Rallye-Ikone
Subaru Impreza: Das blaue Wunder aus Fernost

10.08.2021 | Stand 02.11.2021, 11:45 Uhr

Gewitter im Anmarsch? Nicht unbedingt, das Grollen könnte auch vom kernigen Sound des Imprezas kommen.- Foto: Andre Tillmann/Subaru/dpa-tmn

Förster, Jäger, Landwirte - wer draußen in Feld, Wald und Wiese sein Geld verdient, bei dem steht Subaru hoch im Kurs. Sportlern kamen die Japaner nie in den Sinn - das änderte der Impreza WRX STI.

Subaru? Da denken viele an Forester und Legacy. Wenn überhaupt. Die Marke ist in Deutschland nur in der Nische zu Hause. Der nach eigenen Angaben größte Hersteller von Allrad-Pkw steht für rustikale Kombis. Doch wer mal Rallye-Spiele an PC oder Konsole zockte, dürfte als erstes an den Impreza WRX STI denken. Nach dem Doppeltitel für die Konstrukteurs- und Fahrer-Weltmeisterschaft mit Colin McRae 1995 wurde der zum Star der Renn- und Rallye-Simulationen. Blaue Farbe, dicke Hutze auf der Haube, Riesenspoiler und gold lackierte Felgen.

Von der Schotterpiste auf den Asphalt

Vor ziemlich genau 20 Jahren schaffte er es auch auf die europäischen Straßen. Zur IAA im September 2001 beugte sich Subaru dem Drängen der Bleifußfraktion und startete auch hierzulande den Verkauf. Begonnen hatte die Geschichte allerdings schon deutlich früher, sagt Subaru-Sprecherin Andrea Wolf. Um die nötige Aufmerksamkeit für den Einstieg in die Kompaktklasse zu erzeugen, hatten sich die Japaner über ihre Rennabteilung Subaru Tecnica International (STI) damit Anfang der 1990er in der Rallye-Weltmeisterschaft engagiert.

In Japan wurde der Wagen ab Januar 1994 zum Verkauf angeboten. Die zweite Generation schaffte es 2001 auch nach Europa. «Mit charakteristischen STI-Scheinwerfern und -Grill, großer Hutze auf der Motorhaube und gerne in der beliebten leuchtenden Lackierung «World Rallye Blue» kombiniert mit golden lackierten Alurädern», schreibt Subaru in der Impreza-Chronik. Und mit damals ziemlich unvorstellbaren 195 kW/265 PS war der Wagen eine Wucht.

Konkurrenten wie VW Golf GTI oder Ford Focus RS stahl er auf Anhieb die Schau, sagt Frank Wilke vom Marktbeobachter Classic Analytics über das in der zivilen Version so unscheinbare Stufenheck. Gemeinsam mit dem Mitsubishi Lancer Evo stand er nicht nur sinnbildlich für den damals extrem populären Rallye-Sport. Er lebte auch von einem Übermut und einer Unvernunft, die man den ansonsten so nüchternen und unterkühlten Japanern gar nicht zugetraut hätte, so Wilke. Das gilt auch für den Preis. 2001 kostete der Wagen neu 69 000 D-Mark.

Teuflisch schnell durch die «Grüne Hölle»

Spektakulär auch die Zahlen: Der Sprint von 0 auf 100 km/h in 4,4 Sekunden katapultierte den Japaner in eine Liga mit Ferrari & Co. Die 7 Minuten und 55 Sekunden für eine Runde auf der Nordschleife des Nürburgrings machten ihn 2010 zum bis dato schnellsten Viertürer in der sogenannten «Grünen Hölle». Ständig wurde der Wagen weiterentwickelt. Nach einem Generationssprung 2008 gipfelte das 2014 in der vierten und bei uns vorerst letzten Auflage.

Die reckte wie ein Bodybuilder den Bizeps seinen Spoiler ins Rampenlicht und provozierte den Vordermann auch weiterhin mit einer großen Hutze auf der Haube. Dazu gab’s in den Kotflügeln noch riesige Kiemen und zwischen den Endrohren einen mächtigen Diffusor. Am 2,5 Liter großen Vierzylinder-Boxer hatte Subaru festgehalten. Der hat auch heute noch den unverwechselbar kernigen Klang.

Flach konstruiert und für den optimalen Schwerpunkt tief eingebaut, bläst ihm ein Turbo gehörig den Marsch, mobilisiert 221 kW/300 PS und 407 Nm Drehmoment. Man muss zwar viel schalten und dafür gefährlich oft die Hände vom Lenkrad nehmen, wenn man dieses Potenzial wirklich nutzen will. Doch die Mühe wird belohnt. Der WRX STI hat einen gehörigen Punch, stürmt in 5,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h und fährt mit maximal 255 km/h immerhin einen Ticken schneller als die meisten seiner damaligen Konkurrenten.

Schon gemessen ist die Geschwindigkeit imposant. Aber gefühlt ist sie noch viel höher, weil nicht nur der Motor, sondern das ganze Auto einen gehörigen Krawall macht. Das rasselnde Sägen des Motors, das Dröhnen der Karosserie, das Rauschen des Windes - bei Vollgas klingt der Subaru wie eine Saturn-Rakete vor dem Start.

Raus mit dem Popo - zum Vergnügen

Auf dem Mitteltunnel finden sich einige Knöpfe. «Driver’s Control Center Differential System» nennt Subaru die Schalterbatterie, mit der man nicht nur die Aggressivität des Motors, sondern auch die Differentialsperre und mit ihr die Kraftverteilung des serienmäßigen Allrads beeinflussen kann. Fuhr der WRX STI eben noch wie auf Schienen, wird das Heck dann ganz leicht, und man schaut plötzlich durch die Seitenfenster nach vorn. Vernünftig? Nein, vergnüglich.

Subaru nahm den WRX STI 2018 aus dem Rennen. Weil neue Emissionsvorgaben zu hohe Entwicklungsausgaben erfordert hätten, wurde der Verkauf in Europa eingestellt. In Japan und den USA gibt der Kompakte auch weiterhin den Muskelprotz mit bis zu 251 kW/341 PS.

Doch in Deutschland ist aus dem Impreza ein braver Biedermann geworden. Mit maximal 110 kW/150 PS und 192 km/h Spitze hat er kaum mehr das Zeug zum Aufreger. Und Riesenspoiler oder goldene Felgen gibt es auch nicht mehr. Trost: Gute gebrauchte WXX STI gibt es um 25 000 bis 30 000 Euro. Noch mehr Trost: Als Legende dreht er auf den Spielekonsolen weiter seine spektakuläre Runden.