Bamberger Finanzaffäre: Stadt von eigenem Gutachten belastet

01.07.2021 | Stand 02.07.2021, 20:20 Uhr

Nicolas Armer/dpa/Archivbild

Haben Mitarbeiter der Stadt Bamberg jahrelang zu viel Geld bekommen? Nachdem Aufsichtsbehörden der Verwaltung auf die Finger geklopft haben, lässt nun ausgerechnet ein von der Stadt selbst in Auftrag gegebenes Gutachten die Luft dünner werden.

In der Affäre um Sonderzahlungen im Bamberger Rathaus belastet ein Gutachten einer Anwaltskanzlei die Stadt weiter. In den meisten der untersuchten Fälle seien laut dem vorläufigen Bericht der Kanzlei Zahlungen an Beamte rechtswidrig gewesen, teilte die Stadt am Donnerstag mit. Nun sind Rückforderungen an die Beamten möglich, denen zu viel überwiesen wurde. Auch Schadensersatzansprüche gegen verantwortliche Mitarbeiter stehen im Raum.

Die Finanzaffäre treibt Bamberg schon länger um. Die Stadt soll von 2011 bis 2017 unzulässig Überstunden, Zeitzuschläge und Prämien ausgezahlt haben. Von rund einer halben Million Euro ist die Rede, tatsächlich könnte der Betrag noch höher liegen. Ins Rollen kam der Finanzskandal durch den Kommunalen Prüfungsverband. Anfang Juni bekräftigte die Regierung von Oberfranken als Rechtsaufsichtsbehörde die Vorwürfe: «Die Stadt Bamberg hat Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Überstundenpauschalen gewährt, obwohl eine Zeiterfassung nicht oder nur teilweise erfolgt ist.» Der Bamberger Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) räumte daraufhin ein, dass Fehler gemacht worden seien, «die sich nicht wiederholen dürfen».

Die Kanzlei sollte in dem Gutachten mögliche Rückforderungs- und Regressansprüche an Mitarbeiter prüfen und die Stadt bei möglichen Disziplinarverfahren gegen Mitarbeiter beraten. Am Donnerstag wurden erste Ergebnisse veröffentlicht, die endgültige Version wird in zwei bis drei Wochen erwartet. Die Stadt hatte das Gutachten selbst beauftragt - nun belastet es Verantwortliche in der Verwaltung selbst und unterstreicht die Vorwürfe von Kommunalem Prüfungsverband und Regierung: Konsequenzen in Form von Schadensersatzansprüchen könnte es der Kanzlei zufolge für Entscheider in der Verwaltung geben, wenn sie unangemessen hohe Vergütungen gewährten.

In einigen Fällen sei die Rechtfertigung für höhere Zahlungen zweifelhaft, urteilen die von der Stadt beauftragten Anwälte. Dies könne an mangelnder Dokumentation, aber auch an fehlenden Gründen für höhere Zahlungen liegen. Nun sollen Mitarbeiter angehört werden.

Außerdem sind bei den Beamten, die zu viel Geld bekamen, Rückforderungen möglich. Die überwiegende Zahl der untersuchten Fälle sei in Bezug auf pauschale Mehrarbeitsvergütung rechtswidrig. Das Bayerische Besoldungsgesetz kenne da auch keinen grundsätzlichen Verjährungszeitraum. Die konkrete Summe möglicher Rückforderungsansprüche war der Stadt zufolge zunächst unklar. In den nächsten Wochen sollen die Mitarbeiter dazu angehört werden.

Besser dürfte das Gutachten bei Angestellten der Stadt ankommen, die in der Zeit Überstundenpauschalen und Prämien erhielten: Sie müssen der beauftragten Kanzlei zufolge keine Rückforderungen fürchten, bei ihnen seien solche Leistungen auch übertariflich zulässig. Nur in einem Fall gebe es bei den Angestellten einen Rückforderungsanspruch - aufgrund eines gesonderten Rechtsverstoßes.

Der Bamberger Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (Grünes Bamberg) hatte den Kostenrahmen des Gutachtens gegenüber dem «Fränkischen Tag» mit 100.000 bis 200.000 Euro beziffert.

In der Affäre wird auch strafrechtlich ermittelt: Polizei und Staatsanwaltschaft durchsuchten am 20. Mai Räume des Bamberger Rathauses sowie Wohnungen und beschlagnahmten Dokumente. Ermittelt wird «gegen mehrere für die Stadt Bamberg verantwortlich handelnde Personen wegen Verdachts der Untreue», wie Staatsanwaltschaft Hof mitteilte. Die Ermittlungen dauern an.

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