54-Jähriger vor Gericht
„Diese Eifersucht und die Kontrollsucht waren irre“ – weitere Zeugen im Prozess wegen Totschlags an der Ex

04.11.2020 | Stand 13.09.2023, 6:53 Uhr
−Foto: n/a

Derzeit steht ein 54-Jähriger wegen Totschlags vor dem Landgericht Regensburg. Ihm wird vorgeworfen, seine ehemalige Lebensgefährtin genötigt und getötet zu haben. Der Prozess wurde am Mittwoch, 4. November, mit der Zeugenbefragung anderer ehemaliger Partnerinnen des Angeklagten fortgesetzt. Auch sein Sohn sagte am Mittwoch aus.

Regensburg. Die erste Zeugin schilderte, wie sie den Angeklagten beim Weggehen kennengelernt und schließlich eine Affäre mit ihm begonnen hatte. Der Angeklagte sei ein „sehr charmanter Mann“, ja „ein Traummann“ gewesen. Das Verhältnis sei so lange relativ gut gelaufen, bis der heute 54-Jährige immer eifersüchtiger geworden sei und sie verfolgt und kontrolliert habe. Die Zeugin habe sich bedroht und unwohl gefühlt: „Er hat so eine Macht über mich gehabt“, schilderte sie vor Gericht. Eine gewisse Grenze habe das Ganze erreicht, als der Angeklagte in ihre Garage eingebrochen sei und sich unter den Autos versteckt habe. Vor der Polizei habe er dies geleugnet, doch die Zeugin habe daraufhin ein Kontaktverbot erwirkt. Trotzdem habe der Kontrollwahn nicht aufgehört, so die Zeugin. „Ich bin durch die Hölle gegangen“, sagte sie vor Gericht. Sie habe sich nie getraut, die Beziehung zu beenden, aus Angst, was der Angeklagte dann machen würde.

Die zweite Zeugin lernte den Angeklagten über dessen Schwester kennen und beschrieb ihn vor Gericht ebenfalls als „charmanten und höflichen Menschen“. Während am Anfang alles gut gelaufen sei, habe der Angeklagte auch bei ihr irgendwann angefangen, ihr Handy zu kontrollieren, ihr nachzuspionieren und auf ihrer Arbeit anzurufen. Sie habe sich eingeengt gefühlt und die Beziehung beenden wollen, aber „hatte schon das Gefühl, dass ich den nicht los werde“, so die Zeugenaussage. „Diese Eifersucht und die Kontrollsucht waren irre“, schilderte sie. Schließlich habe sie Schluss gemacht, was der Angeklagte allerdings nicht habe wahrhaben wollen. Sie habe die Schlösser ihres Hauses ausgetauscht, doch der Angeklagte sei trotzdem vor ihrer Tür gestanden. Sie habe ihn dann angezeigt und von der Polizei erfahren, „dass er kein Unbekannter ist“, was für sie ein Schock gewesen sei. Auch diese Zeugin hat ein Kontaktverbot erwirkt und berichtete vor Gericht: „Es war der reinste Psychothriller.“

Nach den Zeuginnen sagte am Mittwoch auch noch der Sohn des Angeklagten aus. Er erzählte vor Gericht, dass sein Vater, dessen Mutter Prostituierte gewesen sei, im Kinderheim aufgewachsen sei. Seine eigene Kindheit habe der heute 26-Jährige als sehr glücklich in Erinnerung, bis zu dem Zeitpunkt, als es seine Mutter psychisch erkrankte. Nach der Trennung seiner Eltern habe er zunächst bei Bekannten und dann bei seinem Vater gewohnt. Die Beziehung zwischen Vater und Sohn sei „sehr harmonisch“ gewesen. Die Eifersucht seines Vaters in dessen Beziehungen sei dem Zeugen bewusst gewesen, der Vater habe diese aber nie versucht zu rechtfertigen. Von der Beziehung zur Geschädigten habe der Zeuge erst spät erfahren, die Geschädigte habe keinen Kontakt zu ihm gewollt, so der Eindruck des Zeugen. Er habe sie kein einziges Mal persönlich gesehen. Sein Vater habe Schulden, die auch immer Thema gewesen seien und mit denen er laut Aussage des Sohns überfordert gewesen sei.

Am 4. Dezember 2019 habe der Zeuge von den Verletzungen seines Vaters erfahren und sei sofort zum Fundort und von dort ins Klinikum. Dort habe er aber nur „ein paar lose Brocken“ mit seinem durch die Verletzungen geschwächten Vater reden können. Dieser habe ihm aber erzählt, soweit verständlich, dass er bei seiner Freundin gewesen sei, viel Whiskey getrunken und mit ihr Geschlechtsverkehr gehabt habe. Da es den Zeugen sehr erstaunte, dass sich sein Vater selbst verletzt habe, habe er dem Polizisten gesagt, dass man vielleicht bei der Frau nachfragen sollte, was geschehen sei. Noch am selben Tag entdeckte die Polizei die Leiche der Geschädigten in deren Wohnung. Der Prozess wird voraussichtlich am Dienstag, 17. November, fortgesetzt.

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