Haushalt

Scholz sieht Deutschland finanziell gewappnet

25.03.2021 | Stand 25.03.2021, 9:53 Uhr

Wolfgang Kumm/dpa

Wieder benutzt der Finanzminister den Spruch vom «Wumms», es geht um die Schlagkraft im Kampf gegen die Krise. Nach der Pandemie aber drohen gewaltige Haushaltslöcher.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht Deutschland finanziell gewappnet für den weiteren Kampf gegen die Corona-Krise.

«Wir nehmen die nötigen Mittel in die Hand, um die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen der Pandemie zu bewältigen», sagte Scholz bei der Vorlage der Eckwerte für den Bundeshaushalt 2022. Geplant sind neue Schulden in Milliardenhöhe. Dafür soll es erneut eine Ausnahme von der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse geben.

Die Hilfspolitik werde entschlossen fortgesetzt, sagte Scholz. Der Bund hatte milliardenschwere Hilfsprogramme beschlossen, um die Folgen der Pandemie für Jobs und Firmen abzufedern. Der Minister machte deutlich, Deutschland stehe finanziell gut da, um das Notwendige zu tun - auch im internationalen Vergleich. Sowohl die Kreditaufnahme als auch die Schuldenquote seien niedriger als erwartet. Die Schuldenquote werde geringer liegen als nach der Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren.

Ohne stabilisierende Maßnahmen der Bundesregierung wäre der wirtschaftliche Einbruch viel größer gewesen. «Wir haben schnell, kraftvoll und entschieden gehandelt», sagte Scholz. «Das ist der Wumms.» Damit knüpfte er an einen Spruch vom vergangenen Sommer an, als sich die schwarz-rote Koalition auf ein milliardenschweres Konjunkturpaket geeinigt hatte.

Nach einem Corona-bedingten Einbruch der Wirtschaftsleistung 2020 könnte sich in diesem Jahr die wirtschaftliche Erholung aber verzögern. Grund ist die anhaltende Corona-Krise. Der Bund hatte erst vor kurzem zusätzliche Hilfen für Unternehmen angekündigt, die besonders schwer und über eine sehr lange Zeit von Schließungen betroffen sind. Details stehen aber nicht fest.

In den Haushalts-Eckwerten plant Scholz eine Neuverschuldung von rund 81,5 Milliarden Euro für 2022. Im laufenden Jahr sollen rund 60,4 Milliarden Euro mehr Schulden gemacht werden als zunächst geplant. Dafür ist ein Nachtragshaushalt geplant. So sind angesichts von anhaltenden Schließungen etwa im Gastgewerbe zusätzliche Mittel für erweiterte Unternehmenshilfen im Umfang von 25,5 Milliarden Euro und damit insgesamt 65 Milliarden Euro geplant. Dazu kommen milliardenschwere Mehrausgaben für die Beschaffung von Impfstoffen.

Hintergrund für den Nachtragshaushalt sind auch milliardenschwere Steuermindereinnahmen. Die Neuverschuldung für 2021 steigt damit auf den Rekordwert von 240,2 Milliarden Euro.

Vorgesehen ist 2022 insgesamt ein Etat-Volumen von 419,8 Milliarden Euro - weniger als im laufenden Jahr, weil das Finanzministerium damit rechnet, dass nicht mehr so hohe Ausgaben für Corona-Hilfen nötig sind. Darin enthalten sind Investitionen von 50 Milliarden Euro.

Der Haushaltsentwurf, der nun aus den Eckwerten erstellt wird, soll im Sommer noch von der aktuellen Koalition verabschiedet werden. Endgültig beschlossen wird er dann aber vom im Herbst gewählten Bundestag.

Für die Zeit nach der Bundestagswahl deutet sich eine schwierige Haushaltslage an. Soll die Schuldenbremse wieder eingehalten werden, sind nur geringe Schulden von etwa 8 bis 11,5 Milliarden erlaubt. Dies gelingt nur, wenn zum einen die Sparbüchse im Etat aufgelöst wird, eine Rücklage mit angesparten 48,2 Milliarden. Zum anderen wird im Finanzministerium auf einen «Handlungsbedarf» verwiesen, das sind faktisch Haushaltslöcher von rund 20 Milliarden Euro.

Scholz hofft auf Wirtschaftswachstum und dadurch steigende Steuereinnahmen. Eine andere Option wären nach der Wahl Steuererhöhungen für Reiche. Der SPD-Kanzlerkandidat Scholz sprach sich erneut für ein «faires und gerechtes Steuersystem» aus. Die SPD fordert, dass Menschen mit sehr hohen Vermögen eine Vermögensteuer zahlen sollen.

Ein großes Problem könnte mittelfristig die Finanzierung der Sozialausgaben werden. Um wie von der Koalition zugesagt die Sozialbeiträge insgesamt unter 40 Prozent zu halten, sind zusätzliche Milliarden nötig.

Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes als Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen erklärte, mit Erstaunen und großer Besorgnis festzustellen, dass die Regierung in ihren Eckwerten für 2022 keine zusätzlichen Haushaltsmittel zur Stabilisierung der Beitragssätze zur Kranken- und Pflegeversicherung eingeplant habe. Damit werde ignoriert, dass allein die gesetzliche Krankenversicherung im kommenden Jahr einen zusätzlichen Finanzbedarf von etwa 16 bis 19 Milliarden Euro haben werde.

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