Illegales Online-Casino muss Verlust ausgleichen

29.06.2022
−Foto: Janeb13 pixabay.com

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Illegale Online-Casinos unter Druck: Oberlandesgericht Frankfurt gibt Zocker recht!

Den Betreibern von illegalen Online-Casinos in Deutschland könnte ein heißer Sommer mit Verlusten in Millionenhöhe bevorstehen. Denn in Hessen haben kürzlich die Richter am Oberlandesgericht Frankfurt einem Zocker recht gegeben, der ein Online-Casino auf Rückzahlung seiner Verluste verklagt hatte. Der Anbieter muss ihm nun mehr als 11.700 Euro zurückzahlen, zuzüglich Zinsen. Der Branche könnte eine massive Klagewelle drohen.

Eine verlockende Vorstellung: Spielen ohne Risiko!

Stellen Sie sich einmal folgende Szenerie vor: Sie besuchen ein Casino und fordern das Glück am Roulettetisch heraus. Sie machen Ihren Einsatz und der Croupier spricht die berühmten Worte “Rien ne va plus!” – nichts geht mehr. Kurz darauf schickt er die Kugel auf ihre Reise und die teilnehmenden Spieler am Tisch schauen aufgeregt, wie sie durch den Roulettekessel rauscht. Die knisternde Spannung lässt sich regelrecht greifen, als die Kugel immer langsamer wird. In welchem Feld wird sie wohl liegen bleiben? Können Sie sich über einen lukrativen Gewinn freuen oder verlieren Sie Ihren Einsatz? Und tatsächlich: Sie gewinnen! Motiviert spielen Sie weiter, mal gewinnen Sie, doch immer wieder verlieren Sie. Am Ende des Abends befinden Sie sich etwa 500 Euro im Minus – wäre es da nicht klasse, wenn beim Verlassen des Casinos der Geschäftsführer des Hauses Ihnen Ihren Verlust zurückzahlen würde?

Kann es das wirklich geben?

Sie denken, das beschriebene Szenario klingt zu schön, um wahr zu sein? Verständlich, aber: Aktuell sorgt tatsächlich ein ähnlicher Fall für Furore. Wesentlicher Unterschied: Der Spieler hatte das Geld nicht in einem stationären Casino, sondern bei einem illegalen Onlineanbieter verspielt.
Bei dem Betroffenen handelt es sich um einen Mann aus Hessen. Über einen Zeitraum von mehreren Monaten nimmt er immer wieder an virtuellen Live-Roulette-Spielen teil, er spielt also in einem Online-Casino. Manchmal hat er Erfolg, häufig verläuft der Weg der Kugel jedoch nicht zu seinen Gunsten und er verliert das gesetzte Geld. Seine Verluste wachsen an, letztlich befindet er sich mehr als 11.700 Euro im Minus. Doch statt weiterzuspielen oder sich mit dem Verlust abzufinden, entscheidet sich der Mann für eine andere Möglichkeit. Er verklagt den Betreiber des Online-Casinos auf Erstattung seines verspielten Geldes.

Keine gültige Konzession = kein legales Glücksspiel

Im Jahr 2017 geht der Mann den Weg zum Anwalt, vier Jahre später, also 2021, fällt das Landgericht Gießen ein Urteil – zugunsten des Klägers. Die Richter geben dem Mann aus Hessen recht, da das von dem Unternehmen angebotene Glücksspiel vor dem Hintergrund des damals gültigen Glücksspielstaatsvertrags illegal gewesen sei und der Betreiber keine Konzession für das Angebot von Online-Glücksspielen im Land Hessen vorweisen könne. Das Online-Casino muss dem Spieler also tatsächlich seine Verluste erstatten. Doch statt zu zahlen, legt das Unternehmen Berufung ein. Dabei verweist es unter anderem auf eine Lizenzierung aus Malta und vertritt die Ansicht, dass das Angebot damit nach gültigem EU-Recht legal sei.

Berufung? Keine gute Idee!

Infolgedessen landet die Sache vor dem Oberlandesgericht Frankfurt. Doch zum Ärger des Betreibers teilen die Frankfurter Richter die Auffassung des Gießener Gerichts. Die Berufung des Online-Casinos wird abgewiesen, nach Ansicht der Frankfurter Richter ist sie unbegründet. Auch folgen sie nicht der Argumentation des Anbieters, der Spieler hätte sich selbst vorab über die in seiner Heimat geltenden Vorschriften und Gesetze informieren müssen, während dies dem Unternehmen nicht zuzumuten wäre. Für die Richter am Oberlandesgericht Frankfurt ist die Klage des Spielers zulässig und das Unternehmen hat dementsprechend die von dem Spieler erlittenen Verluste zuzüglich Zinsen zurückzuzahlen. Auch muss der Betreiber für die Prozesskosten aufkommen, die durch die eingelegte Berufung natürlich weiter gestiegen sind. Insofern hat sich die Berufung für das Unternehmen also absolut nicht gelohnt und lediglich die Kosten weiter in die Höhe getrieben.

Folgt nun eine massive Klagewelle?

Die Berufung könnte sich aber auch noch aus einem anderen Grund als Fehler für das Unternehmen erweisen. Die Klage des Spielers aus Hessen ist nämlich kein Einzelfall. Denn immer wieder verklagen Spieler illegale Online-Casinos auf Rückzahlung ihrer Verluste – und die Gerichte teilen ihre Ansicht. Durch die eingelegte Berufung in diesem Fall hat sich nun erstmals auch ein Oberlandesgericht mit einem solchen Verfahren befasst. Dementsprechend zieht der Fall auch deutlich mehr mediale Aufmerksamkeit auf sich und gewinnt in der Bevölkerung an deutlich mehr Bekanntheit. Das Urteil der höheren Instanz zugunsten des Spielers könnte somit auch viele weitere Spieler zu einer Klage ermutigen, die ebenfalls beträchtliche Verluste bei einem illegalen Casinoanbieter erlitten haben, bisher jedoch nicht von einer Klagemöglichkeit wussten oder dieser nur geringe Erfolgsaussichten zustanden und daher von einem aufwendigen und möglicherweise längerfristigen Verfahren abgeschreckt wurden. Erste Anzeichen für eine möglicherweise nun einsetzende Klagewelle gibt es bereits: Nach Aussage des Anwalts des Mannes aus Hessen bearbeitet allein seine Kanzlei 400 ähnliche Verfahren.

Der Druck wächst: Online-Casinos bilden Rückstellungen

Dass hier offensichtlich tatsächlich etwas in Bewegung kommt, zeigt derweil auch ein aktuelles Urteil aus dem April dieses Jahres: Am 28. April entschied nämlich das Landgericht Magdeburg, dass ein ebenfalls in Deutschland illegales Online-Casino (abermals durch die Behörden Maltas lizenziert) einer Spielerin aus Sachsen-Anhalt Verluste in Höhe von ca. 22.000 Euro ersetzen muss. Doch diese ersten Verfahren und Urteile dürften erst der Anfang sein. Denn in den letzten Jahren spielten Millionen von Spielern in Deutschland auf den Seiten illegaler Online-Casinos und verspielten dabei teilweise beträchtliche Summen. Ersten Schätzungen zufolge könnten hier Forderungen in Höhe mehrerer hundert Millionen auf die Casino-Betreiber zurollen. Inwiefern die Unternehmen eine mögliche Klagewelle überstehen würden oder ob einigen auch das Aus drohen könnte, lässt sich momentan nicht sicher einschätzen. Doch die Verfahren zeigen erste Wirkungen und lassen die Unternehmen bereits Vorkehrungen treffen – übrigens nicht nur wegen der deutschen Rechtslage. Ein prominentes Beispiel hierfür stellt der Anbieter bet-at-home.com dar. Im Oktober 2021 gab das börsennotierte Unternehmen bekannt, dass es sein Angebot in Österreich einstelle und aufgrund befürchteter Spielerklagen weitere Rückstellungen bilde.

Glücksspielstaatsvertrag für Spielerschutz und Rechtssicherheit

Währenddessen ist am 1. Juli 2021 in Deutschland der neue Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) in Kraft getreten, der besonders dem Spielerschutz und der Suchtprävention dienen soll. Zugleich soll mit dem neuen Regelwerk der Markt in Deutschland effizienter reguliert werden und mehr Rechtssicherheit einziehen. Die Online-Casinos können nämlich eine deutschlandweit gültige Erlaubnis für ihre Spiele bei der zuständigen Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder in Halle (Saale) beantragen und bei Erhalt sowie konsequenter Umsetzung der Bestimmungen den Spielern ein legales Spieleangebot unterbreiten. Eine behördliche White-List gibt Auskunft über die aktuell zugelassenen Online-Casinos und ist für Interessierte bequem online abrufbar; die erste Erlaubnis ist übrigens erst kürzlich an eine MERKUR Online-Spielothek vergeben worden.