Landshut

Schnell und sicher vor Ort sein: Training für die Rettungskräfte

27.11.2021 | Stand 27.11.2021, 12:12 Uhr

Rasant ist relativ, wenn man auf nasser Fahrbahn ausweichen muss. Die Malteser bringen auf dem ADAC Trainingsgelände in Landshut die Fahrzeuge an ihre Grenzen. −Fotos: V. Bayer

Von Veronika Bayer

Kürzlich fand auf dem ADAC-Übungsplatz Ellermühle ein Fahrsicherheitstraining für die Rettungskräfte der Malteser statt. An vier Tagen hatten die Wachen Niederaichbach, Bayerbach, Velden und Straubing erstmalig ein solches spezielles Training gebucht.

Der Rettungswagen biegt um die Kurve – 30, 45, 50 und die Tachonadel steigt auf der Geraden weiter. Auf bis zu 70 Stundenkilometer beschleunigt der Wagen, während er auf die spiegelnde Fläche zurast: Wasser, das Regenfontänen auf die Fahrbahn sprühen. Als Beifahrer spürt man den Druck der Beschleunigung, während man weiß, was jeden Moment geschehen wird: Ein Gestell wird aus dem Boden schießen. Es soll ein plötzliches Hindernis darstellen, dem der Fahrer auf der nassen Bahn dann ausweichen muss...

Dominik Reichmann, Leiter Rettungsdienst für den Bereich Landshut und einer der Organisatoren des Trainings, ist vor Ort. Er sagt, dass das ADAC-Ganztagstraining nächstes Jahr wieder stattfinden soll. „Wir hatten schon Übungen, aber bisher intern. So, in dieser Form, hat es das noch nicht gegeben. Die beste Fortbildung des Jahres sei das, sagen die Mitarbeiter. Mir ist das wichtigste, dass meine Kollegen das gut mitnehmen und in echt gut umsetzen können“, so Reichmann.

Für Rettungsdienste gibt es sogenannte Hilfsfristen. In Bayern gilt, dass Notfälle spätestens zwölf Minuten nach dem Ausrücken erreicht werden sollen, so die Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes.

Zu einem Einsatz heißt es trotzdem „nicht durch die Stadt heizen“, sondern „angemessen fahren“, betont der Leiter Rettungsdienst. Während des Trainings sollen zum einen Ängste genommen, aber auch die Fahrer für die auf den Wagen wirkenden G-Kräfte sensibilisiert werden und Grenzen ausloten können.

Auch Rangieren gehört zu den Übungen

Der Wagen ist groß, schwer, hat tote Winkel und reagiert durch den voluminösen Aufbau anders. Auch Rangieren gehört zu den Übungen, erklärt Thomas Reinhold. Seit 20 Jahren ist der ehemalige Rallyefahrer beim ADAC Fahrsicherheitstrainer. Auf dem Übungsplatz beim Blaulichttraining werden mögliche Einsatzsituationen durchgespielt, um dann daraus Notmanöver abzuleiten, erklärt er.

In praktischen Übungen kann jeder Fahrer testen: Etwa, wie man bei glatter, nasser Fahrbahn bremst und ausweicht. „Spaß“ mache das, sagen die Retter. Mancher spricht von „ganz großem Aha-Effekt“ und davon, dass ein solches Training „für jeden zu wünschen“ sei.

Im Ernstfall haben die Helfer nicht nur mit G-Kräften zu ringen und gegen die Zeit zu kämpfen. „Fast bei jedem zweiten Einsatz kommt es vor, dass Autofahrer sich falsch verhalten“, resümiert Teilnehmer Arthur Froch, hauptamtlich im Rettungsdienst, aus seinen elf Jahren Erfahrung. Am gefährlichsten, sagt er, seien weder Stadt noch Autobahn, sondern Bundesstraßen. Ein frontaler Aufprall mit überholendem Gegenverkehr bei Tempo 120 bedeutet Lebensgefahr. Auf die Frage, wie gut Deutschland Auto fahre, will der Trainer keine direkte Antwort geben. Aber er sagt: „95 Prozent glauben, sie sind gute Autofahrer – und halten die anderen 95 Prozent für schlechte.“ Wie man sich richtig verhält, wenn einem Blaulicht auffällt, weiß Teilnehmerin Eva-Maria Brunnhuber: „Blinker oder Warnblinklicht anschalten und langsam rechts ran fahren, keinesfalls vor uns einfach abrupt abbremsen! Zur Not beobachten.“ Sie fährt seit 16 Jahren Rettungsdienst und sagt: „Wir fahren langsam in Kreuzungen rein, denn bei Unfällen trifft uns immer eine Teilschuld.“

Zu wie vielen Unfällen bei Rettungsfahrten kommt es eigentlich? Von den Maltesern heißt es, im Raum Landshut komme es bei ihnen etwa zu einem schweren Unfall pro Jahr, Bagatellschäden ausgenommen.

Bei dem anfangs geschilderten Manöver jedenfalls geht alles gut: Mitten aus der Fahrbahn schießt das Drucklufthindernis und der Fahrer reagiert, weicht aus – geschafft. Über Funk hört er den Kommentar des Trainers. Weiterfahren, der Nächste!

URL: https://www.wochenblatt.de/lokales/landkreis-landshut/schnell-und-sicher-vor-ort-sein-training-fuer-die-rettungskraefte-1121200
© 2024 Wochenblatt.de