖPNV-Abo in ein Jobticket umwandeln, braucht es dafür vor allem zwei Dinge: Die Zustimmung des Arbeitgebers und den Abo-Nachweis. - Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Am Monatsende bleibt zu wenig Geld übrig, doch die gewünschte Gehaltserhöhung scheint weit entfernt? Dann können Sie vielleicht steuerfreie Extras aushandeln. Welche es gibt - und wie man sie bekommt.

Gerade in Zeiten der Inflation bemerken Beschäftigte oft, dass sie mit ihrem Gehalt nicht mehr so weit kommen wie gewohnt oder gewünscht. Für manche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heißt das auch: Zeit für Gehaltsverhandlungen. Doch dabei muss man nicht nur an ein höheres Bruttogehalt denken.

Eine weitere Möglichkeit sind Extras. Sie können unter Umständen leichter ausgehandelt werden und teilweise sogar mehr einbringen. Denn eine ganze Reihe sind für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steuer- und sozialabgabenfrei.

Vom Fahrrad bis zum Gutschein

Der Klassiker unter den steuerfreien Extras ist das Jobticket, so Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler Deutschland. «Dafür braucht der Arbeitgeber nur einen Nachweis des Arbeitnehmers über das bestehende Abo.» Arbeitnehmer müssen allerdings beachten, dass die gesponserten Ticketkosten später die abziehbaren Fahrtkosten in der Einkommensteuererklärung mindern.

Das Jobticket sei eine gute Sache, sagt Karbe-Geßler. Doch es ist nicht die einzige Option. «Eine weitere Möglichkeit sind Fahrräder. Anschaffung und Leasing müssen dabei über den Arbeitgeber laufen», so die Expertin vom Bund der Steuerzahler.

Was viele nicht wissen: Die Extras schließen sich gegenseitig nicht aus. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer sowohl ein Jobticket wie auch ein Fahrrad als Extra gewähren, sagt Karbe-Geßler. Und neben Zuschüssen zur Fortbewegung sind auch ganz andere steuerfreie Zuwendungen denkbar. Diese müssen noch nicht einmal im Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen.

Bezug zum Job ist nicht notwendig

«Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer monatlich 50 Euro in Gutscheinen gewähren», so Karbe-Geßler. Vom Gutschein fürs Lebensmittelgeschäft über Friseur- und Massagegutscheine bis zum Gutschein für die Autowerkstatt ist alles möglich. Allerdings gilt: «Bei den Dienstleistungen sollte es sich um ein klassisches Filialgeschäft handeln, denn bei Online-Shops wird es kompliziert», so die Expertin vom Bund der Steuerzahler.

Gutscheine und Geldkarten sind etwa nur dann steuerfrei, wenn ihr Einsatz auf bestimmte Geschäfte und Akzeptanzstellen begrenzt ist - oder mit ihnen nur aus einer festgelegten Produktpalette ausgewählt werden kann. Bei sogenannten Open-Loop-Karten, also Geldkarten, die überall eingesetzt werden können, fällt die Begünstigung seit 2022 weg.

Übrigens: Auch für Sprach- oder Computerkurse, die nicht unmittelbar dem Job zugutekommen, können Unternehmen ihren Angestellten steuer- und sozialversicherungsfreie Zuschüsse gewähren.

Für Kinderbetreuungszuschuss gibt es keine Obergrenze

Außerdem können krankenkassenzertifizierte Gesundheitsleistungen vom Arbeitgeber mitgetragen werden. Nimmt man an einem Kurs teil und erhält danach eine Teilnahmebestätigung, kann der Arbeitgeber diese Kosten als Extra übernehmen - und zwar bis zu 600 Euro im Jahr pro Mitarbeiter, sagt Karbe-Geßler.

Ein weiteres steuerfreies Extra, das sich für Eltern besonders lohnen kann: Der Kinderbetreuungszuschuss für noch nicht schulpflichtigen Nachwuchs. Für den Zuschuss, der die Kosten für Tagesmutter, Kita oder Kindergarten anteilig oder sogar ganz abdecken kann, gibt es keine Obergrenze. Er kann für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deshalb eine größere Entlastung bedeuten als eine Gehaltserhöhung.

Seit dem 26. Oktober 2022 haben Arbeitgeber außerdem die Möglichkeit, ihren Beschäftigten durch die Inflationsausgleichsprämie eine steuer- und sozialversicherungsfreie Zahlung von bis zu 3000 Euro zukommen zu lassen. Die Regelung gilt bis Ende 2024.

Im Sinne des Arbeitgebers argumentieren

Welches steuerfreie Extra Ihnen nun auch vorschwebt: Sie alle müssen vom Arbeitgeber zusätzlich zum Lohn gezahlt werden. Und sie sind eine freiwillige Leistung des Unternehmens, es besteht keine Pflicht sie zu gewähren. Wie also überzeugt man seine Vorgesetzten?

«Bei Extras fallen für den Arbeitgeber keine zusätzlichen Lohnnebenkosten an», sagt Gehaltscoachin und Verhandlungsexpertin Claudia Kimich. Das dürfte für viele Arbeitgeber ein wichtiges Argument sein.

Aber man kann auch die praktischen Vorteile betonen. «Wenn ich zum Beispiel für die Kinderbetreuung Geld kriege, kann ich mich besser auf die Arbeit konzentrieren, und wenn ich ein steuerfreies Fahrrad durch den Arbeitgeber bekomme, bin ich fitter», so die Verhandlungsexpertin. «Beides bringt dem Arbeitgeber etwas.»

Auch für Gesundheitskurse oder eine Weiterbildung wie beispielsweise einen Sprachkurs oder die Fitnessstudio-Mitgliedschaft lassen sich überzeugende Argumente finden, so Kimich.

Erst Gehalt, dann Extras

Wenn es in die Verhandlungen geht, rät sie allerdings zu einer klaren Reihenfolge: «Ich verhandle immer erst mal mein Gehalt.» Erst dann sollten Extras zur Sprache kommen. Schließlich sei das Gehalt für die Gesamtkarriere und die leistungsgerechte Bezahlung wichtiger.

Trotzdem mache Rechnen Sinn, so die Verhandlungsexpertin. Etwa wenn bei einer Gehaltserhöhung nach Abzug der Steuern kaum etwas übrig bleibt oder Steuergrenzen überschritten werden, die die Gehaltserhöhung zunichtemachen. Dann können sich steuerfreie Extras lohnen.

Eines sollte man laut Stiftung Warentest aber beachten: Anders als bei einer herkömmlichen Bruttolohnerhöhung zahlt man nicht mehr in die gesetzliche Rentenkasse ein, wenn man steuerfreie Extras bekommt. Hier wird letztendlich der Nettolohn aufpoliert.

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