Verschwundene Kirchturmspitzen auf Google Earth sorgen für wilde Theorien in rechten Kreisen was wirklich dahinter steckt
PASSAU Wer dieser Tage mal auf Google Earth in 3D-Optik über die Stadt Passau blickt, der wird sich verwundert die Augen reiben: Auf allen Kirchen inklusive Stephans-Dom und Wallfahrtskirche Mariahilf, fehlen die Kreuze auf den Kirchturmspitzen bzw. Kuppeln. Hat Google das christliche Symbol einfach ausradiert? Rechte Kreise behaupten das aber die Erklärung ist eine ganz andere.
Entdeckt hat die abrasierten Kreuze ein Landshuter Stadtrat, der zusammen mit dem Stiftsprobst über Dokumentation des Landshuter Wahrzeichens der Welt höchsten Backsteinkirche St. Martin sprechen wollte und sich deshalb die 3D-Ansicht angeschaut hat. Und beide rieben sich die Augen: Auf dem Handy war zwar die Martinskirche in 3D-Optik wunderbar zu sehen. Allerdings fehlte die komplette Kirchturmspitze (das Wochenblatt berichtete exklusiv online am Freitag auf wochenblatt.de/468827). Das mächtige Kruzifix einfach weg. Und nicht nur auf St. Martin fehlten die Kreuze, auf allen Landshuter Kirchen waren sie verschwunden. Ebenso auf dem Dom in Freising, in Erding, in Salzburg, in Regensburg und natürlich auch in Passau nirgendwo ein Kruzifix, wo eines sein sollte. Doch was noch am Freitag von einer Nachrichtenseite als Entchristianisierung aus Rücksicht auf muslimische Benutzer des Internets durch Google bezeichnet wurde und in rechten Kreisen als Verschwörungstheorie durchs Netz geisterte, hat einen ganz einfachen Hintergrund, wie Google-Pressesprecher Robert Lehmann der PaWo erklärte.
Google entfernt keine Kreuze, so Lehmann. Ihm sei natürlich bewusst, dass das nach der Sache mit dem Lebensmitteldiscounter eine gute Schlagzeile wäre, wenn auch Google Kruzifixe löschen würde. Nur: Google entfernt keine Kreuze. Tatsächlich handle es sich um einen Bildverarbeitungsfehler. Wir arbeiten derzeit daran, das Problem zu beheben. Demnach seien die Kreuze beim sogenannten Rendern der Bilder verschwunden.
Google: Fehler in der Bildbearbeitung
Die Erklärung ist durchaus plausibel: Tatsächlich sind nicht von allen Kirchen die Kreuze verschwunden. Auf dem Berliner Dom ist es zum Beispiel noch gut zu sehen, ebenso auf der St. Katharinen-Kirche in Hamburg. Andererseits sind von dem Darstellungsproblem nicht nur christliche Kirchen betroffen, sondern auch jüdische und muslimische Gotteshäuser wie die Sehitlik-Moschee in Berlin. Dort fehlt der Halmond.
Für rechte Blogger aber auch dem besagten Nachrichtenseitenbetreiber aus Oberbayern mit seiner Entchristianisierungs-Theorie war die Sache freilich klar. Der PaWo erklärte der Seitenbetreiber, dass er seine Informationen aus einer glaubwürdigen Quelle habe. Er habe eine E-Mail bekommen. Außerdem würden bei einem schlechten Rendern Klumpen im Bild übrig bleiben. Das habe ihm ein Informatiker erklärt.
Genau diesen Effekt kann man beobachten. Zum Beispiel beim Petersdom in Rom. Dort sind diese Klumpen und Teile des angeblich entfernten Kreuzes ganz deutlich zu sehen. Und auch die Spitze der Passauer St. Gertrauds-Kirche in der Innstadt sieht aus, als wäre sie von einem Hammer getroffen worden. Das alles spricht eindeutig gegen die Entchristianisierungs-Theorie. Doch das passt nicht ins Weltbild mancher Zeitgenossen. Dafür passt aber etwas anderes ins Bild: Dass auf besagter Nachrichtenseite eine große Banner-Werbung der AfD prangt
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