Schattenseiten des Haustier-Booms

Heinzelwinkl-Chefin: „Man braucht schon ein dickes Fell“

21.04.2021 | Stand 21.04.2021, 21:32 Uhr

Foto: Grießer

Viele Tierheime haben in der Corona-Pandemie mit Anfeindungen zu kämpfen. Auch in Heinzelwinkl bei Landshut kann man davon ein Lied singen ...

Von Dominic Casdorf

Landkreis Landshut. Die Corona-Krise hat einen Haustier-Boom ausgelöst. Gleichzeitig sind im zweiten Pandemie-Jahr die Nerven vieler Menschen zum Zerreißen gespannt – in Tierheimen kann man ein Lied davon singen. Der Deutsche Tierschutzbund schlägt jetzt Alarm: „Wenn Interessenten eine Absage erhalten oder eine Rückmeldung länger dauert, kommt es immer wieder zu Vorwürfen, Beleidigungen, Handgreiflichkeiten sowie Gewaltandrohungen.“

Alexandra Ziegler, Leiterin des Tierheims Heinzelwinkl bei Landshut, sagt zum Wochenblatt: „Man braucht schon ein dickes Fell.“ Ungeduld, Dünnhäutigkeit, leider auch aggressives Verhalten hätten zugenommen. Wenn es nicht schnell genug geht mit einer Vermittlung, dann kann die Stimmung schnell kippen. Die 43-Jährige, die den Laden mit vier weiteren Festangestellten schmeißt, muss wie ihre Kollegen nicht selten eine Engelsgeduld aufbringen, damit die Situation nicht eskaliert.

Im Mittelpunkt, hebt die Heinzelwinkl-Chefin hervor, stehe das Tierwohl. Um dies zu gewährleisten, hat man ein engmaschiges – und zeitintensives – Sicherheitsnetz geknüpft. Schriftliche Selbstauskunft, persönliche Gespräche, später sogar Nachkontrollen bei den neuen Besitzern gehören zur Tagesordnung. „Die Nachfrage nach Tieren ist gerade enorm und es freut uns, wenn Interessenten den Weg ins Tierheim suchen, anstatt auf dubiose Onlineanzeigen hereinzufallen. Egal, wie groß der Wunsch nach einem Haustier ist: Es sollte dabei klar sein, dass ein Tierheim kein Supermarkt ist, wo man Hund, Katze und Co. einfach mitnehmen kann“, erklärt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Von seiner Organisation heißt es: „Frustrierte Interessenten machen ihrem Unmut persönlich oder über soziale Medien Luft, auch zu Bestechungs- und Erpressungsversuchen ist es bereits gekommen. Wird das gewünschte Tier anderweitig in ein passendes Zuhause vermittelt, hagelt es schlechte Bewertungen und die Abgewiesenen drohen immer häufiger mit einem Anwalt, der Presse, körperlicher Gewalt und sogar mit Mord.“

In Heinzelwinkl, wo derzeit 16 Hunde, 75 Katzen sowie verschiedene Kleintiere untergebracht sind, ist man bislang vom Gröbsten verschont geblieben. Gleichwohl, so hat Ziegler registriert, seien die Menschen „angriffslustiger“, besonders dann, wenn sie „auf Biegen und Brechen ein Tier haben wollen.“

Trotz der Herausforderungen – das Tierheim im Landkreis Landshut ist bislang einigermaßen unbeschadet durch die dritte Corona-Welle gekommen. „Wir haben derzeit nicht mehr oder weniger Tiere als sonst“, so Ziegler. Auch die Nachfrage sei aktuell überschaubar. Doch die Pandemie macht den Protagonisten in Heinzelwinkl dennoch zu schaffen: Vor allem die Absage des „Tages der offenen Tür“ und des Weihnachtsmarktes schlagen ins Kontor, machen sich finanziell negativ bemerkbar.

Und deshalb ist jede Tiervermittlung wichtig.Natürlich in gute Hände. Auch wenn der Ton schon mal rauer wird ...

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