Faktencheck

Werden Wespen im Spätsommer aggressiver?

05.08.2022 | Stand 01.09.2022, 11:32 Uhr

Wespe - Zum Wespen lieben Fruchtsaft und brauchen ihn für das Stillen ihres Energiebedarfs. - Foto: Julian Stratenschulte/dpa/dpa-tmn

Viele Menschen mögen Wespen nicht, aber in der meisten Zeit des Jahres geben sie uns wenig Grund zur Auseinandersetzung. Aber dann, plötzlich im Hochsommer, werden sie gefühlt zu Nervensägen. Warum?

Bemerken Sie gerade auch mehr Wespen, die etwas von Ihrem Eis, Ihrem Kuchen und Getränken abhaben wollen? Und bei Konfrontation stechen sie zu. Die Tiere tun das nicht, weil sie uns ärgern wollen. Ganz im Gegenteil: Sie fühlt sich oft von uns bedroht und sie wollen nur überleben.

Ein Überblick, warum Wespen jetzt so aggressiv wirken - und was wir tun können, um im friedlichen und schmerzfreien Einklang zu leben: 

Warum gibt es jetzt plötzlich mehr Wespen?

Erst mal ist es ganz einfach: Im Sommer hat das Nest seine volle Ausdehnung erreicht. Es gibt also jetzt mehr Tiere, die wir wahrnehmen. Außerdem verändert sich ihre Nahrungssuche.

Bis zum Spätsommer geht es im Nest vor allem um die Aufzucht von Nachwuchs, wofür die Tiere Eiweiß brauchen. Dann, wenn die Brut selbstständig ist, fliegen die Tiere aus, um sich selbst Futter zu suchen - und das ist vor allem Zucker. Also der Kuchen auf unserem Terrassentisch, das Eis in der Hand der Kinder und so weiter.

Sind Wespen aggressive Tiere?

Nein. Laut dem Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) sind sie außerhalb des Bereichs um ihr Nest herum nicht aggressiv. Und sie stechen auch nur, wenn sie sich angegriffen fühlen. Aber dieses Gefühl lösen wir Menschen ziemlich schnell bei den schwarz-gelben Insekten aus.

Etwa durch eine beliebte Abwehrmaßnahme, die aber genau das Gegenteil bewirkt: Es geht um das Anpusten der Tiere. Das Kohlendioxid in unserer Atemluft versetzt Wespen in Angriffsstimmung. Gleiches passiert, wenn wir nach ihnen schlagen oder sie in die Enge treiben - verständlich, versetzt man sich mal in die Lage der kleinen Tiere, die mit einem großen Menschen konfrontiert werden.

Übrigens: Menschlicher Angstschweiß kann laut Naturschutzbund Deutschland (Nabu) auch Angriffe der Tiere auslösen. Es ist natürlich leichter gesagt als getan, die eigene Angst zu unterdrücken. Aber vielleicht hilft es sich ja zu verdeutlichen, dass die Tiere auch eben Angst vor uns haben.

Das beste Verhalten ist also: Man sollte ruhig bleiben, wenn Wespen um einen schwirren. Sich nicht hektisch bewegen. Es hilft auch, zu schauen, wohin das Tier fliegen möchte. Der LBV rät, die Hauptflugrichtung nicht länger zu verstellen.

Und die Tierexperten haben noch einen Tipp, wenn die Anzahl der Wespen beim Grillabend oder Kuchen- und Eisessen überhand nimmt: Wasser mit einem Zerstäuber versprühen. Dann ziehen sich die Tiere in ihr Nest zurück, denn sie denken, es regnet. Das sollte man übrigens nur mit Flaschen tun, in denen wirklich keine Rückstände von Putzmitteln oder anderen reizenden Flüssigkeiten sind. Das könnte den Tieren sonst schaden.

Ich habe aber Angst vor den Tieren. Was kann ich tun, damit sie gar nicht auf mich zukommen?

Man bietet ihnen am besten nichts Verlockendes an. Also Saftgläser und Lebensmittel besser abdecken und nach dem Essen sofort wieder ins Haus räumen. Und Kindern nach dem Trinken und Essen direkt den Mund abwischen.

Auch raten die Experten vom LBV und Nabu, auf Parfüm zu verzichten, denn der Duft lockt auch Wespen an. Das gilt übrigens auch für Blumenmuster auf der Kleidung.

Wer Fallobst in seinem Garten hat, sollte dieses wegräumen. Hier kann man übrigens den Wespen auch was Gutes tun, ohne selbst zu leiden: Legt man Fallobst an einen gesonderten Platz, der wenig genutzt wird, können Wespen mit dem süßen Fruchtsaft ihren Energiebedarf decken und der Mensch muss nicht fürchten, in eine Wespe am Boden zu treten.

Diese Form von Ablenkfütterung kann auch bei launigen Runden im Garten mit leckeren Speisen helfen. Schülerinnen fanden in einem Experiment für «Jugend forscht» heraus, dass sich überreife Weintrauben dazu am besten eignen, berichtet der Nabu. Legt man die Früchte fünf bis zehn Meter entfernt ab, zieht es die Wespen dort eher hin als zum Esstisch oder Buffet.

Und natürlich: Lassen Sie die Nester der Wespen in Ruhe.

Ich möchte ihre Nestern nicht an meinem Haus haben. Was kann ich tun?

Wespen sind vom Bundesnaturschutzgesetz geschützt, manche Arten wie die Hornissen stehen sogar unter besonderem Schutz. Für alle gilt: Sie dürfen nicht mutwillig beunruhigt, gefangen, verletzt oder getötet werden und ihre Nester auch nicht einfach so entfernt werden. Wer ein Wespennest am Haus wegmachen lassen will, braucht eine Genehmigung. Zuständig sind meist die Naturschutzbehörden, manchmal aber auch das Landratsamt oder die Stadtverwaltung. Schädlingsberater helfen als Erstkontakt.

Es gibt aber eine gute Nachricht: Man kann auch einfach nur noch etwas länger warten. Bald verlässt das gesamte Volk nach und nach den Bau und fast alle Tiere sterben. Und laut dem Umweltbundesamt werden verlassene Nester nicht mehr besiedelt.

Die meisten Wespenarten sind schon ab Ende August wieder verschwunden, die Lebensmittelliebhaber unter den Wespen sieht man noch in den Herbst hinein.

Wie erkenne ich eine Wespe?

Wer sich unsicher ist, wen er da vor sich hat: Wespen erkennt man gut - und zwar an der bekannten Wespentaille. Es gibt eine Art Einschnitt zwischen dem mittleren Körperabschnitt und dem Hinterleib. Und dann ist da natürlich noch die typische schwarz-gelbe Färbung.

Es gibt acht Arten, die in Deutschland heimisch sind. Aber nur zwei werden wir an unserem Essen bemerken: Die Deutsche Wespe erkennt man an einer gelben Stelle mit drei schwarzen Punkten zwischen ihren Augen. Die Gemeine Wespe, auch als Gewöhnliche Wespe bezeichnet, hat einen ankerförmigen Fleck an dieser Stelle.

Eine Wespenart ist übrigens die Hornisse, bei der man aber entspannt bleiben kann. Sie gelten dem LBV zufolge als grundsätzlich friedfertige Tiere, die eher flüchten als uns anzugehen. Sie hat zusätzlich zum Streifenmuster in Gelb und Schwarz rötlich-braune Bereiche am Kopf und in der Körpermitte und ist deutlich größer als andere Wespen.

Zum Vergleich: Honigbienen haben zusätzlich zum Streifenkleid einen eher bräunlichen Hinterleib, sind rundlicher und stärker behaart. Und bei einem Stich verlieren sie ihren Stachel, Wespen nicht.

Hummeln gehören zu den Bienen, daher können Sie ebenfalls stechen. Die vergleichsweise dicken Brummer tragen noch mehr Fell als die anderen Bienen. Und sie wirken gemütlich, wenn sie durch die Gegend schwirren. Sie interessieren sich nicht für Lebensmittel, sondern suchen Nektar.

Schwebfliegen sind nur scheinbar Wespen - und komplett harmlos. Sie können nicht einmal stechen. Ihr schwarz-gelbes Kleid ist reine Tarnung. Die erwachsenen Tiere ernähren sich von Nektar und Pollen. Am ehesten erkennt man sie am Flug: Sie können wie Kolibris still in der Luft schweben und dann blitzartig vorwärts oder rückwärts lossausen. Und wer es schafft, sie im Stillstand von der Nähe zu betrachten, erkennt: Schwebfliegen haben wie die Fliegenarten nur zwei ausgereifte Flügel - Bienen und Wespen vier.

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