Neuer Gerätewagen verjüngt Fuhrpark
Ein Glückstag für das THW Bogen

07.01.2020 | Stand 04.08.2023, 2:53 Uhr
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Normalerweise gilt der Freitag der 13. als Unglückstag – doch für das Technische Hilfswerk (THW) Bogen erwies sich der 13. Dezember 2019 als absolutes Gegenteil. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer durften den neuen Gerätekraftwagen (GKW) der Freytag Karosseriebau GmbH & Co. KG in Elze/Niedersachsen in Empfang nehmen.

BOGEN Bereits einen Tag zuvor reisten die drei Bogener Helfer Florian Feicht, Florian Pilhartz und Stefan Kötterl sowie der Vertreter der Regionalstelle Straubing, Christoph Brahms, in die kleine Stadt Elze im Landkreis Hildesheim, Niedersachsen. Dort durften sie zusammen mit weiteren neun Ortsverbänden (OVs) je einen nigelnagelneuen GKW übernehmen. Nach einer theoretischen und intensiven praktischen Einweisung auf das Fahrzeug traten die Bogener THWler dann stolz den knapp 580 km langen Rückweg in die Rautenstadt an.

Bei dem Gerätekraftwagen handelt es sich um die bereits zehnte Serie dieser Fahrzeuge für die Bundesanstalt THW. Dabei ist der Gerätekoffer der Firma Freytag mit einem Fahrgestell von MAN kombiniert.

Der Münchner Nutzfahrzeughersteller setzt hier auf eine zwillingsbereifte Hinterachse, zuschaltbare Differentialsperren in Längs- und Querrichtung sowie ein automatisiertes Schaltgetriebe. Dieses wurde von der Firma ZF Friedrichshafen gefertigt und ist mit einer leistungsorientierten Schaltlogik für Einsatzfahrzeuge („Emergency“) programmiert. Dadurch werden die Gänge weiter ausgedreht und die Schaltzeiten verkürzt – das Fahrzeug kann schneller beschleunigt werden. Allerdings wird die Höchstgeschwindigkeit durch den Einsatz eines Begrenzers auf Wunsch der Bundesanstalt auf 90 km/h beschränkt, um den GKW den zivilen Lastkraftwagen gleichzusetzen und somit Unfälle durch zu hohe Geschwindigkeiten vorzubeugen. Der wassergekühlte Sechszylinder-Dieselmotor ist mit seinen 213 kW (290 PS) und 1.150 Nm aus 6.871 ccm auf kraftvolles Beschleunigen ausgelegt. Hierfür wurde die Drehmomentbegrenzung im oberen Drehzahlbereich deaktiviert.

Trommelbremsen an beiden Achsen sowie eine verschleißfreie Dauerbremsanlage („Retarder“) bringen das Fahrzeug sicher zum Stehen. Insbesondere bei Ausnutzung der vollen Anhängelast von 24 Tonnen macht sich dieses in Fahrzeugen des THW noch junge Ausstattungsmerkmal besonders bezahlt. Durch die über den Gerätekoffer hinausragende starre Anhängekupplung lassen sich Beschädigungen beim Wenden oder Abbiegen bei Anhängerbetrieb vermeiden.

Alle neun Einsatzkräfte der Bergungsgruppe finden in der von MAN entwickelten Kabine einen sicheren Sitzplatz. Sie ist somit zusammen mit dem Fahrgestell aus einem Guss und bietet der Mannschaft Bewegungsfreiheit und Stauraum für die Persönliche Schutzausrüstung (PSA). Vorteilhaft sind die großen Trittstufen sowie die gelben Griffstangen, die größere Sicherheit beim Ein- und Aussteigen sowie eine bessere Sichtbarkeit bei schlechten Lichtverhältnissen gewährleisten. Die Ausleuchtung der Kabine ist durch blendfreie rote LED-Leisten ergänzt, welche es den Augen ermöglicht, sich schneller an die Dunkelheit bei Nachteinsätzen zu gewöhnen.

Durch die logisch und griffgünstig angeordneten Bedienelemente am Fahrerplatz lässt sich das Fahrzeug ähnlich wie der bereits im OV Bogen vorhandenen Mehrzweckkraftwagen (MzKW) bewegen. Als innovative Detaillösung fungiert die zentrale Bedienkonsole mit beleuchteten Druckschaltern. Mit dieser lassen sich Umfeldbeleuchtung, Rangierscheinwerfer, Sondersignalanlage sowie die Überwachung aller Türen, Rollläden und der Aufstiegsleiter visuell abbilden. Zusätzlich sind im Cockpit das Display für die Rückfahrkamera sowie das kabelgebundene Steuerelement für die im Zwischenrahmen verbaute Seilwinde der Firma HPC Neusäß/Augsburg montiert. Diese vom Fahrzeugnebenabtrieb mit Leistung versorgte Trommelwinde ist mit einer nutzbaren Seillänge von 46 Metern und einer Zugkraft von 50 kN (rund fünf Tonnen) auf der untersten Seillage ausgestattet. Sie kann nach vorne in der vollen Seillänge genutzt werden, nach hinten entwickelt sie über eine Umlenkrolle bei dann 23 Metern Nutzlänge bis zu 100 kN (ca. 10 Tonnen) Zugkraft.

Der Kofferaufbau der Firma Freytag ist mittels selbstentwickelter Federbolzen am Zwischenrahmen befestigt, was eine Entkopplung des starren Gerätekoffers und des verwindungsweichen Fahrzeugrahmens bewirkt. An den Seiten des Aufbaues befinden sich je drei Rollläden, der hintere Geräteraum wird mit einer Heckklappe verschlossen. Erstmals werden die seitlichen Rollläden nicht mit Druckknopfverschlüssen verriegelt – querverlaufende Griffstangen übernehmen nun diese Funktion.

Der Gerätekoffer ist innen flexibel aufgebaut. Viele der aus Aluminium gefertigten Schubladen sind entnehmbar und können zum Transport außerhalb des Fahrzeuges auf einen einfachen und geländegängigen Wagen aufgesetzt werden. Durch die großen Räder ist dies auch abseits befestigter Wege gut zu bewerkstelligen. Die Gerätefächer können den jeweiligen Einsatzmitteln angepasst werden. Rechts hinten an der Beifahrerseite befindet sich außerdem ein Wechseltresor, also ein mit entnehmbaren Metallkoffern und Schüben ausgestattetes Regal zum Ausschwenken. Die Halterungen der Geräte sind einheitlich konstruiert. Sie sind mit Klettband und Zurrgurten versehen, die auch einhändig oder mit Schutzhandschuhen gehandhabt werden können. Lichtleisten in den Gerätefächern ermöglichen auch nachts sicheres Entnehmen oder Einräumen der Gerätschaften.

Zusätzlich unterstützt dies eine umlaufende LED-Lichtleiste am oberen Kofferrand, welche blendarm und dennoch lichtstark ist. In ihr ist eine Regenrinne integriert, die das Wasser davon abhält, in die Staufächer einzudringen. Am Heck sind weiterhin zwei einstellbare separat aus- und einzuschaltende Arbeitsscheinwerfer sowie eine Heckwarnanlage angebracht.

Der Zugang zum Dach des Gerätekoffers wird über eine ausklapp- und ausziehbare Leiter am Heck des Fahrzeuges sichergestellt. Dort befindet sich eine Arbeitsflächenbeleuchtung und der manuell ausfahrbare Lichtmast mit zwei Scheinwerfern (24 Volt LED). Das Dach bietet weiterhin Stauraum für Baustützen und weiteres Langmaterial und ist mit einer rutschhemmenden Oberfläche sowie einer Entnahmehilfe in Form einer kantenschonenden Rolle versehen.

Selbstverständlich ist der GKW mit einer Sondersignalanlage ausgestattet. Sie beinhaltet zwei Frontblitzer, einen flachen Blaulichtbalken auf dem Fahrerhaus sowie eine Blitzkennleuchte am Heck. An der Front montierte elektrische Starktonhörner sorgen für das akustische Signal im Straßenverkehr.

Mit seinen 8,10 Metern Länge, einer Breite von 2,55 Metern und der Höhe von 3,28 Metern sowie 9,8 Tonnen Leergewicht ist das Fahrzeug somit ein durchdachter und den Anforderungen entsprechender Neuzugang für den OV Bogen. Nicht leicht fällt dabei allerdings der Abschied vom treuen Vorgänger, einem 29 Jahre alten Iveco mit luftgekühltem Achtzylindermotor. Durch seine Zuverlässigkeit in zahllosen Einsätzen und der auch für die damalige Zeit bereits hohe Leistungsfähigkeit war dieses Fahrzeug bei den Helferinnen und Helfern des Bogener OVs besonders beliebt. In Anbetracht der Tatsache, dass der Neuzugang aber sämtliche Vorzüge aus 30 Jahren Fahrzeugentwicklung in sich vereint, kann die aufkommende Wehmut allerdings doch etwas gelindert werden.

Um zur Jahresabschlussfeier am 14. Dezember 2019 die Überraschung perfekt zu machen, verpflichtete Zugführer Florian Feicht die Mitwissenden zur Geheimhaltung. Und die Sensation gelang: Die Freude und Euphorie über den Neuzugang war sämtlichen Anwesenden der Weihnachtsfeier deutlich in den Augen abzulesen, als der Gruppenführer Florian Pilhartz voller Stolz mit dem jüngsten Fuhrparkmitglied des OVs vorfuhr. Somit hat sich der „Freytag“ der 13. im Dezember 2019 als besonderer Glückstag für den Ortsverband Bogen erwiesen.

Straubing-Bogen