1,80 Meter hoch

„Berliner Mauer“: Ärger über Wand für Lärmschutz in Aham

17.10.2021 | Stand 17.10.2021, 6:32 Uhr

Vom Küchenfenster aus blickt die Familie Steindl bald auf eine Lärmschutzwand statt auf Wiesen und Bäume. −Foto: privat

Wenn ein neues Baugebiet entsteht, sind die umliegenden Anwohner meist nicht sonderlich begeistert. Die Umgebung, in der sie jahrzehntelang gelebt haben, verändert sich. So geht es auch Eleonore und Karl Steindl aus Aham (Landkreis Landshut).

Bislang hatten sie vom Küchenfenster aus den Blick auf eine Wiese und Bäume. Nun hat die Gemeinde begonnen, gegenüber ein neues Baugebiet zu erschließen. Die fünf Häuser wären nicht das Problem, dafür aber die 1,80 Meter hohe Lärmschutzmauer, die wegen der angrenzenden Vilstalstraße nur wenige Meter entfernt aufgestellt wird. Die, so befürchtet Eleonore Steindl, wird eine Art neue „Berliner Mauer“.

Am liebsten wäre es den Steindls, wenn die Lärmschutzmauer überhaupt nicht hinkäme. Das ist aber nicht möglich, wie auch Thomas Zehentbauer vom zuständigen Bauamt der Verwaltungsgemeinschaft Gerzen auf Nachfrage des Wochenblatts bestätigt. Für den Bebauungsplan habe das Landratsamt ein schalltechnisches Gutachten angefordert. „Der Gutachter ist zu dem Schluss gekommen, dass unbedingt etwas für den Lärmschutz eingeplant werden muss“, erklärt er. Als beste Lösung sei eine 1,80 Meter hohe Mauer mit Betonkern erarbeitet worden, um die vorgegebenen Werte von 55 Dezibel am Tag und 45 bei Nacht einzuhalten. Außen werde die Betonmauer mit Holzbrettern verschalt, sagt Thomas Zehentbauer. Genau das stößt Eleonore Steindl besondern sauer auf. „Man könnte das zumindest schöner gestalten, etwa mit einer Bepflanzung“, findet die Ahamerin.

In Gemeinderatssitzung nicht zu Wort gekommen

Diese Option schließt die Gemeinde aus: „Das würde regelmäßige Pflege bedeuten“, ist Thomas Zehentbauer bewusst. „Neben dem Aufwand müssten wir dann immer die Eigentümer der Grundstücke bitten, uns auf ihren Grund zu lassen, weil die Mauer mit der Rückseite direkt an die Privatgrundstücke angrenzt.“Karl Steindl moniert indessen, dass er, als das Baugebiet und der dortige Lärmschutz in einer Gemeinderatssitzung Thema waren, nicht zu Wort kommen durfte. Thomas Zehentbauer, der in der Sitzung ebenfalls anwesend war, erklärt, warum: „Das ist die Regel, dass in solchen Sitzungen nur das Gremium spricht. Später kommt der Punkt Wünsche und Anträge, dann haben auch Zuhörer die Möglichkeit, etwas zu sagen. Da kam dann aber nichts dazu.“

Zehentbauer betont aber, dass die Anwohner auch im Vorfeld die Möglichkeit hatten, sich an dem Vorhaben zu beteiligen. Neben der öffentlichen Auslegung sei frühzeitig informiert worden. Bei der Gelegenheit habe sich auch ein anderes Ehepaar über die Lärmschutzmauer beschwert. Hier habe es ein Gespräch und eine schriftliche Stellungnahme durch Bürgermeister Jens Herrnreiter gegeben. „Es konnte leider keine Einigung erzielt werden, aber da war der Grundwunsch auch, dass die Mauer nicht gebaut wird“, erzählt Thomas Zehentbauer. „Und wir müssen uns aber an die heutigen Bestimmungen halten.“ Bei der Familie Steindl befürchtet man, dass die neue Mauer den Straßenlärm genau in ihre Richtung zurückwirft. Die Bestandshäuser hätten aber kein Recht auf einen gemeindlichen Lärmschutz, erklärt Thomas Zehentbauer. „Damals galten die neuen Richtlinien noch nicht.“ Eins ist auf jeden Fall sicher: Die Lärmschutzmauer wird teuer.

„So teuer, dass wir damals schon am Überlegen waren, ob das Baugebiet überhaupt umgesetzt wird“, sagt Thomas Zehentbauer. Weil man aber seit sieben Jahren in Aham kein neues mehr geschaffen hat, habe man sich doch dazu entschlossen. Das bedeute aber auch eins: „Die Kosten werden sich im Verkaufspreis niederschlagen.“

− cor

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